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Heyne Galaxy 03

Heyne Galaxy 03

Titel: Heyne Galaxy 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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leid, glaube mir. In der Schule habe ich es immer bedauert, nicht so sein zu können wie die anderen. Kannst du dich noch an Lorane Peters erinnern?« Als seine Mutter nickte, fuhr er fort: »Sie hatte mich gern, das weiß ich. Sie sagte es nie, aber ich weiß es. Sie saß in derselben Klasse, nicht weit von mir. Sie hatte wunderbar langes Haar, das ihr ins Gesicht fiel, wenn sie mich ansah. Wie gern hätte ich mich zu ihr gesetzt und gesagt: Hallo, Lorrie, gehen wir heute nachmittag baden? Aber ich konnte nicht. Etwas hinderte mich daran.«
    Mrs. Jamieson ging zur Tür. Er hielt sie zurück.
    »Verstehst du, was ich sagen will?« fragte er.
    »Nein!« Ihre Stimme war scharf. »Nein, das verstehe ich nicht. Du bist alt genug, dich mit den Tatsachen abzufinden. Du bist ein Konv. Du wirst immer einer bleiben. Oder willst du deinen Vater vergessen?«
    Sie schlug die Tür hinter sich zu. Earl stand reglos in seinem Zimmer, und dann hörte er, wie seine Mutter weinte.
    Im ersten Jahr blieb das Zimmer unbenutzt. Earl schlief im Haus bei seiner Mutter. Sein Zimmer lag direkt neben dem ihren. Nach dem ersten Versuch, ihr seine Wünsche zu erklären, sprach er nie mehr wieder darüber, gern normal sein zu dürfen. Aber er strengte sich an, es rein äußerlich zu sein. In der augenblicklichen Situation war es für sie ohnehin viel zu gefährlich, von dem Zylinder Gebrauch zu machen.
    Im Frühling erkältete sich Mrs. Jamieson und mußte lange das Bett hüten. Earl zog endlich in sein eigenes Zimmer im Anbau um. Zuerst glaubte Mrs. Jamieson, er täte es nur, um sie zu erfreuen, aber dann erfuhr sie eines Tages, wie sehr sie sich geirrt hatte.
    Earl Jamieson verschwand spurlos.
    Nach einigen Tagen begann Mrs. Jamieson unruhig zu werden. Hatten die Agenten ihren Sohn aufgespürt? Sie las jeden Tag die Zeitung und suchte nach einer Meldung, wonach Konvs entdeckt und unschädlich gemacht worden waren.
    Am dritten Tag fand sie eine Notiz. Ein Konv hatte in Stockholm das Büro der Agenten angegriffen und drei von ihnen getötet. Ehe er fliehen konnte, war er selbst unschädlich gemacht worden. Ohne lange zu überlegen und an das Risiko zu denken, teleportierte Mrs. Jamieson nach Stockholm, besorgte sich Kleider und begann mit ihren Nachforschungen. Sie fand heraus, daß der getötete Konv ein Finne war, einer von jenen, die damals von Stinson zurückgelassen worden waren. Eine Woche zuvor hatten die Agenten seine Frau ausfindig gemacht und ermordet. Aus Rache hatte er das Büro der Agenten überfallen.
    Mrs. Jamieson studierte alle Berichte, deren sie habhaft werden konnte. Dabei stellte sie fest, daß der Konv und seine Frau eine Menge Verbrechen begangen hatten. Sie beschloß, Earl zu warnen. Er durfte niemals Verbrechen begehen, er sollte nur seinen Vater rächen, mehr nicht. Und auch da durfte er niemals unbesonnen zu Werke gehen.
    Als sie in ihrem Haus rematerialisierte, wartete Earl auf sie.
    »Wo bist du gewesen?« fragte sie.
    »Ich habe mich umgesehen.«
    »Und ich glaubte schon, du hättest etwas mit dem Überfall in Stockholm zu tun.«
    Er schüttelte den Kopf.
    Sie stand bei der Tür und sah, wie er sich über seinen Schreibtisch beugte und ein beschriebenes Stück Papier in die Hand nahm. Sein jugendliches Profil gefiel ihr, und sie war stolz auf ihn. Seine Bewegungen waren männlich und zielbewußt. Er würde ein guter Rächer sein.
    »Erzähle mir, was du gemacht hast«, forderte sie ihn auf.
    Er warf den Schreibstift auf den Tisch zurück, stand auf und ging in dem Zimmer auf und ab.
    »Gestern nacht habe ich mich mit einem Agenten unterhalten«, sagte er.
    »Wo?«
    »In Bangkok.«
    Mrs. Jamieson mußte sich setzen. Sie brauchte einige Sekunden, um sich von ihrer Überraschung zu erholen. Dann fragte sie:
    »Wie konnte das möglich sein?«
    »Ich brach in das dortige Büro ein, um mir ihre Unterlagen zu verschaffen. Dabei schnappte er mich.«
    ›Was hast du gesucht?«
    »Ich wollte die Namen der Männer erfahren, die Vater töteten.« Er sprach das »Vater« nur zögernd aus. Er war die Bezeichnung nicht gewohnt.
    »Und …? Hast du sie gefunden?«
    Er deutete schweigend auf das Stück Papier, das auf seinem Tisch lag. Mrs. Jamieson nahm es mit zitternden Händen und las die Namen. In ihr begann es zu kochen. Namen… ganz gewöhnliche Namen, als handele es sich um Menschen, und nicht um gemeine Mörder! Wie war das möglich, diese Namen so niederzuschreiben, als wäre nichts dabei? In ihren Haßträumen hatte sie

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