Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heyne Galaxy 07

Heyne Galaxy 07

Titel: Heyne Galaxy 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
Vom Netzwerk:
erschrocken standen die Beteiligten des Kampfes umher. Was war überhaupt geschehen – und wie hatte es geschehen können?
    Ein älterer Mann räusperte sich. Die Tradition, immer die Wahrheit zu sprechen, war stärker als die Furcht. Außerdem war sein Geständnis überflüssig, denn seine Schuhe waren rot vor Blut. Wenn er davongelaufen wäre, hätte man seine Spur mit Leichtigkeit verfolgen können.
    »Ich muß es gewesen sein, Captain. Sie versuchte, mir eine Flasche auf den Schädel zu schlagen, da wurde ich verrückt. Ich warf sie auf den Boden und trat … und trat immer wieder. Ich konnte einfach nicht mehr aufhören.«
    »Hat jemand den Vorfall beobachtet?«
    Es gab genug Zeugen. Sie bestätigten, daß alles so gewesen war, wie der Mann gestanden hatte.
    Wingate sagte:
    »Treten Sie bis zur Wand zurück, George Harker. Die anderen gehen zur Seite.«
    Schweigend gehorchten sie.
    »Aber, Captain«, schrie Harker, »ich habe Ihnen doch gesagt, daß sie versuchte …«
    »Sie kennen das Gesetz. Es gibt nichts mehr zu sagen. George Harker, hiermit verurteile ich Sie zum Tode.«
    Und ohne ein weiteres Wort jagte er Harker eine Kugel genau zwischen die Augen. Der Mann sackte zusammen und blieb zwischen den beiden anderen Toten reglos liegen.
    Totenstille. Nur ein Mädchen, dem man ein paar Rippen gebrochen hatte, stöhnte leise.
    Er hat richtig gehandelt, dachte Rudd. Er hat recht, ich hatte unrecht Man darf solche Dinge nicht einfach geschehen lassen, ohne sich darum zu kümmern. Aber ich dachte auch nicht, daß es so schlimm wäre …
    »Und wer tötete Nevil Smith?« fragte Wingate in die Stille hinein.
    Es erfolgte keine Antwort. Es wurde sogar so still, daß Rudd hinter sich das Herz Tinas klopfen hören konnte.
    Die Stille war unnatürlich. Es steckte mehr dahinter als die bloße Angst vor einer neuerlichen Exekution. Viel mehr.
    Aber was?
    »Ich warte«, sagte Wingate grimmig. »Niemand verläßt die Messe, ehe ich nicht weiß, wer Nevil ermordet hat.«
    Irgend jemand bewegte sich. Er schob einige der Männer beiseite, um in die Nähe der Tür zu gelangen. Er war ein junger, hochgewachsener Mann mit blonden Haaren. Er trug nichts als seine Shorts.
    »Jimmy?« wisperte Wingate. »Was hast du denn hier zu suchen?«
    Rudd bemerkte, daß Wingate die Waffe sinken ließ. In den Augen des Captains stand eisiger Schreck darüber, daß sein eigener Sohn an dem Gemetzel teilgenommen hatte.
    Rudd ahnte, daß dem Kommandanten ein noch größerer Schock bevorstand. Er wußte aber auch, daß seine Nichte Tina diesen jungen Jimmy liebte und hoffte, eines Tages seine Frau zu werden.
    In dieser Sekunde begriff auch Wingate.
    »Jimmy …?« hauchte er. »Nevil Smith?«
    Der Bann war gebrochen. Nun, da auch der Kommandant es wußte, bezeugten es mehrere Männer und Frauen, daß sie gesehen hatten, wie Jimmy Smith im Kampf tötete.
    Wingate hob den Revolver.
    »Nein!« Tinas Schrei war voller Verzweiflung und Ungläubigkeit. »Du kannst doch nicht … nicht deinen eigenen Sohn …«
    Sie versuchte Wingate die Waffe zu entreißen, aber Rudd fuhr dazwischen und hielt sie fest. Wenn Wingate seinen Sohn nicht genauso wie Harker wegen Mordes hinrichtete, brauchte die GOOD HOPE einen neuen Captain. Jetzt aber, da die Landung kurz bevorstand, war das ein zu großes Risiko.
    Jimmy gab den Blick seines Vaters zurück, etwas unklar und fragend, als begriffe er überhaupt nicht, was geschah. Dann aber begann er doch langsam zu begreifen.
    Genau in diesem Augenblick erschoß ihn Wingate.
    Die aufgespeicherte seelische Spannung hatte sich Luft gemacht, und das Leben an Bord kehrte in erträgliche Bahnen zurück.
    In der Eingeschlossenheit des Schiffes konnte es für alle die bestehenden Zweifel, Befürchtungen und Ängste keinen anderen Ausweg als hemmungslose Wut geben. Für einen organisierten Aufruhr hätte es jedoch niemals gereicht.
    Eigentlich freute sich niemand auf die bevorstehende Landung. Man konnte nicht siebenundvierzig Jahre seines Lebens – einige sogar ihr ganzes Leben überhaupt – an einem bestimmten Ort verbringen, ohne einen so radikalen Wechsel nicht als zumindest unangenehm zu empfinden. Auf der anderen Seite aber hätte niemand an eine andere Lösung als die Landung denken können.
    Der Sinn und Zweck der GOOD HOPE war zu einer Religion geworden, wenn auch viele der echten Ziele im Verlauf der Jahrzehnte verlorengegangen waren. Immerhin wußten die Älteren noch, daß in weniger als zweihundert Jahren alle Planeten

Weitere Kostenlose Bücher