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Heyne Galaxy 01

Heyne Galaxy 01

Titel: Heyne Galaxy 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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ziemlich alles versprach, was es zu versprechen gab.
    Entschlossen ging er auf sie zu und ließ sich neben ihr nieder.
    »Hallo«, sagte sie. »Ich heiße Roya. Ich habe Sie noch nie hier gesehen.«
    »Mein Name ist Marcel, ich wohne in San Remo.«
    »Da bin ich schon oft gewesen, trotzdem kenne ich Sie nicht.«
    Sie schien nicht zu begreifen, daß ein solcher Mann wie Marcel existieren konnte, ohne daß sie ihn jemals bemerkt hatte.
    »Mein Beruf ist der eines Schreiners. Ich mache Stühle, Tische und andere Möbel.« Er lächelte. »Nicht viel Zeit für den Strand.«
    »Irgend jemand muß ja solche Dinge herstellen«, nickte sie. »Aber wenn Sie nie zum Strand gehen, woher haben Sie dann Ihre Sonnenbräune?«
    »Die Sonne scheint nicht nur am Strand«, gab er zurück. »Sie scheint nicht nur in dem schmalen, langen Küstenstreifen, den wir bewohnen. Sie scheint auch über den Bergen im Norden. Sie scheint in allen Kontinenten unserer Welt.«
    »Sie reden von merkwürdigen Dingen.« Sie starrte ihn verwundert an.
    »Kann schon sein. Vielleicht kommt das aber nur daher, weil ich hin und wieder in Büchern lese.«
    »Sie lesen?« Ihr Erstaunen wuchs noch. »Und dann sehen Sie so aus? Sie sind Schreiner, und Sie lesen?«
    Er betrachtete sie nachdenklich. Sie war hübsch, aber konnte sie nicht trotzdem klug sein? Verbarg sich hinter ihrer Stirn mehr als nur Frivolität?
    »Was haben Sie von mir erwartet?« fragte er ruhig.
    »Ich dachte mir, Sie wären ein guter Liebhaber«, gab sie zur Antwort.
    Er lächelte.
    »Soll das eine Schmeichelei sein?«
    Obwohl er lächelte, war seine Stimme kalt und unpersönlich. Aber das beeindruckte Roya kaum. Sie kicherte.
    In einer sterbenden Welt galten für das Zusammenleben der Geschlechter neue Gesetze. Die Liebe war anstrengend, und heute strengte sich niemand mehr gern an. Noch vor zwei Jahrhunderten hatte die Liebe das Leben der Menschen beherrscht. Doch es dauerte nicht sehr lange. Eroberungen verloren ihren Reiz.
    Es gab nur noch wenig Frauen, die Kinder wollten, und von diesen wenigen waren nur zehn Prozent fähig, Kinder zu bekommen. Das männliche Geschlecht machte die Entwicklung mit; es begann, impotent zu werden. Was blieb, war ein gelegentliches Aufflackern müden Begehrens.
    »Ich möchte lieben«, sagte Roya.
    »So, möchtest du das?«
    Sie nickte.
    »Wie alt bist du?« fragt er abrupt.
    »Siebzehn.«
    »Dann hast du noch viel Zeit, Roya.«
    »Nein, nicht mehr viel. Wenn ich zwanzig bin, sieht mich keiner mehr an.«
    Sie hatte nicht unrecht. In einer Welt, in der auf der männlichen Seite jede Konkurrenz fehlte, war es schnell zu spät.
    Marcel stand abrupt auf und sagte: »Vielleicht sehen wir uns einmal wieder.«
    Ohne sich weiter aufzuhalten, schritt er davon. Er sah sich nicht einmal um.
    Er, der Rebell, hatte sich gerade selbst bewiesen, daß er nicht anders als die anderen war. Er war auch schon faul, müde und dekadent.
     
    2
     
    Die Ratsversammlung fand im ehemaligen Palasthotel »Majestic« statt. Marcel erschien pünktlich bei Eröffnung der Konferenz.
    Er glaubte, seinen Augen nicht zu trauen. Es waren keine fünfundzwanzig Delegierte erschienen. Auch keine zwanzig. Nicht einmal fünfzehn.
    Außer ihm waren nur eine Frau und ein Mann anwesend.
    Sie warteten noch fünf Minuten, aber es kam niemand mehr. Dion, das älteste anwesende Ratsmitglied, eröffnete die Versammlung. Wie fast immer, so war auch heute die aussichtslose Lage der menschlichen Zivilisation und die Gefährdung ihres Weiterbestehens das Hauptthema. Es sollten Mittel und Wege erörtert werden, diesen Zustand zu ändern.
    Es war ganz natürlich, daß Marcel aus San Remo, Selba von Nizza und Dion von Cannes gerade jene waren, die sich am meisten für das Problem interessierten. Wären sie es nicht, dann hätten sie sich der Anstrengung des Kommens nicht unterzogen. Alle drei waren bereit, ihre Vorschläge zu unterbreiten.
    Dion ergriff als erster das Wort. Er war ein älterer Mann mit silbergrauem Haar. Hoch aufgerichtet stand er vor dem Pult und sprach über die Köpfe von Selba und Marcel hinweg, als rede er zu einer Versammlung eifrig lauschender Zuhörer.
    »Die Situation ist ernst«, sagte er, womit er nichts Neues mitteilte. »Die augenblickliche Bevölkerung der Erde wird auf sechzigtausend geschätzt. Mehr als zehntausend sind bereits über siebzig Jahre alt. In zwanzig Jahren wird es nur noch vierzigtausend Menschen geben. In weiteren zwanzig Jahren …« Er verstummte und nickte.

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