Hier kommt Hoeneß!
Bayern in den darauffolgenden Jahren das Halbfinale der Königsklasse erreichen. Doch die Sehnsucht des Uli Hoeneß nach einem neuerlichen Mailand ist ungebrochen. Das einzige Problem aus seiner Sicht: der finanzielle Wettbewerbsnachteil, zum Beispiel im Vergleich mit dem Sieger von 2009, dem FC Barcelona. In einem Interview mit dem »Stern« sagte Hoeneß: »Die haben Personalkosten – dreimal so hoch wie unsere. Wenn das dann eine Fohlenelf ist, na bravo. Die bekommen pro Jahr 147 Millionen Euro vom Fernsehen. Wir kriegen 27 Millionen. Geben Sie mir die 120 Millionen Euro Differenz, dann gewinne ich Ihnen auch in den nächsten drei Jahren die Champions League.«
Die Nachfrage: »Der einzige Unterschied ist Geld?«
Hoeneß entschlossen: »Der einzige.«
Noch eine Nachfrage: »Machen Sie es sich da nicht ein bisschen einfach?«
Hoeneß bestimmt: »Überhaupt nicht. Die letzten paar Prozent, die zum Titel fehlen, das sind die 100 Millionen.«
Die Bayern werden es wieder versuchen. Wieder und wieder, mit welchem Trainer auch immer. Louis van Gaal steht für den aktuellen Anlauf. Um Hoeneß, welchen Posten er dann auch immer hat, glücklich zu machen. In solchen Momenten ist er dann auch besonders spendabel. Nach dem Triumph von Mailand 2001 hat jeder Vereinsangestellte ein zusätzliches Monatsgehalt bekommen. Keiner wurde vergessen, auch nicht Titantrainer Maier. »Als wir im Flieger von Mailand zurück nach München waren, kam Hoeneß durch die Reihen, klopfte mir plötzlich auf die Schulter und rief laut aus: ›Sepp, heute gibt’s für dich die doppelte Prämie.‹ Da war der Uli immer generös.« Besonders zu Kahn. »Als wir am nächsten Tag auf dem Marienplatz in München feierten, sagte Hoeneß mitten im Trubel zu mir: ›Du, Oliver, pass mal auf, der Verein hat beschlossen, dir eine Sonderprämie zu zahlen.‹ Das stand in keinem Vertrag, war reine Dankbarkeit. Fast war es mir ein bisschen peinlich«, erzählt Kahn, »ich habe das dann nicht groß rumerzählt.«
Und die Höhe der Extravergütung? Fünfstellig? Kahn schüttelt den Kopf. Sechsstellig? Sehr sechsstellig? Kahn nickt.
Was geht nicht alles, wenn Hoeneß mit sich und seiner Bayern-Welt im Reinen ist!
10. Error! Systemfehler Klinsmann
Er war so frei und hat sich seine Freiheit erkämpft. Ottmar Hitzfeld hat im Dezember 2007 einfach Nein gesagt zu Uli Hoeneß. Im rechten Moment etwas abzulehnen ist eine Tugend. Klar, man braucht die Kraft dazu, gerade wenn die Verlockung, auf den ersten Impuls hin Ja zu sagen, einem pflichtschuldigen Reflex gleichkommt. Hitzfeld aber hörte auf den zweiten Impuls. »Freiheit ist Luxus«, hat er in einem Interview einmal gesagt, und er definierte es so: »Freiheit ist, dass ich nicht machen muss, was ich nicht will.« Sich loszulösen von akkuratem Pflichtgefühl, von zu ausgeprägtem Loyalitätsbewusstsein, von übertriebener Selbstkontrolle, kurz: von seinem Trainerjob beim FC Bayern – das ist Hitzfelds größter persönlicher Triumph. Kein Pokal, kein Titel, kein Rekord.
Doch zweimal hatte Ottmar Hitzfeld in seiner Trainerkarriere zugesagt, als die Bayern-Bosse, vornehmlich Uli Hoeneß, um seine Mitarbeit warben. Das erste Mal im Frühsommer 1998, als er sich nach einer einjährigen Tätigkeit als Sportdirektor von Borussia Dortmund unterfordert fühlte, ja mitunter sogar langweilte. Es folgten sechs erfolgreiche Jahre mit nationalen Titeln en masse, mit dem Gewinn der Champions League im Mai 2001 als Höhepunkt. Im Sommer 2004 war dann Schluss, es war das Ende der ersten Ära.
Am 31. Januar 2007, als er von Hoeneß nach einer zweieinhalbjährigen Auszeit samt lockerer Nebentätigkeit als Experte bei Pay-TV-Sender »Premiere« überrumpelt wurde, begann Ära Nummer zwei. Hoeneß rief, nachdem man den Entschluss getroffen hatte, sich kurz nach Beginn der Rückrunde von Trainer Felix Magath zu trennen, in Engelberg an, am Wohnsitz von Hitzfeld in der Schweiz: »Ottmar, willst du uns helfen?« Da konnte er nicht anders. Er sagte zu – spontan, schnell, ohne lange nachzudenken. »Das hat der Uli sehr geschickt gemacht«, erinnert sich Hitzfeld, »denn was soll man auf so eine Frage schon antworten?« Also kehrte er zum FC Bayern zurück.
Nicht einmal ganz elf Monate später zog er einen Schlussstrich und kündigte vor Weihnachten 2007 seinen Abschied für das Saisonende im Mai 2008 an. Weil Hitzfeld eben Nein sagen wollte im für ihn besten Moment. Gleichzeitig hat er der Schweiz sein Jawort gegeben, nach
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