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Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wenige Sekunden in Anspruch genommen.
    Aber es war noch nicht vorbei.
    Ich spürte es, noch bevor ich das Geräusch neben mir hörte und herumfuhr.
    Das Netz … bewegte sich.
    Die Fäden wurden dünner. Im allerersten Moment sah es für mich so aus, als lösten sie sich einfach in Nichts auf, aber schon auf den zweiten Blick erkannte ich, dass das nicht stimmte. Sie schmolzen. Mit einem Geräusch wie weit entferntes, tropfendes Wasser fielen sie zu Boden und sammelten sich in kleinen, ölig schimmernden Pfützen, in deren Zentrum sich vibrierende schwarze Klumpen heranbildete. Es war ein unbeschreiblich widerwärtiger Anblick und zugleich ein Bild, das mir klar machte, was ich bisher nur vermutet hatte: Wie das Gebilde, das Shorty getötet hatte, war auch dieses Netz in Wahrheit nichts anderes als ein Shoggote gewesen, eines jener fürchterlichen Protoplasmawesen, die nahezu jede beliebige Gestalt anzunehmen imstande waren. Und jetzt verwandelte es sich zurück, um auch sein drittes Opfer zu packen …
    Mich.
    Ich hörte einen Laut wir von einem zerbrechenden Ast und fuhr abermals herum. Der schwarze Sack, der Jacks Körper mehr als zur Hälfte verschlungen hatte, zog sich mit einem harten Ruck zusammen. Wieder ertönte jenes fürchterliche Splittern und Bersten, und dunkles Blut lief plötzlich über Jacks Beine. Wo es das schwarze Protoplasma des Shoggotenmonsters berührte, wurde es absorbiert wie von einem ausgetrockneten Schwamm.
    Dann öffnete sich in der schwarzen Masse, ungefähr dort, wo sie Jacks Gesicht bedecken musste, ein einzelnes, totenweißes Auge und starrte mich an.
    Der Anblick war zu viel.
    Ich schrie gellend auf, fuhr herum und rannte blindlings los. Eine innere Stimme warnte mich verzweifelt, dass ich in den Tod rannte, denn das Netz war zwar dünner geworden, aber noch immer da, und ich würde dasselbe Schicksal erleiden wie Shorty – aber ich war unfähig, auf diese Stimme zu hören und stürmte einfach weiter.
    Im allerletzten Moment versuchte ich, die Bewegung aufzuhalten. Es war zu spät. Von meinem eigenen Schwung vorwärts gerissen, stolperte ich weiter, prallte gegen das schwarze Gewebe – und durchbrach es.
    Ich spürte – nichts.
    Ich hatte gesehen, wie die schwarzen Fäden Shortys Fleisch und seine Kleider verbrannt hatten, und ich war auf den tödlichen Schmerz gefasst, der allem ein Ende bereiten musste. Aber ich fühlte rein gar nichts; nicht einmal den Widerstand der doch scheinbar unzerreißbaren Fäden, sondern allenfalls den Hauch einer Berührung, wie Altweibersommer, den der Wind heranträgt. Mit haltlos rudernden Armen stolperte ich noch zwei, drei Schritte weiter, prallte gegen die Wand und blieb wieder stehen; nicht einmal, weil ich es wollte, sondern weil ich vor lauter Schwäche und Schrecken einfach nicht mehr konnte. Zitternd sank ich gegen den feuchten Stein und sah zurück.
    Das Netz war fast völlig zerfallen. Einige wenige Fäden hingen noch von der Decke oder den Wänden, aber auch sie lösten sich jetzt immer schneller auf, doch zugleich wuchsen die dunklen Herzen der Pfützen auch immer rascher. Noch Augenblicke, und die Kreatur würde sich neu formen und sich auf mich stürzen.
    Ich spürte eine Berührung an der Hand, sah an mir herab – und stieß einen Schrei aus. Die zerrissenen Fäden des Netzes waren zum größten Teil von mir abgefallen, aber einige wenige Reste klebten noch an meiner Kleidung und meiner Haut – und sie dachten nicht daran, sich zu ihren Kameraden auf dem Boden zu gesellen, sondern erwachten jedes für sich zu zuckendem Leben. Ich sah mich von einem Dutzend dürrer, schwarzer Würmer attackiert, die in spasmischen Bewegungen hin und her zuckten.
    Angeekelt streifte ich die Biester ab, soweit ich sie erreichten konnte, zertrampelte zwei oder drei von ihnen – obwohl ich wusste, wie sinnlos es war, verschaffte es mir eine grimmige Befriedigung, die widerwärtigen Geschöpfe unter dem Absatz zu zermalmen – und fuhr endlich herum, um das einzige zu tun, was wirklich Sinn machte:
    Ich rannte um mein Leben.
     
    Er hatte Stunden für den Weg hierher gebraucht, mehr als einen halben Tag, sodass er erst am späten Nachmittag sein Ziel erreichte. Im Grunde war es ein Wunder, dass er es überhaupt geschafft hatte.
    Nicht im Traum war daran zu denken gewesen, sich eine Kutsche zu nehmen; nicht in seinem Zustand. Verletzt, in zerfetzter, verdreckter Gefängniskleidung und noch dazu ohne einen Penny in der Tasche musste er auffallen wie ein

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