Hibiskusblüten
sah einen Wagen vor dem Haus halten. Muriel sprang heraus. Mir stockte fast der Atem.
„Bleib!“ schrie ich ihr zu. „Bleib im Wagen!“
Gleichzeitig aber hörte ich ein zweites Geräusch. Es kam aus der Richtung, wo ich vorhin meinen Wagen gewendet hatte. Es war das Geräusch eines Anlassers, und kurz darauf Motorengebrumm, das immer leiser wurde.
Ich rannte los, hob das Papierchen auf und stand neben Muriel. Ihr Gesicht leuchtete mir entgegen wie eine weiße Blüte.
„Was ist passiert?“ fragte sie, „ist dir etwas geschehen? Bist du verletzt? Hat jemand auf dich geschossen?“
„Alles schon vorbei“, sagte ich, „mach nun ganz schnell deinen Zauber — wohin führt die Straße in dieser Richtung?’’
Ich deutete dorthin, wo der Schütze geflüchtet war.
„Nach Universal City“, sagte sie hastig, „nach etwa zwei Meilen kommt man auf den Barham Boulevard, und dann...“
„Weiß ich — alles andere telefonisch. Von wo kommt die Polizei?“
„Von Hollywood herauf, bei mir vorbei. Bist du wirklich nicht verletzt?“
„Nein.“
Ich sprang in meinen Wagen, wendete und raste die Straße hinauf. Ich fuhr, daß mein Wagen in allen Nähten ächzte und krachte, aber als ich zu den Häusern von Universal City kam und den Barham Boulevard erreicht hatte, wußte ich, daß mir der Mörder längst davongefahren war.
4
Als ich zu Hause angekommen war, rief ich sofort Muriel an. Es meldete sich niemand.
Ich kochte mir Kaffee, trank zwischendurch Whisky und dachte, vielleicht würde ausnahmsweise einmal eine Zigarette meine tobenden Nerven beruhigen. Sie schmeckte aber so abscheulich, daß ich sie fortwarf und wie besessen auf meinem Gummi herumkaute.
Ich rief wieder an, und wieder meldete sich niemand. Ich nahm mir das Papier vor, in welches die Rosen eingewickelt gewesen waren, und untersuchte es auf Fingerabdrücke. Ich fand auch welche, die ich vorsichtig präparierte. Die Folien schloß ich in meinem Schreibtisch ein.
Dann zog ich meine Armbanduhr vom Arm, legte sie vor mich hin und starrte auf den großen Zeiger. Alle zehn Minuten rief ich an.
Endlich wurde der Hörer abgehoben, und ich hörte Muriels Stimme.
Ich war vorsichtig.
„Hier spricht Stretcher“, sagte ich, „entschuldigen Sie vielmals, Miß Delano, daß ich Sie so spät noch störe, ich möchte gern..
„Du kannst sprechen“, sagte sie, „ich bin allein.“
„Gott sei Dank — was ist denn los?“
„Sie sind noch drüben“, sagte sie und fügte ganz leise hinzu: „Ich habe Dinah gesehen.“
„Du wirst künftig bessere Kriminalgeschichten schreiben“, sagte ich, „ich habe noch nie Schriftsteller leiden können, die über Dinge schreiben, die sie gar nicht kennen. Wieso bist du denn plötzlich da oben erschienen?“
„Ich hatte es mir überlegt, daß es doch besser sei, wenn auch mit meinen Spuren alles stimmte. Und dann hab’ ich den Schuß gehört und bin einfach losgefahren. Was war denn nun? Hat wirklich jemand auf dich geschossen?“
„Ich glaube nicht“, sagte ich, „die Entfernung war so kurz und ich stand so schön auf dem Präsentierteller, daß ich glaube, man wollte mich nur verscheuchen. — Haben sie dich in Ruhe gelassen?“
„Ja. Sie haben mich nicht einmal nach dir gefragt. Ich habe ihnen bloß die Sache mit dem Bücherleihen erzählt, und sie scheinen durchaus nicht mißtrauisch zu sein.“
„Täusch dich nicht, Liebling! Gerade das gefällt mir gar nicht. Paß auf, daß sie dich nicht überrumpeln.“
„Mir scheint, Allan, daß sie absolut nichts wissen. Sie suchen nach Spuren. Oh, Allan, ich habe so Angst um dich.“
„Vielen Dank, Muriel! Du bist, seit meine Mutter starb, der erste Mensch, der Angst um mich hat. Muriel — ich schiele!“
Sie versprach mir noch, mich wieder anzurufen, sobald oben alles ruhig geworden war.
Ich schloß auch die Schachtel mit den Kaugummipapierchen in meinen Schreibtisch ein, und dann fing ich an, aus lauter Langeweile, meine Pistole auseinanderzunehmen und zu reinigen. Ich kochte mir dazu frischen Kaffee und wartete auf Muriels nächsten Anruf.
Endlich, um halb zwei Uhr morgens, kam er.
„Es war genau, wie du gesagt hast“, erklärte sie mir. Ich hörte, wie ihre Stimme vor Aufregung noch ein wenig zitterte. „Sie waren noch mal bei mir und fragten, ob ich einen Mann gesehen hätte, der einen schwarzen Chevrolet fuhr. Ich dachte, ich dürfe es nicht schlimmer machen, und sagte sofort ja. Das ist doch dein Wagen?“
„Ich weiß nicht genau,
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