Heyne Galaxy 12
wenn das alles vorüber ist«, sagte Knight. »Ganz egal, wie das Ergebnis ausfällt.«
»Ich auch«, gab Lee zu.
Vor seiner Eröffnung wurde der Prozeß wenig beachtet; auf dem Terminkalender war er nur einer von vielen.
Erst als Lee und Knight den Gerichtssaal an der Spitze einer Robotertruppe betraten, rückte die Verhandlung schlagartig ins Blickfeld der Öffentlichkeit.
Die Zuschauer begannen zu raunen. Die Anwälte der How-2-Gesellschaft starrten sich ungläubig an und sprangen auf. Der Richter hämmerte wütend auf seinen Tisch.
»Mr. Lee!« dröhnte er. »Was hat das zu bedeuten?«
»Euer Ehren«, erwiderte Lee ruhig. »Das sind meine Assistenten.«
»Das sind Roboter!«
»Allerdings, Euer Ehren.«
»Sie sind nicht berechtigt, vor diesem Gericht auszusagen oder Rechtshandlungen zu begehen.«
»Wenn Euer Ehren mir verzeihen wollen – aber das sollen sie auch gar nicht. Ich bin der einzige Vertreter des Angeklagten in diesem Gerichtssaal. Mein Klient ist ein armer Mann, Euer Ehren.« Und mit diesen Worten blickte er zu der Gruppe der wichtig und energisch aussehenden Rechtsanwälte hinüber, die die How-2-Gesellschaft vertraten. »Das Gericht wird mir zweifellos zugestehen, daß auch ich mir eine gewisse Hilfe verschaffe.«
»Das ist ein äußerst ungewöhnliches Vorgehen, Sir.«
»Wenn Euer Ehren damit gedient ist, darf ich vielleicht auf die Tatsache hinweisen, daß wir im Zeitalter der Technisierung leiben. Fast alle Industrie- und sonstigen Wirtschaftszweige hängen heute auf irgendeine Weise von Computern ab – von Maschinen, die schneller, präziser und besser arbeiten können als ein Mensch. Aus diesem Grund haben wir heute bereits die Fünfzehnstundenwoche, während noch vor hundert Jahren dreißig Stunden in der Woche gearbeitet werden mußte – und weitere hundert Jahre davor gar vierzig Stunden. Unsere Gesellschaft gründet sich auf die Fähigkeiten der Maschinen, dem Menschen Arbeiten abzunehmen, die er bisher selbst erledigte.
Die Tendenz, sich auf die Hilfe intelligenter Maschinen zu verlassen und sie weitgehend einzusetzen, spiegelt sich heute in jedem Bereich menschlichen Lebens, und sie gereicht der menschlichen Rasse zum Segen. Heutzutage vertraut man den Maschinen sogar bei der Herstellung von Heilmitteln, wo es darum geht, die vorgeschriebenen Rezepte bis auf das Milligramm genau auszuführen. Und es kann kein Zweifel bestehen, Euer Ehren, daß das Vertrauen in die Genauigkeit der Menschen – hier wie überall – gerechtfertigt ist.
Euer Ehren, wenn solche Maschinen bei der Produktion von Arzneimitteln benutzt werden – in einem Industriezweig, für den das öffentliche Vertrauen der wichtigste Bilanzposten ist –, dann können Sie sich der Einsicht nicht verschließen, daß auch in den Gerichtshöfen, die mit einem nicht minder empfindlichen Gut umgehen, der Einsatz von intelligenten Maschinen …«
»Einen Augenblick, Mr. Lee«, unterbrach ihn der Richter. »Versuchen Sie mir einzureden, daß die Verwendung von … äh … Maschinen die Rechtsprechung fördern könnte?«
Lee erwiderte, ohne zu zögern: »Das Gesetz, Euer Ehren, strebt die absolute Ordnungsmäßigkeit der Beziehungen innerhalb einer Gemeinschaft menschlicher Wesen an. Es basiert auf Vernunft und Logik. Muß ich noch darauf hinweisen, daß gerade bei den intelligenten Maschinen eine besondere Beziehung zur Logik und Vernunft festzustellen ist? Eine Maschine ist unabhängig von den Gefühlen, denen wir Menschen ausgesetzt sind; sie wird nicht von Vorurteilen und vorgefaßten Meinungen beeinflußt. Sie befaßt sich nur mit der ordnungsmäßigen Darlegung von Tatsachen und Bestimmungen.
Es liegt mir fern, meinen Assistenten in diesem Gericht so etwas wie eine offizielle Kompetenz zu verschaffen. Ich habe nicht die Absicht, sie direkt in die hier anstehende Verhandlung eingreifen zu lassen. Aber ich ersuche das Hohe Gericht, mir die Unterstützung nicht zu versagen, die sie mir geben können. Der Kläger dieses Prozesses hat eine Vielzahl von Rechtsanwälten aufgeboten, die ich ausnahmslos als gute und fähige Kollegen schätze. Ich stehe allein gegen viele und werde mein Bestes tun. Aber im Hinblick auf die zahlenmäßige Unterlegenheit beantrage ich, daß mir das Hohe Gericht nicht einen noch größeren Nachteil auferlegt.«
Lee setzte sich.
»Ist das alles, was Sie zu sagen haben, Mr. Lee?« fragte der Richter. »Sind Sie sicher, daß Ihre Ausführungen ausreichen, um mich zu einem Entschluß zu
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