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Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Titel: Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha u. a. Mamczak
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scheinbar verwirrtem Zustand Selbstmord begeht, wird sein engster Vertrauter Fred Stiller (Klaus Löwitsch) unter Billigung von IKZ-Chef Siskins (Karl-Heinz Vosgerau) zu seinem Nachfolger. Doch Stiller gibt sich nicht mit Halbwahrheiten oder Beschwichtigungen zufrieden, er will den Dingen entschlossen auf den Grund gehen. Als vor seinen Augen der Sicherheitsbeauftragte des Instituts Günther Lause (Ivan Desny) spurlos verschwindet, als habe ihn Simulacron einfach wegrationalisiert, wird er noch unruhiger. Ist er vielleicht selbst schon Teil eines eigenmächtige Entscheidungen treffenden Programms – denn an den Verschwundenen erinnert sich kein Mensch mehr? Sind es die anderen? Eine beängstigende Parallele zur Innenwelt des Rechners, und nicht die einzige. Wird der echte Stiller als unliebsamer Mitwisser nicht selbst zur Gefahr, die schleunigst aus der Welt geschafft werden muss? Nur Vollmers Tochter Eva (Mascha Rabben) bestätigt seine Ängste und Vermutungen. Ihr Vater musste sterben, weil er als Erster Simulacrons wirklichem Zugriff auf die Realität auf die Schliche kam. Eva selbst ist die Projektion einer Eva aus der Realität, selbst Stiller ist noch etwas anderes als sein eigener Doppelgänger …
    Simulacrons wie in The Prisoner oder Videodrome : Grausam primitive Technik katapultiert uns lange vor dem Inkrafttreten derartiger Entwicklungen im Genre auf virtuelle, tückische Spielwiesen, ohne deren Tücken anheimzufallen
    Aus heutiger Sicht ist es einfach, Fassbinders Meisterwerk als Prototypen zukünftiger Meilensteine des Genres zu diagnostizieren. Stillers Existenz, Identität und Handeln erinnern an Harrison Fords vielleicht nicht in letzter Konsequenz künstlichen Rick Deckard in Blade Runner (1982), sein Bewegungsradius ist begrenzt wie der Jim Carreys in Peter Weirs furchteinflößend zahmer Truman Show (1998), wenn scheinbar reale Straßen plötzlich im Nichts enden. Wie James Woods’ Max Renn in David Cronenbergs Cyber-Thriller Videodrome (1983) droht er am Ende zum Neuen Fleisch zu werden, und welche Rolle Mascha Rabbens undurchsichtiger Eva zukommt, ist so rätselhaft wie Cronenbergs scheinbar auf unterschiedlichen Ebenen kommandierende Damenwelt aus Bianca O’Blivion und Debbie Harrys Nicki Brand. Es gibt weitere Parallelen zu solch prominenten Eckpunkten und Edelpackungen des Genres wie Invasion of the Body Snatchers (1956), Futureworld (1976), Tron (1982), The Forbin Project (1969), eXistenZ (1999), Andrew Niccols S1mone (2002) mit seinem Ineinandergreifen realer und simulierter Welten,
Avatar (2010), Matrix (1999) oder selbst Men in Black (1997), wenn Figuren, die scheinbar ihren Dienst absolviert haben, einfach »ausgeknipst« werden.
    Und doch stehen hinter Welt am Draht weitaus übergreifendere, alltäglichere, interessantere Fragen. Existiere ich überhaupt, und was bedeutet das? Wer ist künstlich, wer echt, wer entscheidet das? Wer ist sich selbst bewusst, wer bestimmt, was wir denken? Verweist der Name Stiller nicht allein schon auf Max Frisch? Welche Realität ist die reale? Gibt es sie überhaupt, gibt es mehrere, gibt es mehrere gleichzeitige oder gleichrangige? Wie wichtig sind sie? Können wir sie überhaupt orten oder unterscheiden? Ist nicht allein die Tatsache, dass es Stiller mehrfach zu geben scheint, ein Hinweis darauf, dass er in sich gespalten, dass er über sich selbst im Unklaren ist? Sind nicht allein schon die Titel von Fassbinders Filmen wie Liebe ist kälter als der Tod oder Ich will doch nur, daß ihr mich liebt an sich widersprüchlich, paradox? Bildet Welt am Draht nicht allgemein unser gesamtes menschliches, existenzielles Drama, unser Dilemma ab? Sind wir überhaupt in der Lage, unsere Rolle im Weltgefüge zu erkennen oder selbst zu bestimmen? Was ist noch verantwortbar oder erkennbar in einem Zeitalter der Nachahmung wie dem unsrigen? Sind nicht unsere gesamten menschlichen Eigenschaften, unser gesamtes Verhalten, von vorneherein determiniert? Wer ist oder wird durch wen oder was beeinflusst? Welcher Trick, welcher Zweck, welche Absicht steckt wirklich hinter naturgegebenen Täuschungen? Allein die Artikulation derartiger Fragen oder auch Fassbinders Happy End, das gar keines sein kann, machen Welt am Draht zu einem ungemein offenen, fruchtbaren Gelände, über das kein anderer Science-Fiction-Film verfügt, auf dem es genauso gut um Systemkritik, Psychologie, Drama oder Film an sich gehen könnte.

    Simulacron scheint uns zu steuern, wenn er menschliches

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