Hier, jetzt und vielleicht für immer
Bisher hatte er noch nie eine Frau versetzt. Darüber hinaus hatte er nun das Gefühl, dass er auch Tana und Lilly im Stich ließ.
Es ist nicht meine Schuld, dass sie sich an mich gehängt haben, redete er sich ein. Schließlich hatte er sie nur zu Pizza eingeladen, Lilly einen Drachen gekauft und bei Tana Schokolade für eine Spendenaktion im Rahmen eines Schulprojekts bestellt.
Er bog so rasant in seine Auffahrt ein, dass er um ein Haar den Briefkasten umnietete. Die Nachbarn mussten ihn für betrunken halten. Doch das war ihm egal. Er stieg aus und knallte die Autotür zu. Die Haustür erfuhr dieselbe grobe Behandlung.
Er stürmte ins Haus, doch dann blieb er mitten im Wohnzimmer stehen und fragte sich, wie er gegen sein schlechtes Gewissen angehen sollte.
Gar nicht. Du verdienst es, dich mies zu fühlen. Weil es sich nicht gehört, Saras Grillfest zu schwänzen, ohne abzusagen.
Er holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank und ließ sich auf die Couch fallen, schaltete den Fernseher ein und zappte durch die Kanäle.
Einige Zeit später klingelte das Telefon. Am liebsten hätte er den Stecker rausgezogen, aber ihm war nicht danach zumute aufzustehen.
Sobald sich der Anrufbeantworter einschaltete, bereute Adam seine Trägheit.
Tanas Stimme drang in sein Haus ein und durchbrach die Teilnahmslosigkeit, in die er sich mit aller Macht zu versetzen versuchte. „He, hast du die Zeit übersehen? Die Grillparty fängt an. Außer dir sind alle hier und das Essen ist fertig. Wir sehen uns.“
Irrtum, dachte er und nahm einen großen Schluck aus der Bierflasche.
Den ganzen nächsten Tag war Adam mies gelaunt. Es kostete ihn unglaubliche Mühe, nicht jeden anzuschnauzen, der es wagte, in seine Nähe zu kommen.
Seinen üblichen abendlichen Besuch im Beach Bum ließ er ausfallen. Stattdessen fuhr er schnurstracks nach Hause, begleitet von seiner schlechten Laune.
Obwohl er hundemüde war, schlief er sehr unruhig und stand schon nach zwei Stunden wieder auf, um rastlos durch das Haus zu wandern. Er machte kein Licht, weil er den Menschen nicht beleuchten wollte, zu dem er geworden war. Ein Mann, der eine nette Frau ohne Erklärung sitzen ließ. Der die Vergangenheit nicht ruhen lassen wollte. Der Angst davor hatte, wieder für jemanden Gefühle zu entwickeln.
Er ließ sich auf die Couch fallen und starrte ins Leere, während sich seine Gedanken überschlugen. Konnte er die Vorkommnisse im Irak vergessen und sich auf eine Beziehung mit Sara einlassen? Einerseits brannte er darauf, in diesem Moment bei ihr zu sein; andererseits spürte er das Bedürfnis, ihr fernzubleiben, um sich selbst zu schützen.
Er ließ den Kopf an die Rücklehne zurückfallen und starrte an die Decke. Ausnahmsweise wünschte er sich, dass ihm jemand sagte, was er tun sollte. Weil er es selbst absolut nicht wusste.
Bei Tagesanbruch erwachte er mit einem furchtbar steifen Nacken. Das geschah ihm ganz recht. Ihm wurde bewusst, dass ihm die Vorstellung, sich ernsthaft auf Sara einzulassen, an diesem Morgen nicht mehr so beängstigend erschien wie am vergangenen Abend.
Während er duschte, sich anzog und in den neuen Tag hinausging, wartete er darauf, dass seine Vernunft ihn zur Rechenschaft zog. Aber nichts geschah.
Als er auf dem Parkplatz des Coffee Cottage fuhr, hob sich seine Stimmung. Er hatte sich all die Jahre von allem und jedem distanziert, um eine selbst auferlegte Strafe abzuleisten. Nun stieg zum ersten Mal die Hoffnung auf, dass er genug gebüßt und seine Schuld beglichen haben könnte.
Dieser neue Gedanke beschäftigte Adam so sehr, dass er Ruby nicht bemerkte, bis er fast mit ihr zusammenstieß. Sie stand in der Schlange an der Getränkeausgabe und starrte auf ihr Smartphone.
„Mal wieder beim Twittern?“, fragte er.
Sie schreckte auf und warf ihm einen Blick zu, der alles andere als herzerwärmend wirkte. „Ich glaube nicht, dass Ihnen gefällt, was ich über Sie zu sagen habe.“
Er atmete tief durch. „Dass ich ein Schuft bin?“
„Und was für einer!“
Was sollte er dazu sagen? Sie hatte recht.
„Wissen Sie, ich habe Sara gedrängt, Ihnen eine Chance zu geben. Jetzt fühle ich mich wie ein Dummkopf.“
„Ich wollte ihr nicht wehtun.“
„Sie ist nicht die einzige Betroffene.“
Im Geist hörte er Tanas Stimme auf seinem AB, obwohl er die Nachricht gelöscht hatte.
„Die Mädchen sehen etwas Besonderes in Ihnen. Sie haben vorher noch nie ihr Herz an jemanden gehängt, mit dem Sara ausgegangen
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