Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012
flüssig sein. Jedes Nachladen, jede Verzögerung konnte den Tod einer Spielfigur bedeuten. Wer beschossen wird, muss reagieren, und zwar schnell. Im Onlinespiel zählen Bruchteile von Sekunden.
Carmack löste das Problem, Quake wurde zu einem der beliebtesten Onlinespiele. Selbst heute legen Fans noch die eine oder andere Runde Quake ein.
In Quake blasen Monster verschiedenster Herkunft zur Attacke
Für Romero ist Quake das letzte Spiel für id Software. Gemeinsam mit Tom Hall verlässt er die Firma. Beide gründen bald darauf Ion Storm, ein ambitioniertes Studio, das im Größenwahn untergehen wird. Romero trägt dazu bei. Denn er entwickelt Daikatana , ein Spiel, das jahrelang nur als Ankündigung existiert, von großen Sprüchen begleitet wird und schließlich doch nicht so gut ist, wie Romero glauben will. Im Gegenteil: Es ist ein äußerst mittelmäßiger Ego-Shooter mit einigen guten Ideen, die aber schlecht umgesetzt sind. Id Software profitieren trotzdem von Romero. Er lizenziert erst die Quake -Engine und einige Zeit später die Quake-II -Engine – die neueste Engine von Carmack, die führende,
die beste. Romero dagegen verschwindet erst einmal aus der öffentlichen Wahrnehmung, taucht nur noch bei Affären mit Playmates auf. Inzwischen produziert er Handy-und Facebook-Spiele. Carmack aber macht ohne ihn weiter.
Spiele und Raketen
Wenn Carmack ins Reden kommt, schweift er ab, erzählt von Frames, von Shadern und anderen Dingen, die Laien nicht kennen. Das weiß er auch: »Die Spieler sind nicht an Mathematik und der Schönheit von Algorithmen interessiert, sondern daran, dass das Spiel flüssig läuft.« Es soll keine Grenzen zwischen Spieler und Spiel geben, die Erfahrung muss unmittelbar sein. Spieler sollen möglichst tief ins Spiel eintauchen, auch wenn heute wahrscheinlich niemand mehr vor Schreck vom Stuhl fällt. Mit Quake II versuchte er es wieder, wollte noch realistischere Grafik schaffen, noch besser werden. Quake II war im Grunde eine Rückkehr zu Doom , die nur noch wenig mit Quake zu tun hatte. Ein präventiver Angriff auf den Planeten Strogg schlägt fehl, und der Einzige, der die Erde noch vor der Vernichtung durch die Stroggs retten kann, ist der Spieler. Natürlich. Ein Science-Fiction-Szenario wie so viele andere. »Wir waren immer von Science Fiction beeinflusst«, sagt Carmack, »aber diese Welten waren auch aus ganz anderen Gründen praktisch.« Als Quake II 1998 erschien, hätte kein Ego-Shooter in einem Wald spielen können. Das hätte niemand ernst genommen, die Grafik gab es einfach nicht her. Es hätte lächerlich ausgesehen. Karge, fremde Planeten konnte man dagegen hervorragend darstellen. »Bei jedem Spiel kommt es von Neuem darauf an, sich anzuschauen, welche Ressourcen man zur Hand hat und wie man sie einsetzt.« Darin ist Carmack zum Meister
geworden. Er findet Mängel und weiß, wie man sie umgeht.
Manchmal klingt es, als wären es nicht die Spiele, die er spannend findet, sondern der Code, aus dem die Spiele bestehen. »Stimmt«, sagt er dazu, »ich löse gerne Probleme, komplexe Aufgaben. Und Spiele sind nun einmal das Komplexeste, was man als Programmierer machen kann.« Mit weitem Abstand vor Finanzsoftware für Börsenplätze. Und mit noch weiterem Abstand vor seiner anderen Leidenschaft. »Spiele zu programmieren, ist weitaus komplexer als Raketen ins All zu schießen«, sagt er. Er benutzt den Begriff rocket science , Raketenwissenschaft, der im Englischen gerne für etwas gebraucht wird, das unsagbar komplex ist. Meistens, um auszudrücken: Das ist doch nicht so kompliziert wie Raketenwissenschaft! Doch Carmack meint es ernst, er baut tatsächlich Raketen. Mit seiner anderen Firma: Armadillo Aerospace, benannt nach dem Gürteltier, dem Wappenzeichen von Texas.
Armadillo Aerospace will Suborbital-Raketen für den Weltraumtourismus entwickeln, bisher sind allerdings nur Testraketen von einem Weltraumbahnhof in der Wüste New Mexicos aus abgeschossen worden. Die Idee, Raketen in den Weltraum zu schicken, fasziniert Carmack: »Es ist eine ganz andere Arbeit, aber trotzdem hat sie sehr viel mit Programmierung zu tun.« Mit der Art und Weise, wie man sich einem Problem methodisch nähert und immer wieder Neues testet, bis es funktioniert. Einen großen Unterschied aber gibt es: »Die Dauer zwischen dem Erkennen eines Problems und seiner Lösung ist viel größer. Wenn ich programmiere, kann ich sofort testen, ob etwas funktioniert oder nicht. Bei einer Rakete kann
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