Hier und jetzt
Selbstverständlich hatte er damit gerechnet, dass sie ihm in diesem Punkt Recht gab.
Was sie aber nicht tat. Dabei mochte sie ihn doch! Sie wären füreinander richtig gewesen.
Hätte er doch bloß etwas mehr Zeit gehabt.
Als sich die Tür hinter ihm öffnete, drehte er sich gar nicht um. „Das Telefon hat vor einer Minute geklingelt”, sagte er.
„Dann hättest du abheben sollen”, antwortete eine spröde klingende Stimme. „Du hast ja offenbar nichts Besseres zu tun.”
Erst jetzt wandte er sich vom Fenster ab. „Ich mache eine Pause. Du hältst mir doch ständig vor, dass ich zu viel arbeite.”
Eine kleine, ältere Frau in weiter Hose brachte eine Thermoskanne mit Kaffee herein. „Es besteht ein Unterschied zwischen Pause machen und Trübsal blasen.”
„Ich blase nicht Trübsal.”
Ada war vor drei Wochen aus der Schweiz zurückgekehrt und hatte erfahren, dass er seine Brüder über ihren Zustand informiert hatte. Bisher hatte sie ihm den Verrat ihres Geheimnisses noch nicht verziehen. Wenigstens sah sie schon besser aus, und nur darauf kam es an. Zwar war sie noch immer zu dünn, aber sie war stets mager gewesen. Und sie bewegte sich wieder energisch.
„Mir gefällt dein Haar.”
Sie berührte ihre wirren, krausen Locken, deren Orangeton einen interessanten Gegensatz zu ihrer tief gebräunten Haut darstellte. „Wirklich? Ich hatte schon Angst, dass Marilyn diesmal zu viel Tropical Sunrise aufgetragen hat.”
„Sieht sehr fröhlich aus.”
Mit einem verächtlichen Laut stellte Ada die Thermoskanne auf den Schreibtisch. „Weißt du denn überhaupt, was fröhlich bedeutet? Soll ich eine Agentur anrufen? Cosmo hat es mit dem Magen, und ich habe etwas Besseres zu tun, als für dich ans Telefon zu gehen.”
„Meine neue Assistentin sollte durchaus fähig sein, Anrufe ent gegenzunehmen, sofern sie jemals hier auftaucht.”
„Sie hat angerufen, dass sie unterwegs ist.”
Jacob blickte wieder aus dem Fenster. Dieser verdammte Re gen! „Wahrscheinlich sieht es auf den Straßen ziemlich schlimm aus.” Sein Haus stand zwar auf höher liegendem Land, aber die Straßen in der Umgebung wurden bei schweren Regenfällen oft überflutet. Das war einer der Gründe, aus denen er es vorzog, dass seine Mitarbeiter hier wohnten.
„Im Radio geben sie ständig Straßenzustandsberichte durch. Hier.” Sie reichte ihm eine Tasse. „Vielleicht hebt der Kaffee deine Stimmung.”
Jacob griff nach der Tasse. Es passte ihm gar nicht, dass er eine neue Assistentin bekam, weil er keine Fremden in seiner Umge bung mochte. Seine Assistentin Sonia hielt zwar sehr viel von Miss McGuire, aber er blieb skeptisch. „Ich kenne ihren Namen von irgendwoher.”
Ada warf ihm einen mitleidigen Blick zu. „Das fängt ja früh an bei dir. Sie hat im letzten Monat einen Bericht für Sonia erstellt. Du hast ihn gelesen, und sicher kam darin ihr Name vor.”
„Das meinte ich nicht.” Er trank einen Schluck Kaffee und setzte sich hinter den Schreibtisch. „Ich rufe jetzt Marco in Rom an. Wenn diese neue Assistentin endlich auftaucht, bring sie sofort zu mir. Meine Fehler kannst du ihr später aufzählen.”
„Dafür ist der Tag nicht lang genug”, antwortete die Haushälterin, ging zur Tür und drehte sich verunsichert um, was ihr gar nicht ähnlich sah. „Jacob …”
„Ja.”
„Hat Maggie dich abgewiesen?”
Er nickte. Woher wusste Ada das? Er hatte es ihr nicht verraten.
„Sie war für dich ohnehin nicht die Richtige”, stellte Ada fest. „Darum solltest du arbeiten, anstatt dich zu ärgern.” Damit ging sie hinaus und schloss die Tür hinter sich.
Jacob musste trotz allem lachen. Ja, Ada ging es eindeutig besser. Nur das war wichtig und nicht, wen er schließlich heiratete. Eine Ehe stellte stets ein gewaltiges Risiko dar. Vielleicht sollte er der neuen Assistentin einen Heiratsantrag machen, sobald sie hereinkam. „Guten Morgen, Miss McGuire, freut mich, dass Sie unterwegs nicht ertrunken sind. Da mein Sekretär krank ist, müssen Sie sich heute ums Telefon kümmern. Außerdem möchte ich Sie so bald wie möglich heiraten. Wie wäre es mit Freitag?”
Lächelnd stellte er die Tasse auf den Schreibtisch. Er lächelte auch noch, als er den Computer hochfuhr und die neuesten Ak tienkurse abrief. Prompt vergaß er den Kaffee, den Regen und die Frau, die ihn abgewiesen hatte.
Es regnete noch immer, als Claire vor dem Haus der Wests hielt. Vor der Burg, verbesserte sie sich in Gedanken, während sie das
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