Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
es klang irgendwie … groß. Groß und – auch wenn dieser Begriff bei einem Geräusch unpassend schien – gewalttätig.
    Sie hasteten durch eine bizarre Albtraumwelt aus milchigem Nebel, der immer noch dichter wurde, je tiefer sie auf den Friedhof vordrangen. Selbst Sill, die unmittelbar neben ihm lief, war kaum mehr als ein Schemen. Gelegentlich schälten sich für einen Augenblick verschwommene Dinge aus dem Dunst; faserige Umrisse, die sich nur schwerlich als die eines Baumes, eines Grabsteins oder eines steinernen Engels identifizieren ließen.
    Immer wieder blickte sich Rowlf um, aber so widerwillig der Nebel vor ihnen zurückzuweichen schien, so schnell schloss er sich hinter ihnen sofort wieder. Dennoch wusste Rowlf, dass ihr Verfolger immer noch da war. Auch wenn die Kreatur nicht zu sehen war, so war sie nicht mehr zu überhören, das dumpfe, röchelnde Atmen, das Schleifen und das furchtbare Geräusch seines Dahingleitens auf dem Kies.
    »Was … was ist das?«, keuchte Sill.
    »Weiß nich«, gab Rowlf zurück und sah sich erneut um. »Aba wasses auch is, es is nich so schnell wie wia.« Oder es gab sich gar keine sonderliche Mühe sie einzuholen, weil es wusste, dass sie ihm nicht entkommen konnten.
    Der Weg zur Friedhofskapelle war ihm längst nicht so weit vorgekommen, als er ihn am Nachmittag schon einmal gegangen war. Da der Weg in gerader Linie vom Tor zu der Kapelle führte, war es eigentlich ausgeschlossen, dass sie sich verlaufen hatten, aber selbst diese Möglichkeit konnte er natürlich nicht mehr völlig ausschließen. Mittlerweile erschien ihm in dieser Umgebung, in der er kaum weiter als zwei, drei Armlängen sehen konnte, buchstäblich alles möglich.
    Er verdrängte den Gedanken rasch wieder, als er merkte, wie seine Angst darin neue Nahrung fand. Wesentlich wahrscheinlicher war es, dass sein Zeitgefühl durcheinander geraten war und sie den Friedhof tatsächlich erst vor wenigen Minuten betreten hatten.
    Dennoch atmete er erst erleichtert auf, als sich eine Wand des kleinen Gebäudes mit dem niedrigen Turm vor ihm aus den Nebelschwaden schälte. Er rüttelte an der Klinke, doch wie nicht anders zu erwarten, war die Tür abgeschlossen. Rowlf zog den Bund mit Dietrichen aus der Tasche, mit denen er bereits das Tor geöffnet hatte, und probierte sie nacheinander durch.
    »Mach schon«, drängte Sill. Sie stand einen halben Schritt neben ihm und starrte in den Nebel, das Schwert kampfbereit in der Hand. Allerdings bezweifelte Rowlf, dass die Waffe ihr irgendetwas nutzen würde, wenn die Kreatur, die er gesehen hatte, wirklich existierte. Auch jetzt war er sich noch nicht sicher, wie viel davon Wirklichkeit und wie viel nur Einbildung gewesen war.
    Was ging überhaupt hier vor?
    Der Nebel, das monströse Etwas, die sich allmählich nähernden Laute … Was um alles in der Welt hatte das alles zu bedeuten?
    Verbissen probierte er einen der Schlüssel nach dem anderen durch. Da ihn die Handschuhe behinderten, hatte er sie ausgezogen – mit dem Erfolg, dass seine Finger mittlerweile vor Kälte fast taub und gefühllos geworden waren. Nach dem achten oder neunten erfolglosen Versuch entglitt der Bund seinen Händen.
    Bevor er sich danach bücken konnte, stieß Sill ihn zur Seite. »Weg«, zischte sie. »Wir haben keine Zeit mehr.« Mit aller Kraft hieb sie mit dem Schwertknauf auf das Schloss ein.
    Die Geräusche waren inzwischen ganz nahe und Rowlf glaubte zu sehen, wie sich die Bewegung innerhalb der wabernden Schwaden verstärkte. Etwas glühte inmitten des Nebels auf, dann trat eine Gestalt daraus hervor.
    »He, Sie! Was machen Sie da?«, ertönte eine Stimme.
    Der Mann mochte um die sechzig sein und es war kein Shoggote, kein Untoter oder irgendein anderer Diener der GROSSEN ALTEN, sondern offenbar der Friedhofswärter. In der einen Hand hielt er die Laterne, die das Glühen verursacht hatte, in der anderen eine doppelläufige Flinte, mit der er auf Sill und Rowlf zielte. Trotz der Waffe atmete Rowlf erleichtert auf.
    »Was Sie da machen, habe ich gefragt?«, wiederholte der Wächter. Er stutzte, als er das Schwert in Sills Hand sah.
    »He, Lady!«, sagte er verblüfft. »Was haben Sie mit dem Messer vor?« Das Gewehr schwenkte herum und richtete sich auf Sill.
    Rowlf setzte zu einer Antwort an, aber in diesem Moment sah er, was dicht hinter dem Mann im Nebel heranwuchs, und sein Gesicht wurde zur Grimasse.
    »Passen Sie auf!«
    Der panische Tonfall in seiner Stimme verfehlte seine Wirkung

Weitere Kostenlose Bücher