Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012
durch Labyrinthe laufen und Horden aus der Hölle bekämpfen müssen. Mit Pistolen, Gewehren, Kettensägen und der beliebten BFG 9000, der Big Fucking Gun. Hart, dreckig und laut ist Doom , mit den niedlichen Commander-Keen -Abenteuern hat es nichts mehr gemein. Doom ist Heavy Metal, Comic und Science Fiction.
Doom ist schnell, direkt und knallig. Doom ändert alles. Sowohl in Sachen PC-Spiele, wo Ego-Shooter auf einmal zum alles überragenden Genre aufsteigen, als auch bei den Jungs von id Software, die plötzlich auf dem besten Weg sind, Millionäre zu werden. Denn Doom verkauft sich. Schnell und viel. Wer in den Neunzigerjahren ein Rechenzentrum an einer beliebigen Universität aufsucht, findet dort fast immer Doom -Spieler. Schließlich haben die Universitäten gute Netzwerke und die besten Rechner zu bieten. Und die Administratoren lieben Doom , denn sie können ihr ganzes Talent in die Waagschale werfen, um die Spiele zum Laufen zu bringen und das Netzwerk zu testen.
Inhaltlich ist Doom ein Witz: Als namenloser Space-Marine metzelt man sich durch Horden von Gegnern, um die Dämonen in die Hölle zurückzuschicken und sie daran zu hindern, die Erde zu überfallen. Alles egal, denn Doom will keine Geschichten erzählen, sondern Action bieten. Will den Adrenalinausstoß erhöhen, schockieren und Herzrasen verursachen. »Storys in PC-Spielen sind wie Storys in Pornos«, sagt Carmack. »Man braucht sie, aber sie sollen auch nicht vom Wesentlichen ablenken.« Das ist ein Motto, nach dem id Software bis heute Spiele produziert. Auch in Rage , ihrem neuesten Spiel, ist die Geschichte Nebensache.
Urknall der Ego-Shooter: Doom
Ein Jahr nach Doom erscheint Doom II . Mit noch größerem Erfolg als sein Vorgänger. Inzwischen ist die Arbeitsteilung bei id Software klar: Tom Hall designt die Spiele, Adrian Carmack macht die Grafik, John Romero baut die Level, und John Carmack programmiert. Letzterer zieht sich zunehmend auf diese Aufgabe zurück. Die inhaltliche Gestaltung des Spiels interessiert ihn immer weniger. Die Hauptsache: Es muss flüssig laufen.
»Ich bin Ingenieur«, sagt er, »mir geht es darum, Probleme zu lösen.« Carmack braucht neue Herausforderungen, ist gelangweilt, wenn er immer das Gleiche tun muss. Und das muss er, denn id Software entwickelt sich zu einer Firma, die nicht nur Spiele programmiert, sondern ihre Engines zusätzlich lizenziert, sie für eine bestimmte Summe anderen überlässt, die dann ihre Spiele darauf aufbauen können. »Ich wollte das nie«, sagt er heute, »es hat mir zu viele Freiheiten genommen.« Denn wenn viele Studios mit seiner Technik arbeiten, kann er nicht mal eben neuen Code einbauen. Es sei schlimm genug, wenn sich die Leute im eigenen Haus auf Änderungen einstellen müssten, zahlenden Kunden könne man das nicht antun. Es sind irrsinnige Summen, die id Software für ihre Engines verlangt, teilweise im hohen sechsstelligen Dollarbereich. »Das sollte abschreckend wirken, weil wir das wirklich nicht wollten. Aber die Leute haben das einfach bezahlt.« Und so findet sich der
Code von Carmack in Spielen wie Half-Life , Call of Duty oder Medal of Honor wieder. Und das macht ihn dann doch ein wenig stolz.
Quake und der Bruch
Monster aus den Büchern von H. P. Lovecraft, Musik von den Nine Inch Nails und Gameplay aus Doom : Quake ist ein merkwürdiges Spiel. Im Sommer 1996 erschienen, mischt es den Science-Fiction-Horror von Doom mit mittelalterlich anmutenden Levels und setzt auf eine möglichst düstere Atmosphäre. Quake wirkt nicht wie ein Spiel, das an einem Stück entstanden ist, sondern wie eine Sammlung verschiedener Ideen, die nur lose verknüpft sind. Und genau das ist es auch.
Inzwischen sind die Egos bei id Software sehr groß geworden. Die Designer streiten untereinander über die Richtung und scheinen sich schließlich darauf zu einigen, dass jeder einen eigenen Teil des Spiels gestalten kann. Doch die wilde Mischung kommt gut an, Quake verkauft sich hervorragend, gilt als weiterer Klassiker. Sein großes Verdienst: Spielen im Internet populär zu machen. Wenn Doom das Netzwerkspiel durchgesetzt hat, erreicht Quake das Gleiche fürs Internet-Gaming. Carmack ist noch heute stolz auf das, was er geleistet hat. Einen Online-Code zu schreiben, der es ermöglicht, schnelle Matches gegeneinander zu spielen, war bei der geringen Bandbreite, die den Spielern damals zur Verfügung stand, eine Herausforderung. Aber anders ging es nicht: Das Spielerlebnis musste
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