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Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Titel: Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha u. a. Mamczak
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Jahren ihres Bestehens zwei Spiele, die heute noch als Klassiker gelten: Rez und Space Channel 5 . Beides Mizuguchi-Werke.
    Ulala, Heldin von Space Channel 5 (rechts im Hintergrund: Michael Jackson)

    Space Channel 5 ist auf den ersten Blick reichlich albern, auf den zweiten Blick wahnsinnig charmant: Eine Weltraumreporterin namens Ulala ist die einzige Rettung der Menschheit. Mit ihren Tanzschritten muss sie knuffige Aliens besiegen und Geiseln befreien. Sie tritt in einem orangefarbenen Minikleid auf und hat lila Haar, das mit hellblauen Schleifchen zu Zöpfen gebunden ist. In der organischen Sechzigerjahre-Architektur von Pierre Cardins Palais Bulles würde sie überhaupt nicht auffallen. Getanzt wird, indem man die Knöpfe des Spielecontrollers in einer vorgegebenen Reihenfolge und im Rhythmus der Musik drückt. Gewinnt Ulala, tanzen die Geiseln mit ihr durch den Raum. Macht sie einen falschen Schritt, stöhnen alle gequält auf. »Ich hatte den Auftrag, ein Spiel für Hardcore-Spielerinnen zu entwickeln«, erzählt Mizuguchi, »was auch immer Hardcore-Spielerinnen sein sollen.« Das Gute an so einem Auftrag: Man kann ihn selbst definieren. Mizuguchi macht genau das und denkt sich ein Musikspiel im Sixties-Bubblegum-Science-Fiction-Design aus. Natürlich verkauft es sich nicht, auch wenn es zum Kritikerliebling wird. Aber wer es spielt, verliebt sich sofort in Ulala. Bis heute hat sie eingeschworene Fans. Und das liegt nicht unbedingt an einer kuriosen Unterstützung aus den Reihen der Prominenz.
    »Kurz bevor wir Space Channel 5 fertiggestellt haben, rief mich unser amerikanischer Produzent an und sagte, dass Michael gerne im Spiel sein möchte. Michael?, fragte ich, welcher Michael? Michael Jackson, wer sonst?« Mizuguchi war sprachlos und baute dennoch in Rekordzeit eine Michael-Jackson-Figur ins Spiel ein, inklusive entsprechender Tanzschritte im Thriller -Stil. Im Nachfolger Space Channel 5 Part 2 wurde Jackson als »Space Michael« sogar zu Ulalas Chef. Was heute Millionen verkaufte Spiele garantieren würde, war damals Kassengift, in Großbritannien wurde das Spiel gar nicht erst veröffentlicht. Michael Jackson stand unter dem Verdacht, Kinder missbraucht zu haben. Später wurde er zwar in allen Punkten freigesprochen, doch als Space Channel 5 Part 2 erschien, befand er sich an einem Tiefpunkt seiner Karriere.
    Weil bei Sega nur auf Space Channel 5 geschaut wurde, hatte Mizuguchi Raum für ein anderes Projekt, das er nahezu unbemerkt entwickeln konnte. Das Spiel, das ihn zu einem der wichtigsten
Entwickler des letzten Jahrzehnts machen sollte, das Spiel, mit dem er seine Vision vom Kandinsky-Game umsetzte: Rez . »Wir haben einfach niemandem gesagt, dass wir daran arbeiten«, erzählt er. Denn trotz aller Lust am Experiment konnte er sich ausrechnen, dass Sega die Entwicklung von Rez sofort eingestellt hätte. Es ließ sich keiner Kategorie zuordnen, stand optisch und spielerisch allein. »Weil es fertig war, als wir es Sega präsentierten, haben sie es herausgebracht. Einen Prototypen hätten sie sofort einstampfen lassen. Doch eigentlich wundere ich mich immer noch, dass es jemals erschienen ist.«
    Im Grunde ist Rez ein simples Spiel, das seine Mechanik von alten Spielhallen-Shootern entliehen hat, sogenannten Railshootern. Wie auf Schienen wird die Spielfigur durch die Level geführt, die einzige Aufgabe des Spielers besteht darin, auf alles zu schießen, was sich bewegt. In Rez wird dieses Konzept auf das Innere eines Rechners namens Eden übertragen, der das Wissen der Welt sammelt und in einem Anfall von Selbstzweifel beginnt, sich selbst abzuschalten. Als Hacker hat man nun die Aufgabe, eben das zu verhindern, die Selbstabschaltung zu unterbinden. Man dringt ins Innere des Computers ein, gleitet auf den Datenbahnen dahin und schießt auf Viren und andere Funktionen des Programms, bis man schließlich in den Kern eindringt, wo man massive Gegner bekämpfen muss.
    Rez pulsiert, malt abstrakte Formen und Farben, die zum einen an Tron , zum anderen an Techno-Videos erinnern. Dazu hört man Musik von Techno-Künstlern wie dem Japaner Ken Ishii oder dem deutschen Klangprojekt Oval. Das Besondere daran: Je nach Spielweise verändert sich die Musik. Je nachdem, ob man einen Gegner nach dem anderen eliminiert oder alle gleichzeitig markiert und abschießt, klingt sie anders. Je besser man ist, desto mehr Instrumente kommen hinzu. Ist es am Anfang nur die Bassdrum, die den Rhythmus vorgibt, so schalten sich

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