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Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ich gar nicht mehr ganz Herr meiner eigenen Entscheidungen, sondern als sorge etwas dafür, dass ich immer genau das Falsche tat.
    Der Gedanke führte in einen Kreis, aus dem es kein Entrinnen gab. Wenn es ein fremder Einfluss war, dem ich erlag, dann war vielleicht mein Entschluss, wider besseres Wissen hierzubleiben, ein neuer Fehler. Aber ebenso gut konnte es auch genau andersherum sein: nämlich, dass ich genau dies denken und doch abreisen sollte und damit tat, was meine Feinde von mir erwarteten.
     
    Das Unwetter, von dem Hennessey gesprochen hatte, schien tatsächlich heraufzuziehen. Im Verlauf der nächsten beiden Stunden begann das strahlende Azur des Himmels allmählich zu einem schmutzigen Grau zu verblassen und es wurde merklich kälter. Zwar zeigten sich am Himmel noch immer keine Wolken, doch von Norden her begann ein böiger Wind über die Küste zu wehen, der einen intensiven Salzwassergeruch mit sich brachte; und noch etwas: ein unangenehmes, moderiges Aroma wie von Fäulnis und Krankheit, das selbst hier drinnen deutlich zu verspüren war.
    Cohen war fast eine Stunde in seinem Zimmer geblieben und unverändert schlechter Laune, als er schließlich wieder herunterkam und sich zu mir setzte, nachdem er bei Cordwailer ein Bier bestellt hatte. Ich trank mittlerweile mein drittes Glas, ohne allerdings außer einem unangenehmen Nachgeschmack auch nur die allergeringste Wirkung zu verspüren. Das lakritzenschwarze Zeug, das die Briten aus unerfindlichen Gründen Bier nennen, war mir schon immer zuwider gewesen, aber diese Brühe hier schoss den Vogel ab. Der einzige Grund, aus dem ich es überhaupt trank, war, dass es in Cordwailers »Hotel« nichts anderes zu trinken gab; außer dem lauwarmen Wasser mit Milch und Zucker, von dem er behauptete, es wäre Tee.
    Wilbur Cohens Meinung über das örtliche Ale schien sich ausnahmsweise einmal mit meiner zu decken. Er nippte nur kurz daran, verzog das Gesicht und würgte den Schluck dann mit sichtbarer Überwindung herunter, während er Cordwailer einen vernichtenden Blick zuwarf – den dieser allerdings gar nicht zur Kenntnis nahm.
    »Pfui Teufel«, sagte er. »Das Zeug schmeckt, als hätte er hineingep …«
    »Vielleicht hat er«, sagte ich, als Cohen nicht weitersprach.
    Cohen durchbohrte mich mit Blicken, verzog das Gesicht noch mehr und schob das Glas mit spitzen Fingern ein Stück weit von sich fort. Nachdenklich betrachtete er es eine Weile, dann sagte er: »Es schmeckt … alt. Merken Sie das nicht?«
    »Ich verstehe nichts von Bier«, antwortete ich.
    »Das Zeug schmeckt, als hätte er irgendwo ein zwanzig Jahre altes Fass aufgetrieben«, beharrte er. »Aber irgendwie passt es zu dieser Stadt.«
    Ich sah erstaunt auf. Seit Cohen heruntergekommen war, hatten wir sehr wenig und dann auch nur über Belanglosigkeiten gesprochen, aber es war natürlich nur eine Frage der Zeit gewesen, wann einer von uns wieder mit dem eigentlichen Thema anfangen würde. Wie es aussah, hatte ich wohl die besseren Nerven.
    »Sie wollen doch nicht etwa zugeben, dass mit dieser Stadt etwas nicht stimmt, Inspektor?«, fragte ich spöttisch.
    »Das habe ich nie bestritten«, antwortete Cohen. Er schüttelte den Kopf, als er meinen ungläubigen Blick bemerkte. »Wissen Sie, was Ihr Problem ist, Robert? Sie hören nicht zu. Ich bin weder blind noch dumm. Dass mit dieser Stadt etwas nicht stimmt, habe ich schon nach zehn Minuten gemerkt.«
    »Und wieso streiten wir uns dann ununterbrochen, statt gemeinsam herauszufinden, was es ist?«
    »Das frage ich Sie«, knurrte Cohen. Er griff nach seinem Glas, setzte es an und dann mit einer Grimasse wieder ab, ohne getrunken zu haben. »Wir wären vielleicht schon ein Stück weiter, wenn Sie mir helfen würden, statt Gespenster zu jagen.«
    »Mit einem dieser Gespenster haben wir vor einer Weile gesprochen«, murmelte ich. Ich sah Cohen dabei nicht an, sondern blickte aus dem Fenster und hoffte, dass er begriff, dass ich darauf gar keine Antwort haben wollte. Ich hatte weiß Gott keine Lust, den Streit von vorhin fortzusetzen. Allerdings sah ich nicht sehr lange hinaus; schon aus dem Grund, dass es auf der anderen Seite des Fensters praktisch nichts mehr zu sehen gab. Das Unwetter warf seine Schatten voraus, und das im buchstäblichen Sinne des Wortes. Draußen erlosch der Tag um Stunden zu früh.
    »Sie packen die Sache falsch an, Craven«, sagte Cohen.
    »Und wie sollte ich sie anpacken, Ihrer Meinung nach?«, erkundigte ich mich.
    Cohen

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