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Heyne Galaxy 02

Heyne Galaxy 02

Titel: Heyne Galaxy 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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ich von allein. Ich habe ein glänzendes Angebot von der Konkurrenz. Ich nehme es an. Ich wünsche Ihnen viel Glück für die Zukunft, Mr. Northrop …«
    Der Bildschirm wurde dunkel.
    Northrop sank in den Sessel zurück.
    So ein Idiot! dachte er. So ein Vollidiot! Zur Hölle mit ihm!
    Er machte sich wieder an die Arbeit und vergaß Ted Maurillo.
    Das Leben ging weiter, und wenn jemand damit nicht Schritt halten konnte, fiel er eben zurück. Sollte Maurillo sehen, wie er zurechtkam.
    Northrop machte pünktlich Schluß und bereitete sich auf den Heimweg vor.
    Es war ein langer Tag gewesen.
    Um acht Uhr erhielt er die Nachricht, daß der alte Gardner operiert werden würde. Die Amputation sollte von den Kameras der Fernsehgesellschaft aufgenommen werden. Gegen zehn Uhr rief der Arzt an und teilte Northrop mit, daß die Operation mißlungen sei.
    »Gardner ist gestorben«, sagte Dr. Steele mit Bedauern in der Stimme. Es klang nicht echt. »Wir taten unser Bestes, aber mit dem Patienten war nicht mehr viel los. Das Gewebe zerfiel, dann setzte das Herz aus. War nichts dagegen zu machen.«
    »Was ist mit dem Bein? Wurde es rechtzeitig abgenommen?«
    »Ja, natürlich. Er starb erst danach.«
    »Alles auf Film?«
    »Selbstverständlich. Wird gerade entwickelt.«
    »Danke für Ihren Anruf«, sagte Northrop. »Vielen Dank.«
    »Tut mir leid um den Patienten.«
    »Machen Sie sich da keine Sorgen. Es war so besser für ihn und für uns.«
    Am anderen Vormittag beeilte sich Northrop, um rechtzeitig ins Studio zu gelangen. Der fertige Film sollte erstmals vorgeführt werden. Die Vorstellung fand im dreiundzwanzigsten Stockwerk statt. Außer Northrop und seinem neuen Assistenten Barton waren noch einige Herren aus dem Geschäftsvorstand und die Techniker anwesend. Schlanke und ausnehmend hübsche Mädchen brachten Verstärkerhelme. Hier gab es keine Roboter.
    Northrop setzte den Helm auf. Er spürte, wie die Erregung ihn zu übermannen drohte, als er die kalten Kontaktelektroden fühlte. Er schloß für einen Moment die Augen. Irgendwo summten die Maschinen. Der Bildschirm, groß wie eine Wand, leuchtete auf.
    Da war der alte Gardner. Er lag auf dem Operationstisch. Das Bein war zu sehen. Daneben stand Dr. Steele, der Starmediziner der Fernsehgesellschaft. In seiner Hand war das blitzende Skalpell.
    Northrop begann zu schwitzen. Die Gehirnwellen Gardners wurden durch den Verstärkerhelm übertragen. Ebenso alle Nervenreaktionen und der empfundene Schmerz.
    Northrop fühlte Gardners Schmerz. Jeder, der später die Sendung sah, würde ihn genauso fühlen. Das neue Aufnahmeverfahren garantierte die lückenlose Bild- und Gefühlsübertragung.
    Zu dem Schmerz kam das Gefühl, achtzig Jahre alt zu sein, und halbtot. Northrop begann zu schwitzen.
    Steen überprüfte das elektronische Skalpell; eine Schwester kümmerte sich um Gardner, legte ihn zurecht. Später, im fertigen Film, würde Begleitmusik zu hören sein. Jetzt hörte man nur den Pulsschlag des Patienten, das Zucken der Nerven – und man spürte den Schmerz.
    Das Skalpell näherte sich dem Bein.
    Northrop fuhr zusammen, als er die Berührung spürte. Schmerz raste durch seinen Körper, als Fleisch und Knochen von der elektronischen Säge durchschnitten wurden. Er begann zu zittern, und er ballte die Fäuste, biß mit den Zähnen in die Knöchel, um nicht laut aufzuschreien.
    Dann war alles vorüber.
    Der Schmerz ließ nach. Das Bein schickte keine Impulse mehr in die Aufnahmegeräte, die am Gehirn des Patienten angeschlossen waren. Gardner wurde ohnmächtig und spürte nichts mehr. Dr. Steele band den Stumpen ab und überließ den Rest der Schwester.
    Soweit war der Film fertig. Später würden noch Interviews mit den Verwandten folgen, vielleicht sogar Aufnahmen von der Beerdigung. Ein Mediziner würde über das Problem der Amputation in fortgeschrittenem Alter sprechen und ihre Gefährlichkeit für den Patienten betonen. Aber das alles war nur Beiwerk. Was der Zuschauer sehen und fühlen wollte, war Schmerz. Und bei diesem Film kam jeder auf seine Kosten, daran war nicht zu zweifeln. Zirkusspiele ohne Gladiatoren, getarnt durch den Mantel der Nächstenliebe und verschleiert vom Vorwand, der Wissenschaft zu dienen. Eine Methode, die zog. Millionen von Zuschauern kamen bei diesen Programmen nicht mehr fort vom Bildschirm.
    Northrop wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er wußte, wie das Sterben war. Durch die neue Technik wußten sie es alle.
    »Sieht so aus«, sagte er,

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