Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
ich meine Frage, nun an ihn gewandt. »Wenn sie es mir nicht sagen darf, dann können Sie es ja wohl tun, Doktor -?«
    »Viktor«, antwortete der Doktor. »Für meine Freunde bin ich einfach nur Viktor.«
    »Sind wir das denn?«, fragte ich. »Freunde?«
    Viktor kam näher, maß mich mit einem sehr sonderbaren, nicht besonders angenehmen Blick und setzte sich dann neben das Bett. »Ich denke schon«, sagte er schließlich. »Oder formulieren wir es anders: Ich kenne Sie jetzt so lange, dass Sie mir manchmal vorkommen, als wären Sie mein Sohn.« Er lächelte und der Blick, mit dem er mich diesmal musterte, ließ mich schaudern. »Irgendwie stimmt das ja auch«, sagte er.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte ich.
    »Nun, in gewissem Sinne sind Sie mein Geschöpf«, sagte er.
    Allmählich begann ich etwas wie Zorn zu fühlen. »Sprechen Sie nicht in Rätseln, Viktor«, sagte ich. »Was ist mit mir passiert? Wie lange bin ich hier und was haben Sie mit mir getan?«
    »Das sind drei Fragen, die jede für sich beantwortet werden müssen«, antwortete Viktor und irgendwie spürte ich, dass er das nicht nur sagte um Zeit zu gewinnen, sondern einfach, weil das die Wahrheit war. »Jede dieser drei Geschichten ist ziemlich lang und ich bin nicht sicher, ob Sie schon in der Lage sind sie wirklich hören zu wollen. Ich mache ihnen einen Vorschlag: Ich beantworte Ihnen eine Frage. Sie können sich aussuchen, welche, und ich gebe Ihnen mein Wort vollkommen ehrlich zu sein. Ich sage es Ihnen ganz offen: Es wäre mir lieber, wenn ein anderer Ihre Fragen beantworten würde, Robert. Unglücklicherweise ist Dr. Gray (Dieser Name sagte mir ebenso wenig wie das Meiste von dem, was er bisher erzählt hatte, aber ich merkte ihn mir, denn ich hatte das Gefühl, dass er wichtig für mich sei.) zur Zeit nicht in London und Ihr Freund Rowlf ist manchmal … etwas schwer zu finden, um es einmal so auszudrücken. Also muss ich wohl oder übel versuchen, irgendwie allein zurechtzukommen.«
    Es musste wohl eine Berufskrankheit der Ärzte sein, auf eine klare Frage niemals eine klare Antwort zu geben. Aber ich hatte in dieser Hinsicht auch schon einschlägige Erfahrungen gesammelt und wusste, wie sinnlos es war, auf meinem Wunsch zu beharren. Außerdem war ich tatsächlich nicht sicher, ob ich schon alles hören wollte, was Viktor zu erzählen hatte.
    »Also gut«, sagte ich. »Wer bin ich?«
    Viktor sah mich geschlagene zehn Sekunden lang wortlos an, dann stand er auf, ging um das Bett herum und löste den Spiegel von der Wand, der dort hing. Er brachte ihn zurück und stellte ihn so auf der Bettkante auf, dass ich mich selbst darin sehen konnte.
    Was ich erblickte, das überraschte mich, es verwirrte und erschreckte mich – wenn auch nur ein wenig – und vor allem erfüllte es mich mit einem tiefen Gefühl der Furcht. Auf dem Bett lag ein hochgewachsener, schlanker Mann in jenem schwer zu schätzenden Alter zwischen fünfundzwanzig und fünfunddreißig, mit fast asketischen Gesichtszügen und einem schwarzen, messerscharf ausrasierten Kinn- und Backenbart. Bei einem Fremden hätte ich dieses Gesicht sicherlich als interessant empfunden, wenn nicht als, auf seine Art zumindest, sogar sympathisch. Bei mir …
    Nun, um die Sache kurz zu machen: Das war nicht mein Gesicht. Ich hatte zwar keine Ahnung, wie mein Gesicht auszusehen hatte, aber eines wusste ich mit unerschütterlicher Sicherheit: Das Gesicht im Spiegel gehörte nicht mir.
    »Wer ist das?«, fragte ich.
    Viktor lächelte nicht. »Sie sehen noch ein wenig blass und mitgenommen aus«, sagte er. »Aber keine Sorge, das gibt sich. Wenn Sie erst wieder an die Sonne können, bekommen Sie bald Ihre normale Gesichtsfarbe zurück und die verlorenen Pfunde haben Sie in vier Wochen wieder.«
    »Wer ist das?«, wiederholte ich hartnäckig, und diesmal auch spürbar schärfer.
    Mir fiel noch etwas auf und absurderweise war das etwas Vertrautes: In meinem Haar, das schwarz und für meinen Geschmack ein wenig zu lang war, befand sich eine weiße Strähne, die die Form eines gezackten Blitzes hatte und über dem linken Auge begann, um sich bis auf meinen Scheitel hinaufzuziehen. Und dann begegnete ich dem Blick meiner eigenen Augen und es war dieser Blick, der mich um ein Haar aufschreien ließ. Es waren meine Augen. Das Gesicht des Mannes im Spiegel war das Gesicht eines Fremden, aber er hatte meine Augen und mein Haar.
    »Um Gottes Willen, was ist passiert?«, flüsterte ich.
    Viktor trug den Spiegel

Weitere Kostenlose Bücher