Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London
Untersuchungen geben. Ich habe bereits mit mehreren Experten gesprochen und wir sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass es einer Kultur entstammt, über die wir bislang noch fast nichts wissen, wenn überhaupt etwas.«
»Und das sollte auch besser so bleiben«, murmelte ich leise, doch Montgomery hatte meine Worte gehört oder zumindest erraten.
»Das ist vielleicht Ihre Meinung, Mister Craven, aber ich denke anders darüber. Unseren ersten vorsichtigen Schätzungen nach, ist dieses Relief mindestens zehntausend Jahre alt und insofern ist es wissenschaftlich von geradezu unschätzbarem Wert. Wenn sich auf diese Art die Existenz einer bislang völlig unbekannten Kultur beweisen ließe -«
»- dann würde sich dadurch überhaupt nichts ändern, außer dass Ihr Name vielleicht in ein paar Fachbüchern erwähnt wird«, fiel ich ihm ins Wort, wobei es mir angesichts des Ernstes der Situation leicht fiel, mir ein Grinsen zu verkneifen. Zehntausend Jahre. Montgomery würde völlig ausrasten, wenn er erführe, dass das Relief aller Wahrscheinlichkeit nach bereits älter als zweihundert Millionen Jahre war! Es war besser, ihn in seinem Irrtum zu belassen. »Aber darum geht es nicht«, fuhr ich hastig fort. »Nehmen wir einmal an, es entstammt tatsächlich einer bislang unbekannten Kultur, so muss sie ziemlich schrecklich gewesen sein. Sehen Sie sich diese Zeichen doch nur einmal genauer an.«
Montgomery räusperte sich. »Ich gebe zu, es ist etwas … fremdartig, aber das ist bei einer fremden Kultur ja wohl auch zu erwarten.«
»Es ist nicht nur fremdartig, es ist unheimlich«, behauptete ich, obwohl mir mit jeder Sekunde deutlicher bewusst wurde, dass ich mich vergeblich abmühte. Montgomerys Entschluss stand fest, und ich würde ihn nicht mehr umstimmen können, egal, was ich auch sagte. Dennoch wollte ich noch nicht aufgeben. »Ist es Ihnen schon mal gelungen, es länger als ein paar Sekunden intensiv zu betrachten? Sie sind nicht der Einzige, dem es so geht. Beobachten Sie doch nur einmal die anderen Männer. Und Sie wollen dieses Relief öffentlich ausstellen?«
Ein unsicherer Ausdruck glitt über Montgomerys Gesicht. »Worauf wollen Sie hinaus, Mister Craven? Wollen Sie vielleicht behaupten, dass hier so etwas wie Zauberei im Spiel ist?« Er lachte, doch es klang eine Spur zu laut und gezwungen, um echt zu wirken, und er wurde rasch wieder ernst. »Sie sehen Ihrem Zwillingsbruder nicht nur verblüffend ähnlich, Sie haben auch sonst mehr Ähnlichkeit mit ihm, als Sie vielleicht ahnen. Es heißt, er hätte sich viel mit Okkultismus und sonstigem Hokuspokus beschäftigt. Nichts für ungut, aber falls Sie vorhaben, mich ebenfalls von solchem Unsinn zu überzeugen, dann muss ich Ihnen sagen, dass Sie sich den Falschen dafür ausgesucht haben.«
Mühsam kämpfte ich den in mir aufkochenden Zorn nieder. Schon früher hatte ich mit ihm gelegentlich diskutiert und es hatte sich als völlig aussichtslos erwiesen, ihn von der Existenz fremder, dämonischer Mächte zu überzeugen. Bis zu einem gewissen Punkt konnte ich seine Einstellung sogar verstehen, teilte er sie doch mit einem Großteil der Bevölkerung, und auch ich selbst hatte die meiste Zeit meines Lebens nicht anders gedacht, bis ich auf schreckliche Weise von der Existenz der GROSSEN ALTEN und ihrer Dienerkreaturen überzeugt worden war. Trotzdem waren es gerade Menschen wie Montgomery, die mit ihrer blinden Wissenschaftsgläubigkeit unwissentlich dazu beitrugen, das Verderben heraufzubeschwören, und es den dämonischen Göttern erleichterten, wieder auf der Erde Fuß zu fassen, über die sie vor Äonen von Jahren schon einmal geherrscht hatten.
Auf diesem Weg kam ich jedenfalls nicht weiter. Besorgt beobachtete ich, wie die Arbeiter das Relief immer weiter von der Felswand lösten und beschloss, meine Gangart zu ändern.
»Wie ich gehört habe, war mein Bruder allerdings auch einer der Hauptsponsoren Ihres Museums«, sagte ich mit mühsam erzwungener Ruhe. »Und ich habe ebenfalls bereits einige beträchtliche Beträge gespendet. Wenn ich mir allerdings ansehe, dass diese Spenden unter anderem dazu missbraucht werden, mit immensem Aufwand und entsprechend hohen Kosten irgendwelche Felsteile mit völlig sinnlosen Kritzeleien auszugraben, dann sollte ich mein Geld in Zukunft vielleicht besser für andere wohltätige Zwecke zur Verfügung stellen.«
»Wollen Sie mir etwa drohen?«, fragte Montgomery so laut, dass einige der Umstehenden sich zu uns
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