Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012
Mann machen könnte. Wenn da nicht die Tatsache wäre, dass der Konzern gerne tote Felsen hinterlässt, wenn er mit einem Planeten fertig ist, und die Tatsache, dass Holloway den katzenähnlichen Fuzzys begegnet, die in ihm den Gedanken aufkeimen lassen, sie könnten vernunftbegabt sein. In diesem Fall wären die Bergbaupläne nur mehr Makulatur,
denn Planeten mit empfindungsfähigen Lebewesen dürfen nicht ausgebeutet werden.
Der Versuch des Konzerns, den aufmüpfigen Prospektor mitsamt den niedlichen Pelzwesen mittels eines tumben Handlangers auf einen Ruck loszuwerden, erweist sich als schwerer Fehler, denn damit hat er sich einen Feind geschaffen. Zum Leidwesen des Konzerns besitzt Holloway nicht nur ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden, sondern auch einen enormen Dickkopf und genug Schlitzohrigkeit für mehr als nur einen raffinierten Trick. Als es vor Gericht geht, dreht Scalzi wie schon in den »Androidenträumen« an der Comedy-Schraube, sodass sich der Roman teilweise wie eine auf Science Fiction gebürstete Folge von Boston Legal oder Picket Fences liest.
Und natürlich gibt es ein Happy End.
Das alles ist, wie von Scalzi nicht anders zu erwarten, flüssig geschrieben, ironisch-humorvoll und sehr retro, was die Science-Fiction-Elemente betrifft. Vielleicht ist es auch eine Hommage an die Vorlage und alle möglichen SF-Vorbilder, wenn das Hochfahren einer Gleiter-Software zwei Stunden dauert (grauenhafte Vorstellung: Weltraumfahrt mit Windows), der Anwalt den pelzigen Aliens zur Unterhaltung Die Rückkehr der Jedi-Ritter vorführt (wegen der Ewoks), Raptoren-Saurier mit Lautsprechern in Schach gehalten werden (das kenne ich aus irgendeiner uralten russischen SF-Erzählung) oder alle Geräte an Bord der Wohnplattform mit einer Art iPad-Nachfolger bedient werden.
Neben der erfrischenden Unbekümmertheit, mit der Scalzi hier den alten Stoff neu fabuliert, besticht in diesem Buch der ebenso
naive wie unerschütterliche Glaube an den Sieg des Guten, der den Leser wie ein kleines, putziges Pelztier zurücklässt, das zum ersten Mal im Leben ein Räucherpute-Mayonnaise-Sandwich gegessen hat, glücklich und satt und völlig desinteressiert an der Frage, ob es noch andere und bessere Nahrungsmittel gibt. Natürlich gibt es die, aber warum ein gutes Sandwich zurückweisen?
Karsten Kruschel
D. W. SCHMITT
PERLAMITH. DER GRAUE BERG
Roman · Wurdack Verlag, Nittendorf 2011 · 208 Seiten · € 12,95
Mit »Der Graue Berg« startet Dieter Schmitt, bekannt durch seine Rolle als Mitherausgeber einiger Bände der Wurdack-Anthologien, eine auf mehrere Bände angelegte Reihe von SF-Romanen. Und obwohl gleich auf den ersten Seiten ein heftiger Krieg geschildert wird, ist der erste Teil der Perlamith-Reihe alles andere als Military-Science-Fiction.
Es werden keine Schlachten farbig und adjektivreich nacherzählt, keine Truppenaufstellungen diskutiert und keine Gemetzel haarklein und in Nahaufnahmen beschrieben – es fehlt also alles, was die Leser dieses Subgenres so gern haben. Stattdessen lernen wir einen jungen Offizier und Piloten kennen, dessen Einheit im Kampf gegen einen übermächtigen Angreifer eigentlich zum Untergang verurteilt ist, plötzlich aber für einen ganz anderen Auftrag abberufen wird (bereits hier bekommt das hurrapatriotische Kriegsgeschrei den einen oder anderen Seitenhieb verpasst). Jev Maltin wird also nicht in einem von vornherein hoffnungslosen, aber »ehrenhaften« Gefecht getötet, sondern findet sich an Bord eines Raumschiffes wieder, das von der nach und nach vom Krieg zerstörten Welt Rogamar flieht, mit einem Geheimauftrag versehen, den er selbst nicht ansatzweise versteht, ja nicht einmal kennt. Dabei neigt Schmitt zu einer lakonischen Sprache, die dem Leser nur sparsam Bilder vorsetzt, dafür aber der Phantasie Platz lässt.
Was wie der Anfang einer vielversprechenden Novelle klingt, weitet sich Schritt für Schritt aus zu einem größeren Weltentwurf.
Schmitt hält sich nicht damit auf, dem Leser des Langen und Breiten auseinanderzusetzen, was es mit Perlamith und den Konflikten im Hintergrund auf sich hat: Er lässt es seinen Leser ganz langsam selbst entdecken. Das war schon immer die bessere Methode, eine große fiktive Welt zu schildern, besser jedenfalls als die Praxis mancher Autoren, den Leser durch seitenlange, ermüdende Infoduschen zu schicken. Schmitt muss erst gegen Ende des Buches zu diesem Mittel greifen, gerät aber nie ins Schwadronieren.
Während Jev
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