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Heyne Galaxy 05

Heyne Galaxy 05

Titel: Heyne Galaxy 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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hatte versucht, der Emigration zu entgehen. Der Streit um diese Angelegenheit hatte Giles' fünfte Ehe endgültig zerbrochen.
    Die zweite Seite des Briefes verriet nichts davon. Harry lobte das Sonnensystem, in dem er sich nun aufhielt. Er war verheiratet und hatte ein Dutzend Kinder – es gab dort mehr Platz, als Menschen auszufüllen vermochten. Junge und lebensfrohe Welten. Harry hoffte, daß sein Vater eines Tages zu ihm kommen würde.
    Giles seufzte und besah sich die dritte Seite. Es war ein Foto und zeigte eine glückliche Familie in einem merkwürdigen Fahrzeug. Der Hintergrund bestand aus einer fremdartigen, bizarren Landschaft.
    Trotzdem.
    Er hatte keine Lust, neunzig Jahre lang mit einer Gruppe junger Emigranten in einem Schiff eingeschlossen zu sein, auch wenn es sich um einen neueren und komfortableren Typ handelte. Aber auch dann, wenn inzwischen der Überlichtantrieb entwickelt wurde, hatte er keinen Grund, seine Arbeit hier aufzugeben. Die Tatsache, daß die Menschen praktisch unsterblich waren, hatte die Bindungen zwischen den Familien schwächer werden lassen. Fünfzig oder hundert Jahre waren nicht viel heute. Früher war diese Zeitspanne eine Ewigkeit gewesen.
    Seltsam, daß die Jahre kürzer wurden, je mehr man erlebte. Es gab einmal ein Lied, das von den schwindenden Jahren handelte. Giles versuchte, sich an den Text zu erinnern, aber es gelang ihm nicht. Nun würde er wieder die halbe Nacht wachliegen und darüber nachdenken, warum ihm der Text nicht mehr einfiel.
    Das Visiphon summte. Auf dem Schirm erschien eine Nummer – die Nummer der Forschungsabteilung. Jordan! Giles grunzte unzufrieden. Er war zu wenig darauf vorbereitet, schon jetzt mit Jordan zu sprechen. Aber er zuckte die Achseln und drückte den Kontaktknopf ein.
    Jordans Gesicht erschien groß auf dem Schirm. Er war noch jung und einer der wenigen, die der Deportation auf einen anderen Planeten entgangen waren, weil sie besondere Fähigkeiten besaßen. Geduld war nicht gerade seine Stärke. Auch nicht Beherrschung. Schreck überzog sein Gesicht. Giles fühlte sein Herz schneller schlagen. Sah er denn wirklich so schlecht aus?
    Dann erst bemerkte er, daß Jordan nicht ihn ansah, sondern daß sein Blick auf dem projezierten Foto ruhte, das Harry geschickt hatte.
    »Antigravitation!« Sein Gesichtsausdruck verriet Unglauben, als er nun endlich Giles ansah. »Welcher Planet ist das?«
    Erst jetzt betrachtete Giles das Foto genauer, das ihm sein Sohn geschickt hatte. Das Fahrzeug hatte keine Räder und schwebte einen halben Meter über dem Boden. Dazwischen waren blauschimmernde Kraftlinien.
    »Mein Sohn lebt dort«, sagte Giles. »Der Stern ist in den Karten verzeichnet und …«
    »Schon gut, schon gut«, unterbrach Jordan erbittert. »Dann werden wir mit dem nächsten Schiff eine Anfrage schicken, damit sie uns das Geheimnis der Antigravitation mitteilen. In zweihundert Jahren oder so wissen wir dann Bescheid. Auf den anderen Planeten werden die unglaublichsten Entdeckungen gemacht, aber sie halten es nicht einmal für notwendig, uns zu unterrichten. Sieht denn unsere Regierung nicht, was sich da anbahnt?«
    Natürlich sah Giles es. Er hatte das schon hundertmal gehört. Die Erde wurde allmählich eine rückständige Welt. In den vergangenen zweihundert Jahren waren keine technischen Fortschritte mehr zu verzeichnen gewesen. Die jungen Leute wurden zur Emigration gezwungen, sobald sie ihre fünfzig Jahre Schule hinter sich hatten. Die Älteren blieben zurück. Sie waren zu konservativ für echtes, neues Denken. War Stillstand nicht auch Rückgang?
    »Wenn genug Menschen auf den anderen Welten leben, werden sie andere Sorgen haben. Noch sind wir ihnen auf dem medizinischen Sektor weit voraus. Auch auf anderen Gebieten. Wir sind unsterblich, und wir müssen versuchen, die Erde uns anzupassen. Wir haben Zeit, sehr viel Zeit.«
    Jordan starrte ihn mit einem Ausdruck der Verwunderung an, den Giles schon an ihm kannte.
    »Verdammt, haben Sie denn meinen Bericht nicht gelesen? Wir wissen jetzt, daß der Überlichtantrieb funktioniert. Die Rakete erreichte den Sirius in weniger als zehn Tagen! In einem Jahr können wir im Besitz der Antigravitation sein, Giles …!«
    »Einen Augenblick!« Giles hatte das Gefühl, als flösse sein Blut schwerer und langsamer. Er kämpfte gegen den Schwindel an, der ihn zu befallen drohte. »Wollen Sie damit sagen, daß Sie in der Lage sind, eine Rakete mit Überlichtantrieb so genau zu steuern, daß sie

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