Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
er verstrahlt. Und er der Verursacher.
»Das müssen die Kartoffeln sein«, sagt er verzagt.
»Ach, Bruno«, seufze ich.
Hätte ich im Rezept bloß vermerkt, wie die einzelnen Zutaten zu lagern sind.
»Das kann man nicht essen, Papa«, sagt Felix freundlich.
Bruno sieht mich verzweifelt an.
»Macht nichts«, sage ich noch mal. »Ganz ehrlich. Ich habe sowieso keinen Appetit.«
Genau, was ein taktvoller Gast jetzt heucheln würde.
Aber in meinem Fall so was von wahr.
»Möchtest du vielleicht … ein Glas Milch?« Bruno springt auf.
»Nein, danke«, sage ich höflich und stehe auch auf. »Ich glaube, ich gehe jetzt lieber. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass ich mir zurzeit über alles Mögliche den Kopf zerbreche – und froh bin, wenn ich, wenn ich ein bisschen Zeit für mich habe.«
Für mich. Und für meine Wäsche. Damit ich morgen mit der gewagten roten Bluse nicht auch noch ins Amt muss.
»Also, ich verstehe das«, sagt Felix sofort und blickt zu mir auf.
Bruno wirkt ganz unglücklich.
»Na gut«, sagt er. »Ist es dir recht, wenn ich dich noch zur Tür bringe?«
»Sicher«, sage ich.
Ich schaue zu Felix.
Er hat sich im Küchenstuhl zurückgelehnt und beobachtet aufmerksam meinen plötzlichen Aufbruch.
Unsre Blicke treffen sich.
»Ich, ich werd mal sehen, ob Melanie schon aus dem Salon zurück ist.« Er setzt sich gerade hin. »Sie hat heute ihren langen Tag.«
»Aha«, sage ich. »Grüß sie bitte von mir«, schiebe ich schnell hinterher.
Schließlich habe ich Melanie eben noch über den grünen Klee gelobt, da kann ich nun nicht völlig gleichgültig reagieren.
»Mach ich«, antwortet Felix und erhebt sich.
Dann bleibt er hinter seinem Stuhl stehen, umfasst dessen Lehne und sieht mich für einige Sekunden unentschlossen an.
Plötzlich greift er nach hinten, zieht sein Handy aus der Hosentasche und hält es in die Luft.
»Ich geh nach oben zum Telefonieren«, erklärt er und räuspert sich. »Tschüs, Iris.«
Irgendwie schade, dass er wieder so kühl ist.
»Tschüs«, sage ich leise.
Als Felix an mir vorbeigeht, hält er einen Moment inne.
Er lächelt. Zwar etwas angespannt, aber immerhin.
»Viel Erfolg!« Sein Ton ist trotz des Lächelns sehr ernst.
Dann entschwindet er in den Flur, und ich höre, wie er die Treppe hinaufeilt und die Zimmertür hinter sich schließt.
Bruno schaut mich verdutzt an.
»Was meint er damit?«, fragt er stirnrunzelnd. »Viel Erfolg?«
Als ob ich ausgerechnet ihm von meinem Versprechen erzählen werde, zuerst ein wenig in Niklas’ Vergangenheit herumzuspionieren, bevor ich mir beruhigt ein Haus mit ihm kaufe.
»Ach, das war nur etwas zwischen Felix und mir«, sage ich.
»Zwischen Felix und dir?«, fragt Bruno, und die Falten graben sich förmlich in seine Stirn.
»Ja«, sage ich bestimmt, trete in den Flur und gehe weiter zur Haustür.
Bruno folgt mir sofort und steht viel zu dicht bei mir, als ich mich an der Tür zu ihm umdrehe.
Ich trete dezent einen Schritt zurück.
»Vielen Dank für … die Einladung«, sage ich und lächle möglichst herzlich.
»Tut mir leid, dass es nicht geschmeckt hat.« Bruno ist ernsthaft zerknirscht, doch dann sieht er mich hoffnungsvoll an. »Aber erzähl doch mal, wie das Gespräch mit Felix gelaufen ist! Konntest du ihn von dieser Person abbringen?«
»Abbringen?«
Ich hatte Bruno doch gewarnt, sich nicht zu viel zu versprechen!
Bruno schaut mich bange an.
»Wenigstens ein bisschen?«, fragt er.
Gerade will ich Bruno vorsichtig beibringen, dass er sich mit Felix’ Verlobung abfinden muss – da fällt mir ein, wie Felix mich eben auf dem Sofa angesehen hat.
Mein Herz pocht schneller.
»Ehrlich gesagt, ehrlich gesagt, also, ich glaube nicht, dass Felix wirklich in Melanie verliebt ist, Bruno.«
Brunos Augen leuchten auf.
»Nicht?«
»Nein«, bestätige ich, ohne zu zaudern.
Bruno sieht mich einige Sekunden erleichtert an, dann legt sich Skepsis auf sein Gesicht.
»Aber wie kommst du darauf?«
Ja – wie?
Nur, weil Felix mich vorhin so angesehen hat?
Mein Herz klopft noch schneller.
Ja, denke ich verblüfft, Felix ist nicht wirklich in Melanie verliebt, sonst hätte er mich vorhin nicht so angesehen. Mein Gott, er hat mich doch so … so sehr angesehen, dass sich meine Augen in seinen verfangen haben.
»Weibliche Intuition«, erkläre ich mit fester Stimme, berauscht von dem Gefühl, tatsächlich eine solche zu haben.
Bruno blickt mich stumm an.
»Ja«, sagt er ehrfürchtig und nickt
Weitere Kostenlose Bücher