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Heyne Galaxy 10

Heyne Galaxy 10

Titel: Heyne Galaxy 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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hatte, fuhr zurück wie ein Begräbnisunternehmer, dessen neueste Leiche sich gerade aus dem Sarg erhob und um Feuer bat; und ich konnte es ihm nicht einmal verdenken.
    Ich lebte und befand mich wieder in meinem organischen Körper in Abteil 9997i-Ga8b der Städtischen Körperverwahrung.
    In der nächsten halben Stunde geschah ziemlich viel.
    Zuerst setzte man eine Art Pumpe in Betrieb, woraufhin ich wieder atmen konnte. Während ich noch hustete und mich stöhnend hin und her wälzte, während ich noch an mehr Stellen Schmerzen verspürte, als ich je für möglich gehalten hatte, machten die Verwahrbeamten bereits ein Theater, als stünde die Geburt eines Fernsehbabys bevor. Sie entfernten Kanülen aus meinem Körper und steckten neue hinein. Sie besprühten mich, drückten mich, beklopften mich, horchten mich ab, rannten kopfscheu hin und her, leuchteten mir in die Augen, setzten mir mit kleinen Hämmern zu, steckten mir Instrumente in den Mund, prüften mein Gehör mit kleinen Summapparaten, stellten mir Fragen und unterhielten sich im übrigen mit hohen und fast unverständlichen Stimmen, die mir seltsam unangenehm in den Ohren gellten. Trotzdem bekam ich langsam mit, worüber sie sich so aufregten. Sie waren böse, weil ich es gewagt hatte, ohne Voranmeldung aus einem Verwahrzustand dritten Grades zu erwachen.
    »So etwas ist ungesetzlich!« verkündete mir ein nervöser kleiner Mann in einem ungesund aussehenden Organo-Körper. »Sie hätten daran zugrunde gehen können! Es war reiner Zufall, daß ich mich gerade in diesem Teil der Anlage aufhielt und Ihr Husten hörte. In meinem ganzen Leben habe ich mich noch nicht so erschrocken!«
    Ein anderer Pfleger hielt mir ein Stück Papier unter die Nase. »Unterschreiben Sie das«, sagte er. »Das befreit uns von allen Ansprüchen, die Sie etwa wegen falscher Behandlung oder Beschädigung gegen die Zentralverwahrung geltend machen könnten.«
    »Und wir werden Ihr Abteil mit einer Extragebühr für Nothilfe belasten müssen«, schaltete sich der Nervöse wieder ein. »Auch das ist zu unterschreiben, ebenso wie eine Erlaubnis, Sie in die Zwischenverwahrung zu überfuhren, bis Ihr nächster Verwandter oder autorisierter Vertreter die nötigen Servo-Daten zur Verfügung …«
    Es gelang mir, mich von meinem Lager zu erheben. »Sparen Sie sich die Wiederübertragung auf einen Servo«, sagte ich, »und auch die Zwischenverwahrung. Helfen Sie mir auf die Beine und zeigen Sie mir bitte den Ausgang.«
    »Was? Sie werden mindestens eine Woche Erholung brauchen, ganz abgesehen von dem Training und Reorientationskurs, den Sie absolvieren müssen, ehe Sie wieder als Organo…«
    »Holen Sie mir etwas anzuziehen«, sagte ich. »Dann werde ich auch Ihre Papiere unterschreiben.«
    »Das ist Erpressung!« stellte der Nervöse fest. »Ich lehne jede Verantwortung ab.«
    »Gewiß, gewiß, wenn Sie nur auf meine Forderung eingehen.« Ich war noch ein wenig wackelig auf den Beinen, aber wenn man die Umstände bedachte, ging es mir gar nicht mal schlecht. Für einen Menschen, der vor kurzem Selbstmord begangen hatte, ging es mir sogar ausgesprochen gut. Die Verwahrung hatte meinem Organo-Körper gutgetan.
    Es gab noch einiges Gerede, aber schließlich setzte ich mich durch. Der Nervöse folgte mir noch bis zur Tür, wobei er immer wieder den Kopf schüttelte und lauthals Einwände erhob, aber ich unterschrieb seine Papiere, und er verschwand.
    Im Taxi versuchte ich mich sofort mit Gully in Verbindung zu setzen, aber seine Leitung war besetzt. Dann versuchte ich Lorena zu erreichen, aber es antwortete lediglich eine Tonbandstimme, die mir mitteilte, daß ihr Telefon abgeschaltet war.
    Na gut.
    Kaum hatte ich ein paar Schwierigkeiten mit der Polizei, schienen alle meine Bekannten in der Versenkung zu verschwinden. Aber vielleicht tat ich Gully unrecht. Vielleicht war er nur damit beschäftigt, einen Aufschub für mich zu erwirken. Möglicherweise hielt er sich bereits drüben im Garden auf und machte die Sache klar. Ich gab dem Taxifahrer entsprechende Anweisungen und ließ mich vor dem riesigen steinernen Torbogen absetzen, der in großen Buchstaben die Aufschrift EINGANG FÜR KÄMPFER trug.
    Hier war bereits die übliche begeisterte Meute versammelt, die sich vor dem mühsam freigehaltenen Eingang drängte. Niemand kümmerte sich um mich; die Blicke der Menge hingen an den großen, breitschultrigen Tunneys und Louises und Marcianos und den aufgetakelten Herkys und Tarzanis, die in ihren

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