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Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Titel: Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha u. a. Mamczak
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das Jahre dauern – und dann auch noch schiefgehen.« Erst einmal aber geht für id Software etwas anderes schief – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. Sie
werden von Jungstars zum personifizierten Bösen. Weil sie für eine schreckliche Tat verantwortlich gemacht werden.
    Von Columbine bis Rage
    Am 20. April 1999 betreten Dylan Klebold und Eric Harris die Columbine High School in Littleton im US-Bundesstaat Colorado, ziehen Waffen und schießen um sich. Der bislang blutigste Amoklauf an einer amerikanischen Schule nimmt seinen Lauf. Nach einer Stunde sind 13 Menschen tot und 24 schwer verletzt. »Es wird sein wie in Doom «, hat einer der beiden zu Beginn der Schießerei gesagt. Für die meisten Medien ein gefundenes Fressen. So konnten Spiele an dem Massaker schuld sein, nicht Waffengesetze, die es den beiden erst möglich gemacht hatten, an Gewehre und Pistolen zu kommen, nicht eine Schulkultur, in der die Starken immer recht haben. Auf einmal waren id Software die Bösen.
    »Hätte ich für einen Moment geglaubt, dass unsere Spiele so etwas verursachen, ich hätte sofort aufgehört, sie zu machen«, sagt Carmack. »Columbine und Doom haben einer Menge Leute die Möglichkeit gegeben, im Fernsehen aufzutreten und sich wichtig zu machen. Mich hat das wenig gestört.« Manchmal aber gerät er ins Zweifeln: »Ich habe immer wieder Momente, in denen ich überlege, ob wir nicht die ganze Technik, die wir haben, für etwas gesellschaftlich Gutes verwenden können. Aber letztlich tun wir das ja: Wir bieten den Leuten gute Unterhaltung an, machen ihr Leben bunter.« Und zusätzlich animieren sie die Leute dazu, zu arbeiten, damit sie sich diese Freizeitbeschäftigung leisten können. Dann schiebt er noch eine Anekdote nach: »Ich war bei einem Dinner und habe mich mit einer Wissenschaftlerin
der NASA unterhalten. Sie hat mich gefragt, warum wir in unseren Spielen nicht wissenschaftlich korrekter sein können, sodass die Spieler wenigstens ein wenig lernen können. Ich habe genickt. Kurze Zeit später habe ich dann das Intro von Rage gesehen, unserem neuesten Spiel, und wusste genau, was die Dame meinte.« In der Sequenz fliegt ein Asteroid durch die Saturnringe, prallt vom Mond ab, schlägt schließlich auf der Erde ein und löscht dadurch das meiste Leben aus. »Ich habe nur mit den Augen gerollt und gedacht: So etwas machen Asteroiden nicht. Wo sie aufkommen, wird alles vernichtet, sie sind keine hüpfenden Steine. Aber zum Glück bin ich nicht der Produzent.« Er ist nur der Ingenieur.
    Und der muss sich in den Zweitausenderjahren umstellen. Die Computertechnik wird komplexer, eine Engine zu schreiben dauert viel länger als noch fünf Jahre zuvor. Id Software muss sich einschränken. Nur noch wenige Spiele erblicken das Licht der Welt: Quake III Arena , ein reines Multiplayerspiel, und Doom 3 , das vor allem durch seine grandiose Grafik auffällt, spielerisch aber wenig Neues bietet. »Ich erinnere mich noch an den Moment, in dem ich zum ersten Mal die neuen Schattenwürfe auf den Gesichtern gesehen habe«, erzählt Carmack begeistert. Es ist einer der Momente, die ihn stolz machen auf seine Arbeit. Seitdem hat er an Rage gearbeitet, beziehungsweise an einer neuen Engine. »Es ist wahrscheinlich die letzte Engine, die ich von Grund auf neu geschrieben habe«, sagt er. »Wir können es uns einfach nicht mehr leisten, sechs Jahre lang nur an der Technik zu arbeiten.«
    Multiplayer-Schlachten: Quake III Arena
    Rage ist ein typisches id-Software-Spiel geworden: schnell, direkt, hart, mit treibender Musik und Science-Fiction-Thema. Die Welt nach der Apokalypse und die Überlebenden, die in Mad-Max -Manier gegeneinander kämpfen. Ein zugleich altmodisches und richtungsweisendes Spiel, ein Spiel, wie Carmack es mag, ohne große Schnörkel, aber dafür mit überwältigender Grafik und direktem Gameplay. So wie vor zwanzig Jahren, als er ein kleines Plastikgewehr in ein Spiel eingebaut hat.
    Die künstliche Realität
    Eigentlich wäre das ein guter Abschluss der Geschichte gewesen. Doch knapp ein Jahr nach dem Besuch in Dallas treffe ich John Carmack wieder, in einem kleinen Raum am Stand seiner Firma auf der E3, der bedeutendsten Videospielmesse der Welt, die jährlich im Juni in Los Angeles stattfindet. Carmack hat etwas mitgebracht. Zunächst unscheinbar, wird es zur Entdeckung der Messe.

    »Nachdem ich Rage fertiggestellt hatte, wollte ich mich mal wieder einfach mit Technik beschäftigen, basteln«, sagt er.

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