Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012
nach und nach Bass und Synthesizer ein, bis man schließlich in einem Strom von Bild und Musik versinkt.
Rez definiert eine neue Art von Spiel auf der Grenze zwischen interaktiver Kunst und Videogame. Es betört die Sinne und wird von vielen Clubgängern zum Entspannen nach einer lauten Nacht
genutzt. Daneben gibt es aber noch eine ganz andere Einsatzmöglichkeit, denn Mizuguchi hat ein Zubehörteil entwickelt, das Verblüffen und Entzücken hervorruft: den sogenannten Trance Vibrator, ein längliches Plastikteil, das im Rhythmus der Musik pulsiert. Laut Mizuguchi kann man sich draufsetzen und bekommt so noch weitere Impulse, diesmal körperlicher Natur. Dass der Name eine weitere Nutzungsart nahelegt, bestreitet er erst einmal. So sei das Gerät nicht gemeint. Genutzt wird es aber so, wie einige Blogeinträge begeisterter Frauen zeigen. Der Trance Vibrator ist ausschließlich in Japan erschienen und nur in geringen Stückzahlen im Westen gelandet. Wer den Effekt testen möchte, kann sich die 2008 für die Xbox 360 erschienene HD-Version von Rez besorgen. Hier dient ein zweiter Controller als Vibrator, dessen Form jedoch nicht ganz so anschmiegsam ist wie die des Originals.
Kandinsky als Videospiel: Tetsuya Mizuguchis Meisterwerk Rez
Rez wird von den Kritikern geliebt, floppt an der Ladentheke, entwickelt sich aber zum Kultspiel, das bis heute regelmäßig in den Listen der besten Spiele aller Zeiten auftaucht. 2012 wird es bei der Ausstellung »The Art of Videogames« im Smithsonian Art Museum in Washington präsentiert. United Game Artists hilft das
nicht. Die Abteilung wird aufgelöst und dem Sonic Team zugeordnet, einer anderen Entwicklungsabteilung von Sega. Sonic steht in diesem Fall für Segas Wappentier, den superschnellen blauen Igel Sonic, der nur so durch die Level rast und in gefühlten zweihundert Spielen auftaucht. Die Entwicklung ist Fließbandarbeit, oft uninspiriert, aber mit großer Fanbasis. Hier soll Mizuguchi mittun. Er will nicht, verlässt Sega und gründet 2004 sein eigenes Studio: Q? Entertainment. Die ersten Projekte zielen auf PlayStation Portable (PSP) und Nintendo DS, die gerade veröffentlichten neuen tragbaren Konsolen von Sony und Nintendo.
Lumines heißt der Titel für die PSP, ein großartiges Spiel, das inzwischen für viele verschiedene Systeme erhältlich ist. Es nimmt Elemente aus Rez , namentlich die abstrakten Formen und die einzigartige Verknüpfung von Musik und Spielweise, und verbindet sie mit einem Puzzlespiel, das sich bei Tetris und anderen Formenpuzzlern bedient: Quadratische Blöcke, die in vier verschiedenfarbige Elemente aufgeteilt sind, müssen so zusammengefügt werden, dass einfarbige Flächen entstehen, die sich dann auflösen. Was simpel klingt, ist vor allem durch den Farben- und Klangrausch schwierig, der einen immer wieder vom Puzzeln ablenkt, manchmal aber auch in eine besonders konzentrierte Stimmung versetzt. Meteos für Nintendos DS funktioniert ähnlich: Verschiedene Blöcke müssen in Reihen von mindestens drei Stück angeordnet werden, damit sie verschwinden. Je besser das gelingt, desto treibender die Musik. Wichtiger für Mizuguchi werden aber andere Projekte. Zum einen die Rettung von Rez vor dem Vergessen: Er kauft Sega die Rechte am Spiel ab und beginnt mit der Arbeit an einer HD-Version, die schließlich Anfang 2008 als Download für die Xbox 360 erscheint. Zum anderen bereitet Mizuguchi etwas ganz anderes vor.
Hypnotisches Klötzchenschieben: Lumines
Am 7. Juli 2007 findet eines der größten Konzerte der Welt statt, auf allen Kontinenten zugleich: Live Earth heißt es. Von der Forschungsstation in der Antarktis, in der eine Band aus Wissenschaftlern spielt, bis ins Londoner Wembley Stadion, wo unter anderem Madonna, Metallica und die Beastie Boys auftreten. Das Ziel: Bewusstsein für den Klimawandel zu schaffen und Geld zu sammeln. Kein Wunder, denn Initiator der Veranstaltung ist der ehemalige amerikanische Vizepräsident und Umweltaktivist Al Gore. »Er war sehr nett und hat alles geduldig ertragen.« Das ist es, was Tetsuya Mizuguchi zu Al Gore einfällt. Nur zufällig kommt das Gespräch auf das Konzert und vor allem auf seine Rolle dabei. Mizuguchi ist bescheiden, er möchte nicht angeben mit seinen Leistungen. Dabei hatte er großen Anteil an der Veranstaltung: Er hat die holografische Projektion von Al Gore erstellt, die zum Beispiel das Konzert in Tokio eröffnete, Hand in Hand mit Lumi, der Sängerin der Genki Rockets. Lumi
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