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Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Titel: Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha u. a. Mamczak
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Aussehen und Muster studiert – eine Vorwegnahme von Max 404s Beschäftigung mit humanoiden Objekten in Android (1982). Fassbinder schaltet Glas zwischen uns und Barbara Valentin, als wolle er uns vor zukünftigen Entwicklungen warnen. Oder vor uns, vor der Art, wie wir die Dinge betrachten und dennoch nicht sehen können.
    Fassbinders unterkühlte Charaktere, seine eisigen Industriediktate und künstlichen Paläste, seine abschreckenden, menschenverachtenden Shopping-Malls, Millionärsvillen, Büroräume und steil in den Himmel ragenden Wohnsilos in Pariser Vorstädten, seine Maßanzüge, Glas- und Betonbauten, Lichtjahre entfernt von jeder Form von Menschlichkeit, sind wie in Godards Lemmy Caution Science Fiction aus der Realität. Welche übergeordnete, alles regelnde Macht oder Instanz zuletzt die Fäden zieht, ist so irreal wie das völlig anonyme, aber ungemein reale Wirtschafts-/Industriemonster
in Sidney Lumets Network (1976), so brandgefährlich wie Alain Delons unbekannte Auftraggeber im klassischen französischen Film noir Le Samourai (1967) von Fassbinder-Vorbild Jean-Pierre Melville. Wie bei Antonioni bekommen wir noch nicht einmal zur Hälfte mit, was in und um uns herum passiert. Es gibt kein Entkommen aus dem menschlichen System, aus dem Gefängnis einer wie auch immer echten Wirklichkeit. Godard/Fassbinder haben keinen echten Bedarf an den Errungenschaften des Genres, um die Entfremdung durch eine heutige oder zukünftige Realität, symbolisch erkennbar in spiegelnden Tischplatten, Reflektionen in Reflektionen oder längst überzogenen, fest etablierten modischen Erscheinungen, sichtbar zu machen. Für Fassbinder wie für uns kann die Zukunft mit ihren irritierenden, monströsen Halbwelten und Erscheinungen wie dem Internet nur ein weiteres Gefängnis der Gegenwart sein, nichts anderes als ein Spiegel unserer ureigenen Sichtweisen, fest installierten immerwährenden Probleme und sattsam bekannten Identitätskrisen und Neurosen jenseits jeder Form von Realität.
    Peter M. Gaschler ist Journalist und Experte für das phantastische Kino.

Heinrich Steinfest wurde 1961 in Australien geboren; er wuchs in Wien auf und lebt heute als Österreicher in Stuttgart. Die Geburt in Australien hatte ihren Grund im Auswanderungswunsch seiner Eltern. Zu Beginn der Sechzigerjahre war Australien neben Kanada ein bevorzugtes Emigrationsziel für Österreicher. Treibende Kraft für die Übersiedlung in das große Land im Süden war der Vater, die Mutter hingegen war weniger abenteuerlustig, zudem schwanger, und der ferne Kontinent war nur über den mühsamen Landweg zu erreichen.
    Nach der Rückkehr nach Österreich war es der Vater, der den Australien-Bezug aufrechterhielt. Nicht jedoch den Bezug zum Sohn, der bei seiner Mutter aufwuchs, einer späteren Malerin, in ihren Motiven klassisch orientiert: Naturmotive, Blumen.
    Dank seiner Mutter fühlt Heinrich Steinfest sich durch Wien geprägt; den Ort seiner Geburt hat er bis heute noch nicht wieder aufgesucht. Aufgewachsen ist er in einem Mittelstandsmilieu, in dem sich – anders als heute – die unterschiedlichsten Menschen trafen. Seine Großmutter betrieb ein Wirtshaus, gewissermaßen der Ereignishorizont eines kabinettartigen schwarzen Lochs.

    Steinfest hat seine Kindheit und Jugend in einem Haushalt verlebt, der ihm eine bildungsbürgerliche Rüstung ersparte (ohne ihn gleich zu verblöden). Religion spielte keine Rolle: Man war weder gläubig noch positionierte man sich lautstark atheistisch. Religion erlebte Steinfest in der Schule deswegen als Neuland, auf das er Neugierde verspürte. Bis heute fischt er ungetauft im Religiösen.
    Auch die Literatur wurde zu einem Erlebnis, einem Aha-Erlebnis: Freiwillig und achtzehnjährig traf er auf die Texte Kafkas, die ihm zeigten, dass sich mit Literatur das Negative im Leben wenn schon nicht vernichten, so doch bannen lässt. Kafkas Literatur erbaut nicht und redet nicht schön, aber sie zeigt, so Steinfest, dass das Unerträgliche in der Welt, das Institutionelle, Einrichtungen wie die Schule und das Amt, erträglich werden durch Geschichten, die man über sie erzählt.
    Heinrich Steinfest
    Seit vielen Jahren erzählt nun auch Heinrich Steinfest Geschichten. Er ist mehrfach mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet worden; 2009 erhielt er auch den Stuttgarter Krimipreis sowie 2010 den Heimito-von-Doderer-Literaturpreis. Im Jahr 2006 wurde sein Roman »Ein dickes Fell« für den Deutschen Buchpreis

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