Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012
zur nächsten Kaffeefahrt, zur Kaffeefahrt, die nicht enden wird – bis dass der Tod sie scheidet. Und das alles unterstützt von der Regierung! Viele Rentnerinnen und Rentner touren schon zehn Jahre und länger durch Europa und nach Moskau und Pakistan … Hier wird der Mensch zur »rollenden Ware« und seine Wohnung (das »Warenlager«) frei zu anderer Verwendung. – Natürlich ist das kein deutsches Phänomen, wie in unserer globalisierten Welt auch kaum anders zu erwarten. Schon kommt ein Reisebus mit französischen Rentnern aus Paris in Berlin an. Denn das Kapital kennt keine Grenzen …
Christiane Timper
SIMON KAMPHANS/MATTHIAS LANG
KENNST DU SCHON KEN?
Realisation: die Autoren · Autorenproduktion (Nomisound) 2010
Zum neunten Mal fand der Leipziger Hörspielsommer statt. Auf einer Wiese am Kanal, fern vom Verkehrslärm, stellen Nachwuchs-Hörspielmacher der freien Szene einer Jury und dem Publikum ihre Produktionen vor. ARD und Hörverlage steuern eigene Produktionen für das Programm bei, die aber außerhalb des Wettbewerbs laufen. Die Besucher genießen die entspannte Atmosphäre, das konzentrierte Zuhören und die anschließenden Diskussionen.
2011 wurden rekordverdächtige 106 Produktionen eingereicht. 24 davon wurden durch eine Vorjury ausgewählt und in Leipzig präsentiert. Auffällig war in diesem Jahr nach Aussagen von Jurymitgliedern die zunehmende technische Professionalisierung, was sich auch am Inhalt festmachen lässt: Zwei der drei Gewinnerstücke beschäftigen sich mit den Auswirkungen moderner Kommunikationstechnik auf den Menschen.
Kennst Du schon Ken? wurde von Simon Kamphans und Matthias Lang realisiert. Beide sind Mitte zwanzig, Kamphans studiert Musik- und Filmwissenschaft und arbeitet nebenher als Tontechniker; Orchestermusiker Lang ist Student der Instrumentalpädagogik und spielte am Hessischen Staatstheater Schlagzeug. Ihr 16-Minuten-Stück gewann den ARD-Wettbewerb Premiere im Netz und wurde in Leipzig in der Kategorie »Beste Montage« ausgezeichnet.
Wie auch von der Jury konstatiert, ist die Verwendung von verkürzter Chat- und SMS-Sprache, wie sie in sozialen Netzwerken heutzutage üblich ist, ein stilbildendes Element des Stücks. Im sozialen Netzwerk MyBook ist der titelgebende »Ken« der große Star. Die Anzahl seiner Freunde nähert sich kontinuierlich der Milliarde, wer nicht mit Ken befreundet ist, steht im Abseits. Doch Kens Freund zu werden, ist gar nicht so einfach, denn wer nicht mindestens 300 gemeinsame Freunde mit Ken vorweisen kann, wird nicht zugelassen, und manche lassen sich teuer dafür bezahlen, dem Freundschaftsantrag zuzustimmen. Wer es dann geschafft hat, muss täglich hundert Kommentare posten, sonst wird er »entfreundet«. Alex ist einer von denen, die es geschafft haben, doch ihm kommt dieser Ken zunehmend seltsam vor. Seine Omnipräsenz im Netz macht Alex immer misstrauischer und sein Verdacht bestätigt sich, als er von zwei Leuten kontaktiert wird, die Ken als von ihnen geschaffene Künstliche Intelligenz ausweisen, die darauf programmiert wurde, MyBook-Freunde zu sammeln, sich der Kontrolle ihrer Schöpfer allerdings längst entzogen hat. Als Ken zu einem Flashmob aufruft, der einen weltweiten Stromausfall provozieren würde, müssen Alex und seine Mitverschwörer schnell handeln …
Großer Andrang beim Leipziger Hörspielsommer
Ein kurzweiliges und interessantes Hörvergnügen, allerdings für Facebook-Abstinenzler (jaja, die gibt es immer noch!) an manchen Stellen schwer verständliches Kauderwelsch. Hörspieltechnisch auf absolutem Profi-Niveau!
Ute Perchtold
CHRISTOPH PILSL/STEFANIE HEIM
IRGENDWANN KRIEGEN WIR EUCH ALLE
Komposition: Endrik Peuker · Regie: Christoph Pilsl · Autorenproduktion an der Bauhaus-Universität Weimar 2009
Die zweite prämierte Arbeit beim Leipziger Hörspielsommer gewann in der Kategorie »Beste Idee«: Irgendwann kriegen wir euch alle , das Ergebnis einer Seminararbeit an der Bauhaus-Universität Weimar. Zwanzig TeilnehmerInnen des Masterstudiengangs Medienkunst und Mediengestaltung am Lehrstuhl für Experimentelles Radio bekamen als Studienaufgabe das Thema »Akustische Darstellung von Räumen« gestellt. Die Studierenden entschieden sich für einen Supermarkt als Ort, an dem Privates auf Gesellschaftliches trifft und Mensch auf Ware. Hier wird der Mensch zum Konsumenten und stattet sich über Marken mit Identität aus – ob er will oder nicht. Die Menschen bekommen hier, was sie wollen,
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