Heyne Galaxy 03
Halbleiter – das war alles, was die Wissenschaftler feststellen konnten. Hinter das eigentliche Geheimnis kam niemand.
Und doch barg der kleine Zylinder die Energie, die notwendig war, einen menschlichen Körper ohne Zeitverlust von einem Ort zu einem anderen zu bringen. Nur einen ganz bestimmten Körper, denn das Instrument war auf das Gehirnmuster seines Trägers abgestimmt.
In den vergangenen sieben Jahren war Mrs. Jamieson einigen anderen Konvs begegnet. Das waren die einzigen Gelegenheiten gewesen, bei denen sie ihr Geheimnis preisgab.
»Ich gehöre zu euch«, sagte sie dann etwa. »Sie sind ein Konv, ich bin auch ein Konv. Wir gehören zusammen. Sprechen wir über die alten Zeiten, über Stinson und Benjamin, der dafür sorgte, daß sie fliehen konnten. Oder reden wir über Dr. Strauß. Und über meinen Gatten, E. Mason Jamieson, dem die Flucht nicht gelang, weil die verdammten Agenten ihn in den Rücken schossen. In einem Geschäft in Bangkok war es. Ich weiß es noch ganz genau, und ich werde es nie vergessen…«
Einmal, zwei Jahre nach ihrer Ankunft hier und nach dem Tod ihres Mannes, übernachtete ein Agent in einem der Bungalows. Es war reiner Zufall, daß sie dahinterkam. Als sie am Morgen den Raum herrichtete und die Betten machte, fiel das silberne Abzeichen aus einer Anzugtasche. Sie stand wie aus Stein und starrte auf die Plakette, die auf dem Boden lag, direkt vor ihren Augen. Eine Welle von Haß überflutete sie, und ihr Haß wurde größer als jede Vernunft.
In dieser Nacht nahm sie ihr Kleinkalibergewehr, schlich sich zu dem Bungalow und erschoß den Agenten durchs offene Fenster. Er hatte friedlich im Bett gelegen und geschlafen.
Sie warf das Gewehr in den Fluß. Aber ihr Haß war nicht erloschen. Er war nur einer von Tausenden von Agenten, die überall und in allen Teilen der Welt lebten, um die Konvs zu finden und unschädlich zu machen. Ihr Gatte hingegen war nur einer von achtundzwanzig Auserwählten gewesen. Sie allein konnte nicht viel ausrichten. Sie mußte warten, bis ihr Sohn Earl erwachsen war. Dann würden sie zusammen den großen Rachefeldzug beginnen. Noch besaß er den Zylinder nicht, aber eines Tages würde man ihm einen bringen. Die Konvs vergaßen ihre Kinder nicht.
Schließlich gehörte ihr Gatte zu den ersten, die den Zylinder trugen. Das verpflichtete die anderen. Eines Tages würde Earl für einige Stunden verschwinden, und wenn er dann zurückkehrte, würde hinter seinem Ohr eine kleine Narbe sein. Er würde sich im Haus aufhalten müssen, bis die Narbe verheilt war. Und sie waren heute soweit, daß sie operieren konnten, ohne später eine verräterische Narbe zu hinterlassen. Niemand würde entdecken, daß Earl ein Konv war.
Zuerst kam die Rache, später würden sie dann auch nach Alpha Centauri gehen, wo die Konv frei und ohne Furcht vor den Agenten leben konnten.
Es geschah an einem heißen Sommertag, als Earl gerade vierzehn geworden war. Mrs. Jamieson war in der Küche beschäftigt. Earl war nicht da. Wahrscheinlich war er mit seinen Freunden zum Fluß gegangen und badete. Und dann, von einer Sekunde zur anderen, stand er vor ihr, völlig nackt und mit einem verwunderten Gesichtsausdruck. Als er seine Mutter erblickte, wurde er totenblaß und begann zu zittern. Sie schlug ihm ins Gesicht, um einen hysterischen Anfall zu verhindern. Dabei sah sie hinter sein Ohr.
Die Narbe war noch ganz frisch.
»Mutter!« schluchzte er. »Mutter …!«
Er ging zum Fenster und sah hinaus. Drüben im Fluß waren seine Freunde. Sie badeten noch immer. Sie machten einen fürchterlichen Lärm und schienen sich ausgelassen zu vergnügen. Sie vermißten ihn nicht.
Mrs. Jamieson reichte ihm eine Hose.
»Zieh dich an, mein Sohn, dann wollen wir uns unterhalten.«
Er wollte in sein Zimmer gehen, aber sie hielt ihn fest.
»Nein, hier. Du mußt dich daran gewöhnen.«
»Woran, Mutter?«
»Daß die Leute dich nackt sehen.«
»Was?«
»Später. Nun erzähle mir, was geschah.«
»Ich schwamm im Fluß. Am Ufer ging ein Mann. Sein Haar war ganz weiß, und seine Augen … seine Augen … ich habe nie im Leben solche Augen gesehen. Er fragte mich, ob ich Earl Jamieson sei; ich bejahte das. Er sagte, ich solle mit ihm kommen. Ich weiß nicht, warum ich es tat, aber ich ging mit ihm. Ein Wagen wartete auf der Straße, und in ihm saß ein zweiter Mann, der genauso wie der erste aussah, nur war er größer. Wir fuhren zu einem Haus, nicht sehr weit entfernt, und gingen hinein. An mehr
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