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Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zweiten Mal aufprallte.
    Obgleich nur einen Bruchteil so heftig wie der erste Aufprall, schien mir dieser Sturz doch für einige Momente das Bewusstsein geraubt zu haben, denn das Nächste, woran ich mich erinnerte, ist, dass ich lang ausgestreckt und mit ausgebreiteten Armen auf dem Rücken lag, feuchten Sand und spitze Steine unter mir fühlte und den Nachthimmel über mir sah, der sich mit unheimlicher Schnelligkeit zu bewölken begann.
    Benommen richtete ich mich in eine halb sitzende Position auf, gewährte mir selbst eine Sekunde, in der ich mir ganz ernst die Frage stellte, ob ich noch am Leben war – und sie mit Ja beantwortete –, und eine zweite, in der ich den Entschluss fasste, zumindest in diesem Moment nicht darüber nachzudenken, warum das so war. Stattdessen richtete ich mich weiter auf und sah mich zugleich nach Cohen um.
    Der Inspektor saß nur ein kleines Stück von mir entfernt mit an den Leib gezogenen Beinen da und auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck solcher Fassungslosigkeit, dass ich beinahe laut aufgelacht hätte.
    Aber nur beinahe.
    »Was … was war das, Craven?«, krächzte er.
    Ich antwortete nicht gleich, sondern löste meinen Blick von seinem Gesicht und sah mich um. Rings um uns herum strebten zwanzig Fuß große, scharfkantige Lavapfeiler in die Höhe. Hier und da schimmerte eine Pfütze öligen Wassers auf dem Sand und nur einen Steinwurf entfernt erhob sich der kolossale Schatten des Turmes. Von dem unheimlichen Netz war keine Spur mehr zu sehen.
    »Was war das?«, keuchte Cohen noch einmal. Er schrie beinahe. »Um Gottes willen, Craven, was ist passiert?!«
    »Das weiß ich so wenig wie Sie«, antwortete ich und stand auf. »Aber wenn wir wieder in London sind, erinnern Sie mich daran, dass ich Sie daran erinnere, zu einem Augenarzt zu gehen.«
    Es war offensichtlich, dass Cohen nicht einmal begriff, wovon ich sprach – und wie sollte er auch? Der Moment für (selbst lahme) Scherze war denkbar ungünstig.
    Mit zwei Schritten war ich bei ihm und half ihm auf die Füße. Cohen ließ sich von mir helfen, aber er sah sich auf eine Weise um, die mich warnte. Sein Blick war wild, unstet; und er zitterte am ganzen Körper. Nur noch eine Winzigkeit und er würde endgültig die Beherrschung verlieren; vielleicht den Verstand.
    Und wahrscheinlich wäre auch genau das geschehen, wäre nicht in diesem Augenblick vierzig Meter über uns, an der Flanke des schwarzen Turmes, ein zorniger Schrei erschollen. Automatisch hob ich den Kopf und erblickte eine Gestalt, die sich weit über die steinerne Balkonbrüstung beugte und dabei mit beiden Händen zu uns hinabgestikulierte. »Packt Sie!«, schrie Crowley. Seine Stimme war schrill und kippte beinahe über, aber der hysterische Ton darin war kein Zorn, es war eindeutig Angst. »Bringt sie zurück!«, schrie er. »Die Beschwörung muss zu Ende gebracht werden, oder etwas Furchtbares wird geschehen!«
    Die Worte riefen mir jäh ins Gedächtnis zurück, dass wir uns immer noch in Gefahr befanden. Trotzdem blieb ich noch einen Moment reglos und mit in den Nacken gelegtem Kopf stehen und sah zu Crowley hinauf. Obwohl er viel zu weit dafür entfernt war, spürte ich, dass er mich anstarrte, und seine Blicke wurden von einer solchen Woge von Hass und Zorn – und wieder diesem sonderbar unerklärlichen Gefühl von Furcht – begleitet, dass ich erschauerte und endgültig herumfuhr und Cohen mit einer derben Bewegung mit mir zerrte.
    »Schnell!«, sagte ich. »Wir müssen weg. Sie werden gleich hier sein!«
    Cohen folgte mir, aber ich war ziemlich sicher, dass er meine Worte gar nicht richtig gehört, geschweige denn verstanden hatte. Er stolperte einfach neben mir her und hätte ich seine Hand losgelassen, wäre er vermutlich auf der Stelle stehen geblieben. Natürlich ließ ich nicht los, sondern ergriff ihn im Gegenteil fester und warf einen Blick über die Schulter zurück, während wir zwischen den Felsen auf die Steilküste zustolperten. Es musste bereits später sein, als ich geglaubt hatte; die Ebbe hatte ihren Tiefstpunkt überschritten und das Meer kehrte allmählich zurück. Waren wir auf den ersten Metern noch durch morastigen Sand gestolpert, so platschte unter unseren Füßen schon nach kurzer Zeit wieder eine dünne, aber doch sichtbare Wasserschicht. Ich hatte ja schon einmal erlebt, wie unheimlich schnell die Flut hier anstieg, und deshalb verdoppelte ich meine Anstrengungen noch, obwohl ich ahnte, dass es wenig nutzen würde. Ich hatte

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