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Hier kommt Hoeneß!

Hier kommt Hoeneß!

Titel: Hier kommt Hoeneß! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pattrick Strasser
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Pleite für ihn soll, darf, kann es nicht geben. Ottmar Hitzfeld bleibt nach außen cool, echauffiert sich nur zum Wohle des Teams. Eine Kunst, die Hoeneß nie nachvollziehen konnte, er war emotional immer durchsichtig. Daher nannte er Hitzfeld oft den »größten Schauspieler aller Zeiten« und verglich: »Was der auf der Bank macht, dagegen bin ich ein Waisenknabe.«
    Es kommt zum Elfmeterschießen, zur 50:50-Chance. Paulo Sérgio verschießt, der sonst so kühle Schwede Patrik Andersson ebenfalls. Hitzfeld: »Da habe ich gedacht, da kannst du nie mehr zurückkommen. Das war im Grunde tödlich.« Doch das Schießen gegen Valencia ist keine wirkliche 50:50-Angelegenheit, denn die Bayern haben Kahn. Er hält insgesamt drei Elfmeter und später den Pott in Händen. Das ist die Geburtsstunde des Titanen. Die Bayern sind am Ziel – und zugleich hatte man das Gefühl, der Pott wäre auch angekommen. Nach 25 Jahren zurück in München.
    Die Spieler wussten, wer sich diesen Triumph am intensivsten ersehnt hatte: Sie packen Hoeneß und werfen ihn über ihre Schultern in die Luft. Einen Mann, der trotz der Schwüle der Nacht und der Hitze des Elfmetergefechts seine rot-weiße Stadionjacke nicht abgelegt hatte, wohl damit man die Spuren der Nervosität nicht allzu deutlich auf dem weiß-blauen Businesshemd sehen konnte. Hoeneß lacht und strahlt wie ein kleines Kind an Weihnachten.
    In den ersten Interviews sprudelte es aus allen Verantwortlichen nur so heraus. Das Glück in Worten: »Gegen Valencia waren wir zweimal tot und sind wieder auferstanden. Ich fühle mich wie im Himmel. Der Verein ist einfach geil«, ließ sich selbst der sonst meist beherrschte Rummenigge zu ungewöhnlicher Wortwahl hinreißen.
    Hoeneß, Schweiß auf der Stirn, die Augen leuchtend, überschlug sich fast: »Wir haben immer versucht, speziell ich, auf einer gesunden wirtschaftlichen Basis den maximalen sportlichen Erfolg zu erzielen. Und mit diesem Sieg ist der Beweis erbracht, dass es möglich ist. Das ist eine Theorie, die mir kaum einer geglaubt hat. Aber heute ist sie möglich geworden. Jetzt sind wir am Ende des Weges.« Speziell er selbst. »Ich bin glücklicher als bei unserem letzten Europacup-Sieg 1976 in Glasgow, als ich noch mitgespielt habe. Ich bin froh, dass wir endlich diesen Pokal gewonnen haben. Jetzt kommt endlich mal dieser Abend, wo man nicht an morgen denkt, wo man einfach alles laufen lässt, wo man einfach nur genießt. Ich möchte das hier und heute genießen und endlich einmal so richtig feiern.« Nur die Siegerzigarre, eine echte Davidoff aus der Bayern-Edition, die sie extra vor einigen Wochen hatten anfertigen lassen, ließ er im Etui stecken. Es wäre seine erste seit 30 Jahren gewesen, sein Tischnachbar Rummenigge ließ es sich dagegen beim Bankett wie so oft bei Feiern nicht nehmen, eine dicke Zigarre zu paffen.
    Triumphator Ottmar Hitzfeld, nun als Trainer in einer Reihe mit den Klublegenden Udo Lattek und Dettmar Cramer, erinnert sich an den Jubeltanz von Mailand mit Hoeneß. Wie bei so vielen wichtigen Toren war Hoeneß auch in Mailand einfach auf Hitzfeld gesprungen, hatte den hageren, asketischen Typen wie ein Äffchen umklammert und hing an ihm dran. »Darauf musste ich mich immer vorbereiten«, erzählt Hitzfeld, »wenn Uli ankam, habe ich schnell alle Kräfte mobilisiert und die Muskeln angespannt, damit ich ihn halten konnte. In diesen Momenten war ich ein Gewichtheber.« Kalorien wurden verbrannt, Glückshormone ausgeschüttet. Hitzfeld schwärmt noch heute: »Wir haben alle glücklich gemacht. Die Fans und uns selbst. Wir hatten enormen Druck, dass wir nicht noch mal ein Finale verlieren, und dann erlebst du Gefühle, die du im normalen Leben kaum erfahren kannst. Ich dachte an Goethe und das berühmte Zitat: ›Zum Augenblicke dürft’ ich sagen: Verweile doch, du bist so schön!‹ Wir alle wollten den Moment anhalten.«
    Um zumindest die Erinnerung daran festzuhalten, hat sich Hoeneß das Foto der Fankurven-Choreografie rahmen lassen. Anfang 2009 sagte er in einem Interview mit dem »Spiegel«: »Da hätte ich weinen können, als ich im Stadion war. Fans lieben ihren Verein. Vieles von dem, was sie sich auf ihre Fahnen schreiben, entspricht meiner Sicht des Fußballs.«
    Der Triumph von 2001 gehört nun auch in die Kategorie gute, alte Zeit. In der Erinnerung, in den Emotionen ist der Sieg noch richtig nahe. In der Realität jedoch so fern. Auch in Zukunft? Nicht ein einziges Mal seit 2001 konnte der FC

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