Hier ist was faul!
Abigail.
»Aaaahgggg!«, jammerte Mookie. »Weshalb liege ich eigentlich immer falsch? Jetzt reicht’s. Von jetzt an lasse ich immer die anderen zuerst reden. Besonders dich, Abigail.«
»Warum meinst du, dass ich anrufen sollte?«, fragte ich Abigail.
»Du bist jetzt schon so weit gegangen. Du hast mit ihm gesprochen. Es ist offensichtlich, dass er etwas weiß. Vielleicht ist er gar nicht so übel. Er hat sich doch Zeit gelassen, mit dir Kontakt aufzunehmen, damit du keine Angst kriegst. Er hat dir nicht wehgetan. Er hat sogar gesagt, er könne dir helfen.«
»Ein bisschen Hilfe wäre eigentlich ganz schön.« Ich begriff, dass er mich in einen Lieferwagen hätte zerren können, hätte er mich kidnappen wollen. Zu meinen neuen Fähigkeiten zählten nicht gerade Superkräfte. Obwohl, wenn er mich am Arm gepackt hätte, hätte ich wahrscheinlich fliehen können, indem ich ihn zurückließ.
»Ruf ihn nach der Schule an«, sagte Abigail.
»Na gut. Oder vielleicht warte ich bis heute Abend. Oder morgen früh. Aber da ist ja schon Wochenende. Montag ist vielleicht besser.«
»Nathan, hör auf, Zeit zu schinden«, ermahnte mich Abigail. »Du musst die Sache klären. Ruf ihn sofort nach der Schule an. Wenn er dich irgendwo treffen will, werden Mookie und ich uns an deine Fersen heften.«
»Ich bin ein hervorragender Verfolger«, brüstete sich Mookie. Er tippelte ein paar Schritte auf Zehenspitzen und stolperte dann vom Randstein.
»Okay. Ich mach’s.« Ich fühlte mich wohler, wenn sie wussten, wohin ich ging.
Abigail lächelte mich strahlend an. »Und wir werden kein schrottiges Papierrollenhalter-Fernrohr brauchen. Ich rufe Moman und bitte sie, mir mein Fernglas zu bringen.« Dann schwand ihr Grinsen. »Oh nein! Das geht ja nicht. Es ist ja weg!«
»Es wird auch ohne gehen«, sagte ich. Abigail hatte letzten Monat all ihre Sachen verloren, weil ihr Elternhaus abgebrannt war. Ich vermute, dass sie eine Menge guter Ausrüstung für ihre wissenschaftlichen Experimente besessen hatte. Jetzt war alles nur noch Asche.
In Gemeinschaftskunde machte Abigail einen traurigen Eindruck. Ihr Lächeln kehrte allerdings zurück, als wir zu Naturwissenschaften gingen und sie auf dem Pult von Ms Delambre einen Frosch entdeckte.
Ich ging hinüber und betrachtete ihn. Entweder schlief er richtig tief oder er war tot.
»Sieht aus wie einer deiner Verwandten«, sagte Mookie.
»Halt den Mund.« Ich fixierte den Frosch. Er bewegte sich kein bisschen. Definitiv tot.
»Er hat gequakt«, sagte Denali vom Nebentisch aus.
Ich war froh, dass sie ihren Sinn für Humor wiederhatte, selbst wenn das gerade eher ein schlechter Witz gewesen war.
»Galvani«, flüsterte Abigail. Dabei glitzerten ihre Augen, als handle es sich um ein Zauberwort.
Ich sah sie an. »Was?«
Sie lächelte. »Wahrscheinlich geht es im Unterricht darum. Ich glaube, du wirst es interessant finden.«
Ms Delambre kam herein, und wir nahmen alle auf unseren Stühlen Platz.
»Luigi Galvani war ein italienischer Physiker«, erklärte Ms Delambre.
Ich warf Abigail einen Blick zu. Sie zuckte mit den Schultern, als wollte sie ein »Hab ich doch gesagt« andeuten. So sehr sieauch glaubte, ihre Intelligenz vor ihren Mitschülern verbergen zu müssen, stellte ich fest, dass sie es genoss, ihr Geheimnis mit Mookie und mir zu teilen. Ich nickte in ihre Richtung und klatschte leise in die Hände.
Vorne erklärte Ms Delambre das Galvani-Experiment und wie dieser entdeckt hatte, dass er die Muskeln eines toten Frosches mithilfe von Elektrizität zucken lassen konnte.
»Wir müssen das irgendwann mal an dir ausprobieren«, flüsterte Abigail.
»Mit mir macht niemand Experimente«, sagte ich.
Das stimmte vielleicht für die nächsten ein oder zwei Stunden, aber der Unterricht von Mr Lomux schien auch irgendwie eine Art wissenschaftliches Experiment zu sein. Als wir in die Sporthalle kamen, waren an einer Wand entlang Eimer aufgestellt.
»Was soll das jetzt?«, fragte Adam.
»Vielleicht glaubt er, dass wir alle kotzen müssen«, sagte Mookie.
»Es wird was weitaus weniger Erfreuliches sein als das«, meinte ich.
»Stellt euch dort drüben auf!«, brüllte Mr Lomux und zeigte auf die Eimer.
Ich fand einen Platz neben einem Eimer. Er war mit Wasser und Eisbrocken gefüllt.
»Steckt eure Hände hinein«, sagte Mr Lomux.
Ich bückte mich und steckte die Hände in das Wasser. Es machte mir nichts aus. Aber um mich herum konnte ich ein Jaulen und Keuchen hören. Mir
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