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Heyne Galaxy 02

Heyne Galaxy 02

Titel: Heyne Galaxy 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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hervor.
    Der Patient mußte mindestens neunzig Jahre alt sein. Wenn man zehn Jahre abzog, die man der Krankheit zuschreiben konnte, war er immer noch alt genug. Wenigstens dachte Northrop das.
    Die Verwandten umstanden das Bett.
    Es waren insgesamt acht. Fünf Frauen verschiedenen Alters und drei Männer. Der eine um die Fünfzig, die anderen knapp Vierzig. Söhne, Nichten und Enkel, vermutete Northrop.
    Er sagte ernst:
    »Ich weiß, wie schrecklich das alles für Sie sein muß – ein Mann im besten Alter, das Haupt der Familie…« Northrop sah den Patienten an. »Aber ich weiß, daß er durchhalten wird. Ich sehe es ihm an.«
    Der älteste Verwandte sagte:
    »Ich bin Harry Gardner, sein Sohn. Sie kommen vom Fernsehen?«
    »Ich bin der Produzent. Normalerweise trete ich nicht selbst in Erscheinung, aber mein Assistent berichtete mir von der Größe der menschlichen Tragödie und der Tapferkeit Ihres Herrn Vaters …«
    Der Mann im Bett war eingeschlafen. Er sah schlecht aus.
    Harry Gardner meinte:
    »Wir haben eine Vereinbarung mit Ihrem Assistenten getroffen. Fünf Tausender. Wir würden es nicht tun, wenn die Krankenhausrechnungen nicht zu bezahlen wären. Die machen einen fertig.«
    »Das verstehe ich vollkommen«, sagte Northrop mitfühlend. »Darum sind wir auch bereit, unser Angebot zu erhöhen. Wir kennen die Schwierigkeiten, die heute durch Krankheit verursacht werden, besonders dann, wenn eine so große Familie …«
    »Nein!« sagte jemand schroff. »Wir bestehen auf eine Anästhesie!« Es war eine der Frauen, eine rundliche Person mit schmalen, energischen Lippen. »Wir lassen es nicht zu, daß Sie ihn quälen.«
    Northrop lächelte.
    »Für ihn ist es nur ein kurzer Augenblick, glauben Sie mir.
Unmittelbar nach der Amputation darf er betäubt werden. Was
wir wollen, ist nur jene Sekunde des Schmerzes …«
    »Es ist ein himmelschreiendes Unrecht! Er ist alt und hat die beste Behandlung verdient. Der Schmerz würde ihn töten.«
    »Im Gegenteil!« Northrop schüttelte den Kopf. »Die Wissenschaft steht auf dem Standpunkt, daß gerade der Schmerz im Falle der Amputation heilend und belebend wirkt. Er bewirkt die Entstehung eines Nervenblocks, der von sich aus eine Betäubung hervorruft, ohne die schädlichen Nachwirkungen der Medikamente zu haben. Später, wenn der Patient erwacht, sind die Betäubungsmittel absolut harmlos. Und mit der Verdoppelung unseres Angebotes erhalten Sie die Möglichkeit, Ihrem lieben Angehörigen jene Pflege zu vermitteln, die er zweifellos verdient. Ich sehe wirklich keinen Grund, ihm das zu verweigern.«
    Die Verwandten wechselten unsichere Blicke. Harry sagte:
    »Wieviel bieten Sie uns denn für die besonders gute Krankenpflege, wenn ich fragen darf?«
    »Kann ich das Bein sehen?«
    Die Decke wurde zurückgezogen.
    Northrop starrte auf das Bein.
    Es sah nicht gut aus. Der Produzent war kein Mediziner, aber er arbeitete schon fünf Jahre auf diesem Sektor der Programmgestaltung. Er sah sofort, daß der alte Mann in sehr schlechter Verfassung war. Es sah nach einer Verbrennung aus, die nur oberflächlich behandelt worden war. Dann hatte sich Wundbrand eingestellt. Das Bein war geschwollen und fast schwarz. Die Zehen erweckten den Eindruck, als könne man sie einfach einzeln abbrechen.
    Es war klar: der Patient würde die Operation nicht überleben.
    Amputation oder nicht, er war verloren. Wenn der Schock der Schmerzen ihn nicht umbrachte, dann die Zeit danach. Die besten Voraussetzungen also für eine eindrucksvolle Sendung. Genau die Art von Darbietung, wie Millionen von Zuschauern sie wollten. Ein Blick auf den Tod. Ein Blick in das Gesicht eines Menschen, der nur noch Minuten zu leben hatte.
    Northrop sah wieder die Verwandten an.
    »Ich biete Ihnen fünfzehntausend, wenn Sie der Operation zu unseren Bedingungen zustimmen. Außerdem bezahlen wir natürlich die Kosten der Amputation.«
    »Aber…«
    »Außerdem kommen wir für alle weiteren Unkosten auf, die durch die Pflege Ihres Vaters entstehen. Selbst wenn er noch sechs Monate im Hospital bleiben müßte, werden wir alles auf Heller und Pfennig bezahlen.«
    So, jetzt hatte er sie! Er sah es an dem Schimmer in ihren Augen. Sie hatten kein Geld mehr, und er war gekommen, um sie zu retten. Was machte es da schon aus, wenn man dem alten Mann das Bein ohne Betäubung absägte? Er war ja jetzt kaum noch bei Bewußtsein. Er würde nicht viel davon spüren. Bestimmt nicht.
    Northrop zog die Formulare aus der Tasche und schickte

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