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Heyne Galaxy 05

Heyne Galaxy 05

Titel: Heyne Galaxy 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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Geduld.
    »Begreifen Sie denn noch immer nicht?« donnerte er los. »Es sind keine verrückten Gebräuche, wie Sie es nennen. Natürlich verloren sie den Verstand, aber nicht wegen ihrer Sitten, sondern weil Sie etwas taten, das sie verrückt machen mußte. Sie haben ihr seelisches Gleichgewicht durcheinandergebracht. Sie sind nun krank, von Ihnen angesteckt.«
    »Aber…«
    »Sie sollen zuhören, damit Sie endlich begreifen! Krankheit hat nicht immer nur etwas mit dem Körper zu tun, sie kann auch geistige Ursachen haben – wie auf der Erde. Schockieren Sie die Marsianer, und sie werden sofort krank. Kranke aber müssen geheilt werden. Wenn Sie sich ein Bein brechen, so muß es geschient werden. Wenn der Geist der Marsianer verletzt wird, benötigt er einen gesunden und stärkeren Geist, der ihn heilt. Erinnern Sie sich noch des Vorfalls während Ihres Fluges hierher? Ne Mleek bat Sie, einen kranken Marsianer mit der Hand anzufassen. Das war kein Aberglaube, sondern nichts anderes als Schienen und Heilen. Als Sie körperlichen Kontakt mit ihm herstellten, verschmolzen Ihr und sein Bewußtsein. Ihres war stark und gesund, und so mußte der Erkrankte gesund werden.«
    Doane machte ein ratloses Gesicht.
    »Gut, ich glaube Ihnen ja. Aber das rechtfertigt immer noch keinen Mord. Warum sollte ich den Verurteilten töten?«
    »Dasselbe Prinzip, Doane. Selbst Marsianer leben nicht ewig, und wenn einer unheilbar krank wird, muß er sterben. Er kann aber nur sterben, wenn er physisch vernichtet wird. Er kann sich nicht selbst töten. Kein Marsianer kann das. Es kann ihn auch kein anderer Marsianer erlösen, weil der Schock beide umbringen würde. So mußten Sie es tun. Sie, das stärkste und gesündeste Bewußtsein auf dem Mars – der Gouverneur von der Erde.«
    »Und bevor wir zum Mars kamen?« protestierte Doane. »Was haben sie da gemacht?«
    »Als wir noch nicht hier waren, mußten die Marsianer es natürlich selbst tun.«
    »Aber Sie sagten doch eben noch …«
    »Ich weiß, was ich sagte. Sehen Sie sich doch nur um, Doane.« Er deutete mit der Hand auf den verlassenen Stadtteil mit den Lehmruinen. Der Gegensatz zum übrigen Teil der Stadt war geradezu erschreckend. Die Häuser sahen nicht so aus, als könne hier noch jemand leben. »Hier fristeten die Ausgestoßenen ihr Dasein. Die Ausgestoßenen, das waren die kräftigsten und widerstandsfähigsten der Marsianer, geistig gesunde Männer, die man die ›Heiler‹ nannte. Es war die traurigste und höchste Ehre, die ein Marsianer erlangen konnte. Lesen Sie mal Bücher über die Geschichte dieses Planeten, Doane. Sie werden erstaunliche Einzelheiten feststellen, Erzählungen und Sagen über Männer, die sich für die anderen opferten. Sie waren unberührbar. Nur die unheilbar Kranken, die zu sterben hatten, kamen zu ihnen. Es gab immer ein paar hundert Heiler in diesem Stadtteil, aber mit der Zeit erlagen auch sie dem seelischen Verfall. Sie wurden selbst unheilbar krank und mußten jemand finden, der sie tötete. Sie waren die einzigen, die sich auch selbst töten konnten und durften.«
    »Und als wir hier landeten«, fragte Doane langsam, »wurden wir dann die Heiler?«
    Rosenman zögerte unmerklich.
    »Nicht direkt. Wir übernahmen ihre Aufgaben, das ist richtig. Wir sind geistig widerstandsfähiger als die Marsianer. Aber auch für uns gibt es Grenzen. Wenn wir sie überschreiten, verlieren auch wir den Verstand. Stellen Sie sich doch nur einmal vor, die Situation wäre genau umgekehrt. Dann wären die Marsianer zu uns gekommen und hätten uns eine Möglichkeit gezeigt, die Irrenhäuser zu leeren. Wir sind auf die Psychiater angewiesen, weil wir keinen anderen Ausweg kennen. Die Marsianer hatten ihre Heiler, sonst nichts. Und das war keine gute Methode, denn die Krankheit übertrug sich früher oder später auf die Ärzte. Das wenigstens ist bei uns auf der Erde nicht der Fall – oder nur höchst selten. Trotzdem sind sie nicht die endgültige Lösung. Und wenn die Marsianer sie uns gebracht hätten, wir wären froh gewesen, sie entgegenzunehmen. Nun sind es die Marsianer, die von uns die Lösung ihrer Probleme empfangen. Sie müßten dumm sein, sie nicht zu akzeptieren. Und glauben Sie mir, die Marsianer sind nicht dumm. Das denken nur Sie und Ihre Liga, Doane.«
    »Genug jetzt!« Doane fuhr wütend auf, sank aber wieder auf seinen Sitz zurück. »Die Liga hat niemals behauptet…«
    »Eine Minute noch. Geben Sie es doch zu, Doane, Sie kamen zum Mars in der festen

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