Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
unheimlich nett von Felix, dass er sich so viele Gedanken um mich macht.
Wie ein richtig guter Kumpel!
Ohne lange zu überlegen, strecke ich meine Hand aus und wusele kameradschaftlich durch Felix’ Haare.
Er guckt mich verblüfft an.
Ich weiß, so was mache ich sonst nie.
»Danke«, sage ich und lächle ihn herzlich an, »dass du … dass du dir so viele Gedanken um mich machst. Das ist wirklich … lieb von dir.«
Felix schluckt und schweigt für ein paar Sekunden.
Er sieht mich ganz sonderbar an.
Dann räuspert er sich.
»Sicher«, sagt er heiser.
Mit einmal sind unsere Augen wie ineinander verfangen.
Mein Herz beginnt unsinnigerweise ganz wild zu pochen.
Felix’ Gesicht ist merkwürdig ernst.
Inzwischen klopft mein Herz so laut, dass ich Angst bekomme, er könne es hören. Jedenfalls kann ich deutlich hören, wie schnell sein Atem plötzlich geht.
Verwirrt starre ich in Felix’ Augen, die viel dunkler sind als sonst.
Ich sollte jetzt irgendetwas sagen.
Irgendetwas, damit Felix mich nicht mehr so ansieht.
Aber ich bringe kein Wort heraus, weil ich mit einmal die völlig verrückte Vorstellung habe, er würde mich jeden Moment küssen.
Wie von ganz weit weg höre ich Bruno etwas aus der Küche rufen.
Felix holt hörbar Luft.
»Das Essen ist fertig«, sagt er gepresst.
Das Essen. Natürlich.
Ich nicke geistesabwesend.
»Gut«, sage ich. »Das ist schön.«
Mein Gott, was war das eben zwischen Felix und mir?
»Komm«, sagt er und guckt mich verlegen an. »Mein Vater hat dieses Essen mindestens so gründlich vorbereitet wie seinen monatlichen Termin bei der Senatorin.«
Er lächelt kurz.
Dann steht er auf, stellt unsre Wassergläser auf das Tablett und eilt aus dem Zimmer.
Benommen sehe ich ihm hinterher.
»Iris?«, ruft Bruno aus der Küche.
Bruno!
Mein Gesicht verzieht sich.
Er hat sich so viel Mühe mit dem Auflauf gegeben – und ich habe kein bisschen auf Felix eingewirkt, was Melanie angeht!
Stattdessen habe ich …
»Iris?«, ruft Bruno noch mal.
… stattdessen habe ich Felix leichtfertig im Haar herumgewuselt!
Ich stöhne entsetzt auf.
»Iris?«, ruft Bruno ein drittes Mal. »Alles in Ordnung?«
Rasch erhebe ich mich.
Oje, ich bin völlig durcheinander.
Ohne den geringsten Appetit auf den Auflauf – der voraussichtlich eine Premiere im Hinblick auf selbstgemachtes und genießbares Essen in diesem Haushalt darstellt – folge ich Felix in die Küche.
Er sitzt bereits am Tisch.
Ich werfe ihm einen verstohlenen Blick zu.
Er hat den Kopf in eine Hand gestützt und fixiert seinen Teller, auf dem noch gar nichts liegt.
Bruno steht in seinem grauen Anzug stocksteif neben dem Tisch. Die Servietten, von denen Felix vorhin gesprochen hat, liegen akkurat gefaltet neben den Tellern.
»Weshalb hast du denn Oster-Servietten genommen?«, frage ich Bruno zerstreut. »Das ist doch längst gewesen.«
»Wie?«, fragt er zurück. »Was?«
Er nimmt eine der mit großen gelben Eiern bedruckten Servietten und sieht sie sich aus nächster Nähe an. Dann legt er sie kopfschüttelnd wieder hin.
»Ich dachte, das wären Kartoffeln! Passend zum Auflauf!« Ganz offensichtlich ist er pikiert wegen des doppeldeutigen Dekors. »Außerdem waren die nur halb so teuer wie die anderen.«
»Macht ja nichts«, sage ich schnell. Es ist wirklich nicht fair von mir, seine Bemühungen zu kritisieren. Ich kann mir gut vorstellen, wie stolz er war, Kartoffel-Servietten ergattert zu haben. »Hauptsache, das Essen schmeckt«, sage ich. »Es riecht jedenfalls schon ganz köstlich!«
»Setz dich bitte«, sagt Bruno förmlich und rückt einen Stuhl für mich zurecht.
Ich setze mich Felix gegenüber hin. »Danke!«
Bruno nimmt am Kopfende des Tisches Platz.
»Darf ich?«, fragt er und zeigt auf meinen Teller.
Unter konzentriertem Schweigen tut er erst mir, dann Felix und am Ende sich selber eine reichliche Menge auf.
»Guten Appetit!«, sagt er nervös.
»Guten Appetit«, antworten Felix und ich wie zwei wohlerzogene Kinder, die Blicke gesenkt.
Ich mag gar nicht zu ihm rüberschauen.
Bestimmt ist Felix genauso verwirrt wie ich. Was war das eben überhaupt im Wohnzimmer?
Bruno zuliebe nehme ich eine extra große Gabel Auflauf.
Oh … ähhh !
Süß , denke ich entgeistert, der Auflauf ist süß !
»Iiih«, ruft Felix nicht mehr ganz so wohlerzogen mit vollem Mund. »Papa!«
Ich schlucke ganz schnell alles runter.
Bruno hat seinen Bissen noch auf der Gabel. Er hält ihn in der Luft, als sei
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