Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012
imstande, den Unterschied zwischen Haute Cuisine und Fertiggerichten zu erschmecken? Oder sind sie so mit anderen Dingen beschäftigt, dass sie nur noch hastig nebenbei verschlungene Hamburger und Konserven kennen?
Was tun? Du könntest weitermachen wie bisher, die Preise leicht anheben und den verbliebenen Gästen noch raffiniertere Leckereien bieten. Den Werbeetat erhöhen, ein Reklameschild in einer stark frequentierten Passage aufstellen. Du könntest aber auch Tiefkühlkost und Konserven einkaufen und eine Aushilfskraft an die Friteuse stellen. Oder in die Shoppingmall umziehen, das Mobiliar gegen Plastikhocker austauschen und fortan von Personal mit Papphütchen Fastfood zu Dumpingpreisen über den Tresen schieben lassen.
Noch produzieren die Rundfunkanstalten trotz stagnierender Gebühreneinnahmen Hörspiele auf hohem Niveau. Manche promoten ihre Produktionen in Kinos, Sternwarten, auf Binnenschiffen und Open-Air-Festivals. Hin und wieder aber produzieren sie Stücke, bei denen man sich gespannt fragt, wo im Lande es einen Quartaner geben mag, der bereit ist, derart Kreuzdämliches über sich ergehen zu lassen, vorausgesetzt, der hypothetische Quartaner kennt überhaupt noch den Begriff »Hörspiel«. Und gelegentlich produzieren sie Stücke, die nur noch drei Minuten dauern, so lange eben wie ein Hit aus den Charts.
Hermann Naber ist tot
Über dreißig Jahre lang, von 1965 bis 1998, leitete er die Hörspielabteilung des Südwestfunks in Baden-Baden. Er engagierte sich ebenso für das Neue Hörspiel und die Medienkunst wie für das traditionelle erzählende Hörspiel, und dabei kamen auch der Krimi und die Science Fiction nicht zu kurz. Unter seiner Leitung entstanden gut drei Dutzend SF-Hörspiele, darunter so hervorragende und zeitlose Produktionen wie Müllschlucker (Michael Koser), Einmal Utopia – hin und zurück , Der Minimalforscher , Genau wie auf der Erde , Die Menschenfalle und Unter Kontrolle (alle nach Robert Sheckley), Wie man nicht pensioniert wird (Friedrich Scholz), MASTA , Der Held der Pest auf Blo , Was tun wir, wenn sie wiederkommen und Einfache Hinfahrt (alle von Michael Springer), Wir (nach Jewgeni I. Samjatin), Ich will den Fischen vom Wasser erzählen (Wolfgang Hermann Körner), Mit leicht gestutzten Flügeln (Hein Bruehl), Das große Licht (Matthias Horx), Spuren im Sand (Astrid Saalfeld), Angst auf der Haut (Hans-Jürgen Buber), Modelle Delphin, Hiob, Säurebad usw. (Dieter Hasselblatt), Strahlende Zeiten (nach dem Comic von Raymond Briggs) und zuletzt Die Frau und der Affe (nach Peter Høeg). Für den Sender Freies Berlin adaptierte und inszenierte er die SF-Krimis Mord im 31. Stock und Unternehmen Stahlsprung (beide nach Per Wahlöö).
Am 25. Januar 2012 ist er im Alter von 78 Jahren gestorben.
Die Hörspiele 2011
Sinkende Absatzchancen für Science Fiction? Wie 2011 in einem Radiofeature des Österreichischen Rundfunks von Birgit Dalheimer zu hören war, haben die Pirahas im Regenwald Amazoniens keine Wörter zum Beschreiben von Ereignissen, die in der Zukunft liegen …
Mit dem Science-Fiction-Hörspiel sieht es nicht ganz so düster aus, im Gegenteil: So viele Ursendungen wie 2011 hat es seit 2001 nicht mehr gegeben! Unter ihnen mehrere preisverdächtige, die sich hören lassen können! Und: Diesmal sind alle deutschsprachigen Länder vertreten. Die meisten Ursendungen kamen vom WDR (sieben), gefolgt von NDR und SWR (je drei).
Im Jahre Fukushima war Kernkraft wieder in aller Munde. Jaaa, ließen Regierung und Lobby uns trotzig wissen, das sei ja nicht vorauszusehen gewesen und deshalb müsse man nun eben wieder zur Politik der Opposition zurückkehren, die man zwei Jahre zuvor rückgängig gemacht hatte. Als hätten Sachverständige, Umweltaktivisten und besorgte Bürger nicht seit Jahren und Jahrzehnten vor nicht kalkulierbaren Risiken, dem unlösbaren Problem der Endlagerung und dem Ökozid beim Urantagebau gewarnt. Als hätte es Tschernobyl nie gegeben. Der Schweizer Autor Gerhard Meister hat in seinem Stück Die leuchten in der Nacht das beklemmende Szenario der Schweiz nach einem atomaren GAU durchgespielt. Das erscheint makaber, wüsste man nicht, dass Hörspiel wie vorausgegangenes Theaterstück schon Monate vor der Tragödie in Japan entstanden sind.
Einem Ökozid ganz anderer Art verdankt Der Gondoliere von Itzehoe seinen Beruf. Der Meeresspiegel ist weltweit angestiegen. Auch weite Teile Norddeutschlands sind überflutet und die
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