Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
bunter Hund. Er hatte nicht den kürzesten Weg hierher nehmen können, nicht einmal einen Umweg, sondern hatte die Stadt in einem irrsinnigen Zickzack durchquert, bei dem er sich durch jeden Hinterhof, jede finstere Gasse und jeden Park geschlichen hatte, die er fand; einmal war er sogar gezwungen gewesen in die Kanalisation hinabzusteigen, um einen belebten Platz zu überwinden, denn er konnte es nicht riskieren, sich irgendeinem Menschen zu zeigen – ebensogut hätte er sich ein großes Schild AUSBRECHER um den Hals hängen können, zumal er sicher sein konnte, dass die Polizei bereits nach ihm suchte. Vorsichtig ausgedrückt. Falls Cohen noch lebte (Howard hoffte es inständig), hatte er mittlerweile wahrscheinlich nicht nur jeden einzelnen Polizeibeamten der Stadt, sondern alles bis hin zur Royal Navy auf seine Spur gesetzt.
    Einzig der immer stärker gewordene Regen und die eisige Kälte, die er anfangs noch verflucht hatte, hatten sich als seine Verbündeten erwiesen. Weit weniger Menschen als normal hielten sich bei dem schlechten Wetter im Freien auf. Viele Straßen lagen wie ausgestorben da, und wenn ihm doch einmal jemand entgegengekommen war, war es Howard immer noch gerade rechtzeitig gelungen, sich irgendwo zu verstecken oder in eine Seitenstraße auszuweichen.
    Dennoch war es ebenso ein Wunder, dass er unbeschadet bis hierher gelangt war – ein ebensolches Wunder, wie es eigentlich die ganzen Umstände seiner Flucht waren. Er hatte viel Zeit gehabt, darüber nachzudenken, und je mehr Fragen er sich stellte, desto weniger Antworten hatte er gefunden. Alles ergab so schrecklich wenig Sinn.
    Und es war zu einfach gewesen.
    Sicher, er war nur mit knapper Not mit dem Leben davongekommen, aber gerade das hätte erst gar nicht geschehen dürfen.
    Es war schlicht und einfach unmöglich.
    Die GROSSEN ALTEN oder ihre Helfer hatten mehr als fünf Jahre Zeit gehabt, sich einen Plan zurechtzulegen, ihn aus dem Weg zu räumen (der – so ganz nebenbei – noch dazu ziemlich blödsinnig war. Hätten sie seinen Tod gewollt, so hätten sie nur abzuwarten brauchen).
    Dennoch hatten sie versagt. Mehr noch – im Grunde hatte er es ihnen zu verdanken, dass er noch lebte. Alles erweckte in ihm den Eindruck einer völlig überhasteten Verzweiflungstat. Er begriff nur einfach nicht, warum sie es getan hatten. Und gerade das beunruhigte ihn. Er kämpfte nun schon lange genug gegen diese schrecklichen Wesen aus den dunkelsten Epochen dieser Welt, um zu wissen, dass sie oft unerwartete und furchtbare Dinge taten – aber niemals etwas, das sinnlos war.
    Howard verdrängte diese Gedanken, während er sich Frankensteins Haus vorsichtig – und von der Rückseite her – näherte. Das Grundstück, auf dem die Villa lag, war riesig. Der parkartige Garten wurde von gewaltigen alten Bäumen beherrscht, deren Kronen im Laufe der Zeit zu einem fast undurchdringlichen Dach zusammengewachsen waren. Es war schon den ganzen Tag nicht besonders hell gewesen, doch hier war es so dunkel, als wäre die Abenddämmerung um Stunden zu früh hereingebrochen.
    Einst musste dieser Park sehr schön gewesen sein, aber jetzt war er verwildert wie ein Dschungel. Es wäre eine Lebensaufgabe für eine ganze Kompanie von Gärtnern gewesen, ihn wieder in Ordnung zu bringen. Zwischen den Bäumen wucherten Unkraut und Dickicht und bildeten eine mannshohe, fast undurchdringliche Wand aus Unterholz und ineinander verwobenen Schatten.
    Im ersten Moment hielt es Howard für eine Täuschung, einen Streich, den ihm seine überreizten Nerven spielten, aber je weiter er vordrang, desto sicherer war er, dass er sich nicht nur etwas einbildete. Die Schatten waren eine Spur zu dicht und zu düster, erfüllt von huschenden Bewegungen, die sich nur aus den Augenwinkeln wahrnehmen ließen und immer sofort aufhörten, sobald er genauer hinsah. Aber sie waren da.
    Howard spürte, dass etwas nicht stimmte, aber er konnte nicht umkehren. Es gab keinen anderen Ort, wohin er gehen konnte, und außerdem – Robert war hier.
    Viktor war schon immer ein reichlich sonderbarer Kauz gewesen. Einige seiner Experimente rührten an die ehernen Gesetze des Lebens und waren dementsprechend gefährlich, sodass vieles, was er tat, anderen wie Zauberei erscheinen mochte; vielleicht wie Gotteslästerung. Howard wusste es besser. Viktor hatte sich niemals mit echter Magie eingelassen, sondern war stets ein Mann der Wissenschaft geblieben.
    Hier jedoch …
    Noch vorsichtiger als bisher drang

Weitere Kostenlose Bücher