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Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verstohlenen Blicke, die er rasch mit seinen Kollegen wechselte, fügten fast unüberhörbar hinzu: und das aus gutem Grund. Dies hier ist nämlich ein friedliches Revier in einer friedlichen Gegend und wir schieben hier eine ruhige Kugel und wollen mit Verrückten wie dir nichts zu tun haben. Natürlich hütete er sich, das laut auszusprechen, aber Cohen las es ganz deutlich in seinen Augen und der Polizist umgekehrt schien zu begreifen, dass er vielleicht einen Schritt zu weit gegangen war, denn er fügte beinahe hastig hinzu: »Aber ein wenig seltsam kam er mir schon vor.«
    »Seltsam?«, hakte Cohen nach. »Wieso?«
    Der Mann zuckte mit den Schultern und verdrehte die Augen. Regenwasser lief aus seinem Haar und seinen Brauen und tropfte auf den Schreibtisch herunter. Er runzelte ärgerlich die Stirn, sah die kleinen Flecken auf seinen Papieren, die das Wasser hinterlassen hatte, fast vorwurfsvoll an und wischte sie pedantisch mit dem Handrücken weg, ehe er auf Cohens Frage antwortete. »Seltsam eben. Er stand mitten im strömenden Regen und schien es nicht einmal zu merken. Er starrte immer nur das Haus an.«
    »Und Sie haben nichts unternommen?«, fragte Cohen scharf.
    Wieder maß ihn der Beamte mit einem Blick, in dem sein Ärger einen immer heftigeren Kampf gegen den Respekt Cohens höherem Dienstgrad gegenüber focht. »Es ist nicht verboten, sich nass regnen zu lassen«, sagte er betont.
    »Ja, und auch nicht besonders angenehm, nicht wahr?«, fügte Cohen böse hinzu.
    Der Polizist zog es vor, gar nicht darauf zu antworten.
    »Wann war das genau?«, wollte Cohen wissen.
    Der Bobby sah auf die Wanduhr hinter Cohen, griff dann unter seine Jacke und zog eine Taschenuhr an einer langen, goldenen Kette hervor. Umständlich klappte er ihren Deckel auf, blickte sekundenlang auf das Zifferblatt herab und sagte schließlich: »Ich habe meine Runde beendet und dann … eine halbe Stunde, ungefähr.«
    Cohen stand auf. Es fiel ihm immer schwerer, seinen Ärger zu beherrschen. Mit zwei entschlossenen Schritten war er bei der Tür, streckte die Hand nach der Klinke aus und wandte sich dann noch einmal um. »Haben Sie eine Waffe hier?«, fragte er.
    Zwei der drei Polizeibeamten blickten ihn nur verwirrt und ein wenig erschrocken an, aber der Bobby, mit dem er gerade geredet hatte, zog wortlos die Schublade seines Schreibtisches auf, nahm einen großkalibrigen Revolver mit langem Lauf heraus und reichte ihn Cohen.
    Cohen riss ihm die Waffe regelrecht aus der Hand, ließ die Trommel herausklappen und überzeugte sich davon, dass sie geladen war. Dann schob er sie fast achtlos unter den Gürtel, knöpfte seine Jacke wieder zu und stürmte mit weit ausgreifenden Schritten davon.
    Die drei Polizeibeamten sahen ihm durch das Fenster der kleinen Wache nach, bis seine Gestalt in den niederrauschenden Regenmassen verschwunden war.
    Die beiden Männer waren tot, aber man hatte sie nicht einfach nur ermordet.
    Sie waren regelrecht geschlachtet worden.
    Entsetzt starrten Howard, Rowlf und Sill auf das schreckliche Bild. Die beiden waren große, kräftige Kerle gewesen und sie machten ganz den Eindruck, als wären sie in der Lage gewesen, sich ihrer Haut zu wehren. Aber es hatte ihnen nichts genutzt. Auf ihren Gesichtern lag ein Ausdruck von ungläubigem Schrecken und Grauen und ähnlich wie Boris waren sie alle auf grausame Art verstümmelt worden. Aber so schrecklich ihre Verletzungen waren, zeigten sie Howard zugleich, dass es keinen wirklichen Kampf gegeben hatte. Jemand hatte die beiden zu Tode gefoltert.
    Im ersten Moment hatte sich Howard schlicht geweigert, diese Erklärung zu akzeptieren. So etwas … durfte einfach nicht sein. Auf einer einsamen Molukken-Insel, vielleicht, oder irgendwo in den unerforschten Weiten Afrikas oder Asiens. Aber dies hier war das London des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts!
    Rowlf schien durch den Anblick noch mehr mitgenommen zu werden als er. Trauer, Schrecken und grenzenlose Wut spiegelten sich auf seinem Gesicht. Er ballte und öffnete die Fäuste, immer wieder, ohne es auch nur zu merken. Sein Atem ging schnell und in seinen Augen war etwas, das Howard Angst machte.
    Er legte ihm die Hand auf die Schulter. »Deine Leute?«, erkundigte er sich leise.
    Es war eine überflüssige Frage, nur dazu gedacht, das bedrückende Schweigen zu brechen. Rowlfs Gesichtsausdruck war Antwort genug. Dennoch nickte er mit mühsamen, abgehackten Bewegungen.
    »Wenn ich die Kerle finde, die das getan haben,

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