Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
wohl etwas zu eifrig bei der Verfolgung seines Fotomotivs.«
»Oh«, sage ich. »Hoffentlich ist seine Kamera wasserdicht.«
»Hm.« Bruno zuckt mit den Schultern, als sei das Malheur nur ein weiterer Beweis dafür, wie unsinnig die Berufswahl seines Sohnes ist.
Ich dagegen bin beeindruckt von der Leidenschaft, mit der Felix bei der Sache ist. Und muss lächeln. Denn ich kann mir genau vorstellen, wie Felix dem schlammigen See entsteigt.
Triefend, dreckig und fluchend.
Und wie er jetzt unter der Dusche steht.
Ich schlucke.
Nass, nackt und entspannt.
Mir wird plötzlich heiß, mein Gesicht und das verdammte Dekolleté glühen. Meine rechte Hand fährt zum Hals. Mein Lächeln verkrampft.
Bruno sieht mich verwundert an.
»Ich habe vorhin auch noch geduscht«, sage ich. »Um mich frisch zu machen.«
Nun wird Bruno feuerrot.
O Gott! Jetzt muss sich der Arme auch noch vorstellen, wie ich unter der Dusche stehe. Nachdem mein Ausschnitt schon zu viel für ihn war. Verzweifelt schaue ich zum Hackfleischauflauf. Als könne der die Situation durch einen geistreichen Kommentar entschärfen.
Oben im Haus geht eine Tür, dann sind schnelle Schritte auf der Treppe zu vernehmen. Bruno und ich schauen zur Küchentür.
Gott sei Dank.
Gleich werden wir aus unserer peinlichen Zweisamkeit erlöst.
»Hallo, Iris!«, ruft Felix und bleibt lächelnd im Türrahmen stehen, den er trotz seiner schlaksigen Figur völlig auszufüllen scheint. »Wie geht’s?«
Seine Haare hängen ihm in feuchten Strähnen ins Gesicht. Er trägt eine helle Jeans und ein rotes T-Shirt und ist barfuß. Und offenbar geneigt, wieder freundlich zu mir zu sein.
»Hallo, Felix!«, sage ich. »Sehr gut. Und selber?«
»Bis auf meinen kleinen Unfall heute Nachmittag, von dem dir Papa sicher schon berichtet hat, ganz prima«, sagt er und wirft seinem Vater einen kurzen Blick zu.
Dann kommt er auf mich zu und zeigt auf meine Bluse.
»He, guck mal«, sagt er. »Das gleiche Rot wie mein T-Shirt!«
Er hält einen Zipfel seines Shirts gegen meine Bluse.
»Stimmt«, sage ich verblüfft.
»Nur dass dein Teil sehr viel sexier ist«, sagt er leise.
Für mehrere Sekunden lang bin ich sprachlos und starre in Felix’ Augen, die genau auf meine gerichtet sind.
Ich hole tief Luft.
»Danke«, sage ich zu meiner eigenen Überraschung.
Und muss sogar lächeln.
Herrgott!
Warum soll er mir denn auch kein Kompliment für meine Bluse machen? Schließlich ist sie sexy.
»Bitte schön«, sagt Felix ernsthaft und sieht mich immer noch an.
Bruno räuspert sich laut.
Ich drehe mich zu ihm um.
Ihn hatte ich völlig vergessen.
Er guckt, als würde ihm irgendetwas nicht passen.
»Ich werd dann mal den Auflauf … backen«, verkündet er.
Entschlossen streift er etwas übermotiviert zwei blau karierte Küchenhandschuhe über, um den kalten Auflauf in den Ofen zu befördern, die zu seinem Anzug wirklich ulkig aussehen.
»Gute Idee, Papa!«, sagt Felix und eilt ihm zur Seite, um die Ofentür zu öffnen, als sein Vater ratlos mit dem Auflauf in den bestens geschützten Händen davor stehen bleibt.
»Ich kann ja schon mal den Tisch decken«, schlage ich vor.
»O nein!«, ruft Bruno und klappt mit einem Knall die Ofentür zu. »Das mach ich schon!«
Felix sieht ihn verwundert an.
»Ich mach das, Papa. Du und Iris setzt euch gemütlich ins Wohnzimmer und unterhaltet euch ein bisschen.«
»Nein, nein!«, sagt Bruno. »Du und Iris setzt euch gemütlich ins Wohnzimmer und unterhaltet euch ein bisschen!«
Felix zieht seine dichten Augenbrauen hoch.
»Okay. Wenn du das wirklich willst.«
»Sicher, sicher«, sagt Bruno.
»Darf ich dir etwas zu trinken anbieten, liebe Iris?«, fragt Felix mich, wie Bruno es sonst getan hätte, und grinst.
»Ja. Etwas Wasser, bitte«, sage ich dankbar.
Mit einmal habe ich eine trockene Kehle. Jetzt, da meine Mission jeden Moment startet.
Felix nimmt eine Flasche Mineralwasser aus dem Kühlschrank, der einen erschreckenden Einblick in den Speiseplan der Vater-und-Sohn- WG bietet. Ein Karton H-Milch. Und drei Kartoffeln!
»Die Kartoffeln müsst ihr da rausnehmen«, sage ich höflich. »Die werden in der Kälte ganz schnell süß.«
Bruno guckt erschreckt.
Felix schüttelt amüsiert den Kopf.
»Das wäre ja scheußlich!«, sagt er, nimmt die Kartoffeln aus dem Kühlschrank und legt sie gewissenhaft in einer Reihe oben auf das Gerät. Dann holt er drei Gläser aus einem der altdeutschen Hängeschränke und stellt sie mit dem Wasser
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