Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
auf ein Holztablett.
Er lächelt mich kurz an.
»Denk an die Servietten, Papa! Die du extra besorgt hast«, sagt er zu seinem Vater und schlendert mit dem Tablett aus der Küche.
Erfasst von einem leichten Lampenfieber, folge ich ihm.
Im Wohnzimmer stellt Felix das Tablett auf den hässlichen Couchtisch, der ganz prima zu den Mief-Möbeln in Jörgs Haus passen würde, gießt zwei Mineralwasser ein und wirft sich in den blauen Ohrensessel, den normalerweise Bruno innehat.
Ich setze mich ihm gegenüber in eine Ecke des beigen Samtsofas und schlage die Beine übereinander.
Einen Moment lang lauschen wir den Geräuschen aus der Küche, Bruno legt Besteck auf den Tisch.
Felix atmet tief durch.
»Du darfst mir gratulieren, Iris«, sagt er dann und strahlt über das ganze Gesicht.
Oh, oh!
Mir wird eiskalt.
Soll das heißen, es ist bereits zu spät?
Für meine Mission?
»Weshalb guckst du denn so erschrocken?« Felix setzt sich gerade hin.
»Ich, äh, keine Ahnung«, stottere ich.
Weshalb muss man mir ansehen, was ich fühle? Bestimmt haben die meisten Menschen in meinem Alter ihre Mimik längst unter Kontrolle.
Ich versuche mich zusammenzureißen und auf keinen Fall ängstlich auszusehen.
»Was ist los?«, fragt Felix. »Du guckst so komisch.«
»Was wolltest du denn sagen? Wozu soll ich dir gratulieren?«, erkundige ich mich und greife nach dem Wasser.
»Zu meinem ersten Großauftrag!«, sagt Felix.
»Das, hm, das ist ja toll!« Ich stoße die Worte förmlich hervor und nehme dann einen kräftigen Schluck, um mich für einen Moment hinter dem Glas zu verstecken. Nicht zur Blitzhochzeit!
Felix nickt.
»Du glaubst nicht, wie froh ich bin, Iris.« Seine Augen leuchten graugrün unter den langen Ponyfransen, die inzwischen fast trocken sind.
Gespannt lehne ich mich vor.
Schließlich kann Felix mit meinem Dekolleté umgehen, ohne vor Verlegenheit zu verglühen.
»Erzähl!«, sage ich.
»Du erinnerst dich bestimmt noch an die Bilder von der Abessinierkatze, die ich dir gezeigt habe?«, fragt er mich aufgeregt. »Vorletzten Montag? Vor meiner Magenspiegelung?«
»Ja. Doch. Ganz genau«, sage ich zerstreut, denn noch genauer erinnere ich mich an Felix’ Hand in meinem Haar und an meiner Wange.
Was für ein Glück, dass er sich daran kein bisschen erinnert.
»Stell dir vor«, sagt Felix, »die Besitzerin war so begeistert von dem Porträt ihres Lieblings, dass sie mich empfohlen hat. Und zwar dem Züchter!«
»Aha«, sage ich, während mir im Geiste ein riesiges Zuchtgehege voller großäugiger Katzen erscheint.
»Und jetzt will dieser Züchter, dass ich die edlen Tiere für seine Website fotografiere. Über fünfzig Fotos werden das.«
Felix zieht seine Füße auf den Sessel und arrangiert seine langen Beine problemlos zu einem Schneidersitz.
»Wow!«, rufe ich anerkennend.
Und lächle gerührt.
Er sieht so entspannt und zuversichtlich aus.
»Ja, wow!«, nickt Felix. »Endlich ernstzunehmende Einnahmen!«
»Das freut mich so für dich«, sage ich aus vollem Herzen und füge leise hinzu: »Ich hoffe, nun sieht Bruno langsam ein, dass du dich für den richtigen Beruf entschieden hast.«
Felix zuckt mit den Schultern.
»Ich glaube, das wird er nie«, sagt er. »Er hält ja im Allgemeinen nicht viel von meinen Entscheidungen.«
Womit wir wohl bei meinem Missionsthema wären.
Wie gut, dass ich anders als Bruno nicht mit Kritik, sondern mit Wertschätzung einsteigen werde.
»Was sagt denn Melanie zu deinem Großauftrag?«, frage ich, als sei ich unheimlich froh, diesen wohlwollenden Menschen als Gegengewicht zu Bruno ins Spiel bringen zu können.
Felix schaut mich überrascht an.
»Sie findet das gut«, antwortet er.
Das hört sich ja unglaublich zurückhaltend an, wenn man bedenkt, wie intensiv sie normalerweise zu empfinden scheint.
»Sie muss sich doch wahnsinnig für dich freuen!«, souffliere ich. »Schließlich ist sie …«, ich muss mir einen kleinen Ruck geben, es auszusprechen, »… deine Verlobte!«
Felix’ Blick wird etwas misstrauisch.
»Das ist sie.«
Irgendwie scheint er diesen Teil meiner Strategie ganz falsch zu verstehen.
»Ach, ich finde, Melanie ist so fröhlich!«.
Felix nimmt einen Schluck Wasser und mustert mich.
Ich räuspere mich nervös.
»Und so hübsch!«, sage ich.
Felix schaut verwundert, dann schleicht sich ein Lächeln in seine Mundwinkel.
Na, endlich!
»Du meinst das wirklich ernst, Iris, ja?«, fragt er. »Ich hätte nicht gedacht, dass du so
Weitere Kostenlose Bücher