Heyne Galaxy 01
Mädchen ihre Köpfe und sahen hinüber zu dem hochgewachsenen, braungebrannten Fremden. Sie hätten sich die Mühe sparen können. Er beachtete sie nicht, obwohl er am Wasser entlang dicht an ihnen vorbeiging.
Schon daß er ein Fremder war, war aufregend genug. Es gab fast überhaupt keine Fremden hier. Auf der Erde lebten nur noch so wenige Menschen, daß einer praktisch den anderen kannte.
Amerika, Asien, Australien und Afrika galten als restlos entvölkert. Vielleicht lebte hier und da noch ein Einsiedler und fristete kärglich sein Dasein. Die Pyramiden, der Grand Canyon oder der Rote Platz zogen keine gaffenden Touristen mehr an, obwohl sie noch standen. Der Rote Platz sah vernachlässigt aus. Auch die Pyramiden und der Grand Canyon waren vernachlässigt, aber man sah es ihnen nicht an.
Die Riviera war für Europa der günstigste Platz zum Überleben gewesen. Besonders, wenn es nur noch einige Tausend Menschen gab. Hier herrschte gemäßigtes Klima, es gab wenig Stürme, keine wilden Tiere und kaum Krankheiten. Die Restbevölkerung der Erde hatte sich hier zusammengefunden. Vorher hatte es noch andere Gegenden gegeben, die günstig schienen – Algier, Miami oder Sydney. Auch dort lebten die Reste einer aussterbenden Rasse und versuchten, Lethargie und Dekadenz zu überwinden. Schließlich war nur noch die Riviera geblieben.
Der Strand wurde nur von jungen Leuten bevölkert, meist Mädchen zwischen fünfzehn und fünfundzwanzig. Sie allein hatten die gewaltige Anstrengung auf sich genommen, einen Spaziergang zu machen, zu schwimmen und in der Sonne zu baden. Ältere Leute sah man überhaupt nicht. Sie blieben in den Häusern. Wozu die Anstrengung des Gehens, wenn man danach doch wieder nach Hause zurückkehrte?
Wenn die Rasse stirbt, erweist sich das weibliche Geschlecht als widerstandsfähiger. Das war nicht nur beim Menschen so.
Wenn ein Mann erst einmal zu der Erkenntnis gelangt ist, daß nichts geblieben ist, für das zu arbeiten und zu kämpfen sich lohnt, ist er so gut wie tot. Eine Frau gibt nicht so schnell auf, denn in ihr schlummert immer noch das unbewußte Verlangen, bewundert zu werden. Sie sorgt dafür, daß sie sauber und anziehend bleibt, während der Mann im Schmutz versinkt. Die Frau sucht die Gesellschaft, um nicht allein zu sein. Sie will bestätigt sehen, daß sie noch eine Frau ist. Sie lebt weiter, auch wenn der Mann schon halb gestorben ist.
So wenigstens sah es jetzt aus.
Marcel bemerkte die bewundernden Blicke der Mädchen nicht, an denen er vorüberging. Er ahnte nicht, welche Gefühle er in ihnen weckte, und es wäre ihm auch egal gewesen. Er hatte andere Sorgen, als junge Mädchen zu trösten und ihnen die Zeit zu vertreiben.
Marcel war einer der letzten Rebellen. Hätte er einige Jahrhunderte früher gelebt, wäre er nichts als ein normaler Bürger gewesen. Aber heute, in dieser Zeit, mußte er ein Rebell sein. Er wollte leben, während es den meisten anderen gleich war, ob sie lebten oder starben.
Er war nach Cannes geeilt, um an einer Versammlung des Rates teilzunehmen, dem er angehörte. Von San Remo aus hatte er ein Fahrrad benutzt, in Nizza übernachtet und den Rest heute vormittag geschafft. Es war eine lange Reise gewesen, fünfundsiebzig Kilometer, aber er liebte das Radfahren. Zwar gab es noch Autos, aber sie starben allmählich genauso aus wie die Menschen, und es gab niemand, der Ersatzteile anfertigen konnte.
Es würden nicht viel Delegierte zur Konferenz erscheinen, überlegte Marcel, während er am Strand entlangschritt. Der Rat zählte hundert Mitglieder. Vielleicht kamen dreißig, oder gar nur zwanzig.
Je weniger kamen, desto weniger mußte er von seinen Plänen überzeugen. Irgend etwas mußte schließlich geschehen, und Marcel glaubte, die Lösung gefunden zu haben. Wenn fünfundzwanzig Mitglieder anwesend waren, hatte der Rat volle Entscheidungsgewalt. Früher hatte der Prozentsatz höher sein müssen.
Marcel überdachte noch einmal seine Vorschläge und versuchte, schwache Punkte zu entdecken. Vergebens, er fand keine. Keiner würde einen besseren Vorschlag machen können, sonst wäre das schon geschehen. Er konnte mit sich zufrieden sein.
Er fühlte sich erleichtert und widmete sich mehr seiner Umgebung. Eine hübsche Blondine lag auf dem feinen Kies des Strandes und sonnte sich. Ihr braungebrannter Körper war nur mit einem Bikini bedeckt. Sie lächelte zurück, als sie seinen Blick bemerkte. Es war ein sehr einladendes Lächeln, das so
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