Heyne Galaxy 14
Lauf der Pistole in den Rücken und zischte mir ins Ohr: »Wenn Sie eine falsche Bewegung machen, bringe ich Sie um. Wir werden langsam zu Ihrem Appartement gehen – wie zwei Freunde, die zusammen einen Spaziergang machen. Haben Sie mich verstanden?«
Ich nickte.
»Also los!«
Wir betraten den Korridor, der mir in meinem ganzen Leben noch nicht so leer vorgekommen war. Niemand kam aus einem der zahlreichen Appartements, ebensowenig wie aus den Zweigkorridoren. Wir blieben vor meiner Wohnungstür stehen, die ich durch meinen Daumendruck öffnete.
Als sich die Tür hinter uns geschlossen hatte, entspannte er sich sichtlich. Er senkte den Arm mit der Pistole und lächelte nervös.
Ich blickte ihn an, schätzte die Entfernung zwischen uns ab und fragte mich, ob ich ihn anspringen konnte, ehe er die Waffe wieder oben hatte. Aber er schien mir den Gedanken vom Gesicht abzulesen, denn er richtete sich wieder auf und schüttelte den Kopf. »Versuchen Sie es nicht«, sagte er. »Ich möchte Sie nicht umbringen. Ich will niemanden umbringen, aber ich werde auch nicht zögern, wenn es unbedingt nötig ist. Wir werden hier zusammen warten, bis sich die Aufregung etwas gelegt hat. Dann werde ich Sie fesseln, damit Sie mir Ihre Armee nicht zu schnell auf den Hals schicken, und Sie verlassen. Wenn Sie keine dummen Heldenstreiche versuchen, passiert Ihnen nichts.«
»Die Flucht wird Ihnen nicht gelingen«, sagte ich ihm. »Das ganze Projekt ist im Alarmzustand.«
»Das lassen Sie meine Sorge sein«, sagte er und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Haben Sie Chico-Kaffee?«
»Ja.«
»Dann machen Sie mir eine Tasse. Und glauben Sie nicht, daß Sie mich mit dem kochenden Wasser außer Gefecht setzen können.«
»Ich habe nur meine Tagesration – zwei Tassen, für Mittag- und Abendessen.«
»Zwei Tassen reichen völlig – eine für mich und eine für Sie.«
Jetzt vergriff sich dieser verdammte Spion also auch noch an meinem Kaffee! Mein Ärger erinnerte mich an Linda. Wie die Sache im Augenblick aussah, würde ich ihre Wohnung heute wohl nicht mehr erreichen. Im Augenblick trauerte sie wahrscheinlich schon um mich und hatte vielleicht auch den Rettungsdienst alarmiert, der nach meinen Überresten suchen sollte.
Während ich den Chico zubereitete, stellte er mir verschiedene Fragen. Als er meinen Namen erfahren hatte, wollte er wissen: »Was ist eigentlich Ihr Beruf?«
Meine Gedanken überschlugen sich. »Ich fertige ankommende Erzwagen ab«, erwiderte ich. Das stimmte natürlich nicht, aber ich hatte von Linda genügend über diese Tätigkeit gehört, um mich durchschwindeln zu können, wenn er weitere Fragen stellte.
In Wirklichkeit war ich Sportlehrer und hatte mich insbesondere auf Ringen, Judo und Karate spezialisiert – also auf Dinge, mit denen ich ihn lieber auf meine Weise bekanntmachen wollte, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen war.
Er schwieg einen Augenblick und fragte dann: »Wie ist die Strahlung bei den Erzwagen?«
Ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
»Wenn die Wagen zurückkommen«, erklärte er, »wieviel Strahlung bringen sie von draußen mit herein? Wird das denn niemals gemessen?«
»Natürlich nicht«, erwiderte ich. Jetzt hatte ich wieder festen Boden unter den Füßen. »Die Wagen und ihre Ladung werden in besonderen Stationen strahlungsfrei gemacht, ehe sie in das Gebäude kommen.«
»Das weiß ich«, sagte er ungeduldig. »Aber überprüfen Sie die Wagen niemals vorher?«
»Nein, warum?«
»Um festzustellen, wie weit die Strahlung draußen nachgelassen hat.«
»Wen sollte das interessieren?«
Er runzelte ärgerlich die Stirn. »Immer die gleiche Antwort«, murmelte er leise. »Jedesmal die gleiche Antwort. Sie haben sich in Ihren Höhlen verkrochen und sind willig, für immer darin zu bleiben.«
Ich blickte mich kurz um. »Eine ziemlich bequeme Höhle«, sagte ich.
»Aber nichtsdestoweniger eine Höhle.« Er beugte sich vor, und in seinen Augen stand ein fanatischer Glanz. »Haben Sie niemals den Wunsch, nach draußen zu gehen?«
Unglaublich! Ich hätte mir fast das kochende Wasser über die Hand gegossen. »Nach draußen? Natürlich nicht!«
»Immer das gleiche«, murmelte er. Überall die gleiche Dummheit. Hören Sie mal zu! Können Sie sich vorstellen, wie lange der Mensch gebraucht hat, um seine Höhlen zu verlassen – können Sie sich den langen, schmerzvollen Entwicklungsprozeß vorstellen, der sich über Jahrmillionen erstreckte, ehe der Mensch den ersten
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