Heyne Galaxy 05
traurigen Park mit den spärlichen Bäumen. »Sie wissen noch längst nicht alles. Ich soll heute nicht nur einem armen Teufel die Kehle durchschneiden oder jemand durch bloßes Handauflegen heilen, sondern … sehen Sie sich das da an.« Er nahm einige Akten auf und ließ sie wieder auf den Tisch zurückfallen. »Die Pflichten des Gouverneurs … und der bin ich! Die größte Kollektion abergläubischen Unsinns, die mir jemals unterkam. Wenn das Gouverneur Kellems Methode war, mit den Marsianern fertigzuwerden, kann ich gut verstehen, warum es zu dem Aufstand im Stützpunkt General Mercantiles kam.«
»In Niobe? Meines Wissens waren aber auch Terraner in die Meuterei verwickelt, nicht nur Marsianer.«
»Woher wollen Sie das wissen?« fragte er streitsüchtig. »Weil Kellems Leute das aussagten? Wir kennen nur die offiziellen Berichte. Mir scheint es jedenfalls sehr natürlich, daß sich eine intelligente und zivilisierte Rasse auf die Dauer nicht mit solchen Methoden unterdrücken läßt.« Er klopfte mit der flachen Hand auf die Akten. »Aber damit ist nun Schluß! Kellern ist fort, und ich bin sein Nachfolger. Ich werde zu der Konjunktionsversammlung gehen, selbstverständlich. Aber ich werde dort mit der Reform beginnen. Unser Verhältnis zum Mars … Was ist mit Ihnen? Warum sehen Sie mich so an? Haben Sie eine Frage, Miß Wharton?«
»Ja. Warum nennen Sie mich eigentlich immer ›Miß Wharton‹ ; statt Ruth-Ann zu mir zu sagen?«
Das Meeting fand in einem Park statt, der von den Marsianern »Die rare Schönheit«, getauft worden war.
»Wirklich rar«, kommentierte Jaffa Doane sarkastisch. Er stand mit den anderen auf der Tribüne und sah zu, wie die Marsianer einer nach dem anderen eintrafen. »Aber auch schön.«
»Haben Sie sich auf die Zeremonie vorbereitet?« fragte Admiral Rosenman etwas säuerlich.
»Und ob!«
Doane nickte grimmig und wollte seine Gelassenheit unter Beweis stellen, indem er ein Liedchen summte. Aber man summt nicht auf dem Mars, mit Sauerstoffpatronen in der Nase. Er hustete und wäre bald erstickt. Schnell warf er dem Admiral einen Blick zu, aber Rosenman verzog keine Miene.
Er hatte auch keinen Grund, besonders heiter zu sein. Seit sieben Jahren weilte er nun auf dem Mars, und er war Stellvertreter von fünf Gouverneuren gewesen. Nur einer von ihnen hatte die vorgeschriebene Amtsperiode von zwei Jahren durchgestanden. Rosenman kannte die Marsianer und hatte diesbezüglich seine eigene Anschauung. Er war fest davon überzeugt, daß Doanes Reformierungspläne scheitern würden.
Es war schon dunkel. Die Marsianer trugen Fackeln. Sie brannten nicht hell und lodernd, dafür gab es zu wenig Sauerstoff auf dem Mars. Sie glühten nur wie feurige Bälle, gaben aber genügend Licht. Wenigstens für marsianische Augen. Doane konnte nicht gut sehen, aber er war davon überzeugt, daß die Marsianer die Dämmerung so empfanden, wie er den hellen Tag.
Vergeblich sah er hinauf zum Nachthimmel, wo die beiden Monde in Konjunktion zu einem ganz bestimmten Stern stehen sollten. Als sich seine Augen an das Dunkel gewöhnten, konnte er sogar einen Mond erkennen. Auch Sterne, mehr als genug. Aber woher sollte er wissen, ob der bestimmte Stern dabei war?
Er seufzte. Es war wirklich schwer, alle die Unterschiede zwischen Marsianern und Terranern aufzuzählen und sich gleichzeitig an die Prinzipien der Liga zu erinnern, die eine Gleichberechtigung der beiden Rassen forderten.
Nichts kündete den Beginn der Zeremonie an. Aus der Dunkelheit stieg einer der Marsianer auf die Tribüne hoch und gesellte sich zu den wartenden Terranern. Es war Ne Mleek.
»In drei Minuten und elf Sekunden beginnt die Konjunktion, Euer Ehren. Dieser hier ist es, der sterben soll.« Er trat etwas beiseite, und erst jetzt sah Doane, daß noch ein zweiter Marsianer mit auf die Tribüne gekommen war. Er wedelte ihm freundlich mit seinen Tentakeln entgegen. »Er heißt Fnihi Bei.«
Der verurteilte Marsianer sagte höflich:
»Es ist eine große Ehre für mich, den Gouverneur kennenzulernen und ich bedaure die Begleitumstände, unter denen es zu geschehen hat.«
Doane warf Ruth-Ann und Rosenman einen hilfesuchenden Blick zu. Er wußte wirklich nicht, wie ein Henker sein Opfer zu begrüßen hatte.
Der Marsianer besaß Taktgefühl. Er sagte:
»Da ich es später nicht mehr kann, Euer Ehren, möchte ich Ihnen schon jetzt für die übergroße Gnade danken, die Sie mir zuteil werden lassen.«
»Eine Gnade …? Ich werde Sie
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