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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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gefunden wurde, ihm gehört haben konnte.
    Eine kleine Gruppe von Sioux, darunter R. Singh, fand sich eines Spätnachmittags auf dem Weg zum Laden des Marketenders in Fort Halleck, wo Felle gegen Tabak getauscht werden sollten, in Sandy Skull ein und bat um Kaffee und Brot, und Mizpah bewirtete sie. In der Abenddämmerung brach die Gruppe wieder auf. Nur Singh erreichte das Fort, doch der Mann aus Kalkutta war so durcheinander, dass ihm weder die Sprache der Sioux noch die der Amerikaner, noch sein heimatliches Idiom gehorchte. Er kaufte zwei Rollen Kautabak und verschaffte sich mittels gewandter Zeichensprache einen Platz im Wagen eines mormonischen Frachtzugs nach Salt Lake City.
    Ein Dutzend Banditen ritt an der Sandy-Skull-Station vorbei, als sie unterwegs waren zu einem großen Bandentreffen mit Festgelage, mit gebratenem Truthahn und verschiedensten Pasteten sowie den üblichen Flittchen und zahllosen Flaschen von Young Possum und anderen Getränken nach dem Geschmack von Männern, die auf staubigen Trails schnell und rücksichtslos zu reiten pflegten. Sie vergnügten sich damit, auf den großen Beifußstrauch zu zielen, und versuchten, seine wehenden Arme abzuschießen. Fünf von ihnen kamen nicht über die Sandy-Skull-Station hinaus. Als die Furs, die zu Besuch auf der Clug Ranch gewesen waren, nach Hause kamen, sahen sie, dass ihr Beifußjunge versehrt war und nur noch einen Arm hatte, den er aber tapfer in die Luft hielt, als wolle er sie begrüßen. Der Telegrafist kam aus seinem Schuppen und sagte, die Banditen seien die Schuldigen und er habe es vorgezogen, sich zu verstecken, um sie später zu bestrafen, denn auch er habe väterliche Gefühle für den Beifußjungen entwickelt. Nicht viel später ersuchte er darum, nach Denver oder San Francisco versetzt zu werden.
    Alles veränderte sich, als die Union-Pacific-Eisenbahnlinie dem Postkutschenverkehr den Garaus machte. Die Einzelteile der Station verschwanden, fortgetragen von Ranchern, die das Baumaterial gut brauchen konnten. Bill und Mizpah Fur mussten die Station Sandy Skull aufgeben. Nach einem tränenreichen Abschied von ihrem geliebten Beifußjungen zogen sie nach Montana, wo sie elternlose Cowboys an Kindes statt annahmen und eine Pension betrieben.
     
    Jahrzehnte gingen ins Land, und der Beifußstrauch wuchs weiter, wenn auch langsamer. Die alte Postkutschenspur füllte sich mit angewehtem Sand und Fettholz. Eine Generation später führte der Lincoln-Highway vorbei, der die Ostküste mit der Westküste verband. Bisweilen näherte sich ein Motorradfahrer mit Picknickkorb, der den Beifußstrauch für einen schattigen Baum gehalten hatte. Und dann wurde die alte Straße von einer neuen Interstate verschluckt, und den Lastwagenfahrern diente der hoch aufragende Beifuß in der Ferne als Orientierungspunkt, der ihnen sagte, dass sie den halben Staat durchquert hatten. Sein Blattwerk blieb üppig, und seine Größe war verblüffend, doch insgesamt schien der Strauch während der Interstate-Zeit das Wachstum eingestellt zu haben.
    Erdöl- und Erdgasfunde wühlten Wyoming auf, konnten jedoch dem erstaunlichen Strauch auf seinem abgelegenen, schwer zugänglichen Platz nichts anhaben, bis BelAmerCan Energy, eine multinationale Methangasförderungsfirma, in der Nähe vielversprechende Lagerstätten entdeckte, sich um Genehmigungen bemühte, die sie erhielt, und zu bohren begann. Die Versprechen wurden wahr. Unter der Oberfläche befand sich ein großes Kohlengasvorkommen. Arbeiter aus anderen Bundesstaaten kamen in das Gelobte Land. Eine Pipeline musste gelegt werden, was noch mehr Arbeiter erforderte. Da es nicht genug Unterkünfte gab, teilten Schichtarbeiter sich zu viert ein Bett in den schäbigen Motels vierzig Meilen weiter nördlich.
    Um der Bettennot abzuhelfen, ließ die Firma ein Behelfslager im Beifußdickicht errichten. Der Eingang befand sich neben dem gigantischen Beifußstrauch. Trotz seiner Größe hatte man ihn nicht weiter zur Kenntnis genommen, da er nur ein Beifußstrauch war. Es gab Millionen von Beifußsträuchern, manche groß, manche klein. Neben dem Strauch konnte man sich zurückziehen. Das Lager war ein großes, ungefüges Gebäude, das aussah, als wäre es aus dem Sand in die Höhe geschossen. Die Kämmerchen und Gemeinschaftsduschen, die Treppen und Betten und die wenigen Türen waren aus Metall. In der spartanisch eingerichteten Küche führte Mrs. Quirt, die ältliche Frau eines Ranchers im Ruhestand, das Regiment; sie

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