Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

verregneten postapokalyptischen Metropole, die von der Kirche beherrscht wird. Irgendwo draußen, in den Weiten einer Wüste, wird derweil der Bruder des Priesters von Vampiren ermordet und seine Nichte entführt. Und das von einer Art Ober-Vampir, der mit breitem Cowboyhut und lässigem Gang direkt einem Western entsprungen zu sein scheint. In düsteren, komplett farbentsättigten Bildern jagt der Priester fortan durch die karge Landschaft und metzelt auf recht originelle Art Vampire reihenweise dahin. Zu schade, dass die Genre-Versatzstücke sich nicht zu einer durchdachten Welt formen, sondern allein aufgrund ihres Coolness-Gehalts ausgewählt wurden. Einen ideologischen Unterbau sucht man trotz aller angedeuteten Kirchen- und Faschismussymbolik vergeblich, aber so ist das eben im Kinosommer, der vor allem anspruchslos unterhalten will. Und immerhin das gelingt Priest erstaunlich gut.
    Michael Meyns

    Er hätte nach dem Junggesellenabschied nicht mehr das Tattoostudio besuchen dürfen. Priest
    RED RIDING HOOD – UNTER DEM WOLFSMOND
(RED RIDING HOOD)
    USA/Kanada 2011 · Regie: Catherine Hardwicke · Darsteller:
    Amanda Seyfried, Gary Oldman, Billy Burke, Virginia Madsen, Lukas Haas, Julie Christie

     
    Niemand war überrascht, als Regisseurin Catherine Hardwicke ( Twilight ) antrat, um sozusagen die Twilight -Version des Märchens von Rotkäppchen und dem bösen Wolf auf die Leinwand zu hieven. Erfolg garantiert? Könnte man sagen. Der Film spielte weltweit immerhin das Doppelte seines 42-Millionen-Dollar-Budgets ein, während Sarah Blakley-Cartwright mit dem Buch zum Film sogar einen vorübergehenden New-York-Times -Bestseller im Jugendbuchbereich landete.
    Mit viel Wohlwollen könnte man sogar argumentieren, dass Red Riding Hood eines der bekanntesten Märchen schlechthin für die Anforderungen einer neuen Zielgruppe aufbereitet und wieder zugänglich macht. Die Wahrheit klingt naturgemäß weit weniger schön. Letztlich ist der Streifen nichts anderes als der Versuch, im Windschatten der profitablen Twilight -Saga eine weitere Dark-Fantasy-Romanze für die Liebeshungrigen zu inszenieren. Andererseits hat Rotkäppchen seit der düsteren Interpretation in Zeit der Wölfe von 1984 schon allerhand eigenwillige Adaptionen und Ansätze gesehen, egal ob Low-Budget-Gangster-Parodie oder Trickfilm-Krimi-Komödie. Eine weitere Adaption stört da eigentlich
niemanden, selbst wenn es eine schrecklich vorhersehbare Schnulze in viel zu hübschen Bildern geworden ist. Trotzdem hinterlässt es irgendwie einen schalen Beigeschmack, wenn jetzt schon ein Märchenklassiker gewaltsam ins Twilight -Muster gepresst wird. Da helfen auch Amanda Seyfried und Gary Oldman nichts.
    Wenn der Wolf nicht bald mal kommt, geh ich wieder heim. Red Riding Hood – Unter dem Wolfsmond
    Ein filmisches Meisterwerk haben wohl aber nicht einmal die Beteiligten erwartet. Wer sich nun also mit großen Augen über große Zähne wundert, verläuft sich vermutlich auch regelmäßig im Wald.
    Christian Endres
    RUBBER
    Frankreich/Angola 2010 · Regie: Quentin Dupieux · Darsteller: Stephen Spinella, Roxane Mesquida (DVD-Premiere)

     
    In der Geschichte des Horrors gab es schon eine ganze Reihe diabolischer, oftmals sogar geradezu mörderischer Fahrzeuge. Wer hätte bei aller Absurdität und Kreativität aber je ernsthaft daran zu glauben gewagt, dass ein einzelner Autoreifen einmal zum Killer werden könnte?
    Genau das passiert jedoch in Quentin Dupieux’ schrägem Horror-Movie Rubber , der auf diversen Filmfestivals von Cannes bis Montreal für einigen Aufruhr gesorgt hat. Zurecht: Die Geschichte des französischen Multitalents ist ohne Frage ziemlich dämlich – und gleichzeitig mindestens so originell wie experimentell. Zudem muss man neidlos anerkennen, dass die handwerkliche Inszenierung der Reifenmorde in der kalifornischen Wüste ausgesprochen gut sitzt. Und natürlich hat Regisseur und Drehbuchautor Dupieux auch sein musikalisches Alter Ego Mr. Oizo in sein Filmwerk einbezogen und liefert somit auch den Soundtrack zum abgefahrensten Horrorstreifen der Saison, der irgendwann fast folgerichtig einfach zu dick aufträgt und jede Barriere von Sinn und Verstand hinter sich lässt.
    Selbst das fünfte Rad hatte genug von ihm gehabt. Rubber

    Sei’s drum. Dieser Reifen hat Profil. Wer allerdings dem Flat-Beat-Phänomen vor über zehn Jahren schon nichts abgewinnen konnte, sollte um den mordlüsternen Reifen lieber gleich einen weiten Bogen fahren.