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Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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formen. Etwas stimmte nicht mit diesem Ungeheuer. Ich spürte es. Und ich spürte ebenso deutlich, dass das vielleicht die Rettung war. Wenn ich herausfand, was mit dem Shoggoten nicht in Ordnung war, dann hatte ich vielleicht den Weg gefunden, ihn zu besiegen.
    Meine Gedanken drehten sich immer wilder im Kreis. Panik drohte mich zu übermannen, aber ich ließ es nicht zu. Ich musste … Ruhe bewahren. Nachdenken. Ich hatte die Lösung vor mir, aber es gelang mir einfach nicht, sie zu fassen. Wenn wir hier heraus kämen, wenn es einen Weg aus dieser Ruine gäbe, die – jahrelang mein Zuhause gewesen war.
    Die Erkenntnis kam beinahe zu spät. Die schwarze Masse hatte die Halle schon fast zur Gänze überflutet und ich sah, dass es vor der schmalen Tür unter den Überresten der Treppe nur noch einen kaum handtuchbreiten Streifen freien Bodens gab, der in rasender Geschwindigkeit zusammenschmolz. Vielleicht hatten wir nur noch Sekunden.
    »Lauft!«, schrie ich. »Folgt mir!«
    Ich rannte los und nahm mir nicht einmal Zeit, mich davon zu überzeugen, dass Matt und Tom mir folgten. Mit gewaltigen Sätzen fegte ich durch die Halle und auf die Tür zu, erreichte sie im buchstäblich allerletzten Moment und warf mich hindurch – und begriff einen Moment zu spät, dass auch die Kellertreppe aus Holz bestanden hatte. Wie alles andere in diesem Haus, das nicht aus Stein oder Metall gewesen war, war sie ein Raub der Flammen geworden.
    Der Sprung war perfekt berechnet. Halb geduckt und mit vorgestreckten Armen flog ich durch die Tür, und meine Füße hätten genau dort den Boden berührt, wo sich die oberste Stufe befunden hätte.
    Wäre sie noch dagewesen.
    So taten sie es gute drei Meter tiefer.
     
    »Und Sie sind ganz sicher? Ich meine, ein Irrtum ist ausgeschlossen?« Chefinspektor Cohen starrte den stämmig gebauten Mann auf der anderen Seite des Tisches so durchdringend an, dass dieser spürbar nervöser zu werden begann.
    »Was heißt: ausgeschlossen?«, fragte er schließlich. Seine Hände schmiegten sich fest um das Emaille einer gewaltigen, sicher einen halben Liter fassenden Kaffeetasse, die ihm einer seiner Kollegen in die Hand gedrückt hatte, kaum dass er die Wache betrat. »Hundertprozentig sicher bin ich natürlich nicht. Aber die Ähnlichkeit war schon verblüffend.« Er blies in seine Tasse, nippte von dem kochend heißen Kaffee und zog eine Grimasse. Es war nicht zu sagen, ob sie anerkennend oder angewidert war. Dann runzelte er die Stirn und sah Cohen nachdenklich an. »Hieß es nicht, er wäre ums Leben gekommen?«
    »Das hieß es, ja«, antwortete Cohen. Seine Stimme klang gereizt und sein Aussehen passte zu dem gereizten Ton und seinem fahrigen Blick. Sein Gesicht war bleich und seine Hände zitterten, so sehr er auch versuchte, es zu unterdrücken. Er trug einen schwarzen, maßgeschneiderten Anzug und dazu passende Schuhe und Hut, aber alles war vollkommen verdreckt, die teure Jacke eingerissen. Am Kragen des ehemals blütenweißen Hemdes klebte Blut. Die drei Beamten, die in der kleinen Wache Dienst taten, hatten ihn mit sehr misstrauischen Blicken beäugt, als er hereingekommen war, und sie hatten den Dienstausweis, der ihn als Chefinspektor von Scotland Yard auswies, sehr – wirklich sehr – aufmerksam studiert. Seither legten sie eine Art von Respekt an den Tag, der Cohen normalerweise zur Weißglut gereizt hätte. Aber an diesem Tag war rein gar nichts normal; und das, was Cohen gerade von dem stämmig gebauten Beamten gehört hatte, der triefend vor Nässe von seiner Streife hereinkam, ließ ihn ohnehin nichts anderes mehr zur Kenntnis nehmen. Vermutlich hätte die Queen persönlich durch die Tür der Polizeiwache hereinspazieren können, ohne dass er es registriert hätte.
    »Versuchen Sie sich zu erinnern«, sagte er. »Es ist wichtig.«
    Der Beamte gewann einige weitere Sekunden, indem er erneut an seinem Kaffee nippte und Cohen dabei über den Rand der Tasse hinweg verstohlen ansah. Was hinter seiner Stirn vorging, war nicht schwer zu erraten: Ganz offensichtlich hielt er Cohen für – vorsichtig ausgedrückt – ein wenig sonderbar. Schließlich zuckte er mit den Achseln, stellte seine Tasse mit betont langsamen, umständlichen Bewegungen auf den Tisch zurück und sagte: »Ich war damals noch gar nicht hier, Inspektor. Ich bin erst vor vier Jahren auf dieses Revier versetzt worden.« Die Art, wie er dies sagte, der Blick, mit dem er Cohen dabei maß, und vor allem die anderen

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