Hier und jetzt
eine kleine Küchenzeile, in einer anderen stand das Bett.
„Leider ist mein Sekretär krank”, fuhr Jacob West fort, „und daher … Was ist denn?”
„Ich … mir war nur nicht klar, dass ich im selben Raum arbeite und wohne.”
„Ich habe diesen Raum umbauen lassen, als Sonia wegen der Arthritis Probleme mit der Treppe bekam. Ist das für Sie ein Problem?”
„Nein, absolut nicht. Ich war nur überrascht. Es ist ein schöner Raum. Und sehr grün.”
Das traf auf beide Teile zu. Im Büro, ungefähr drei mal vier Meter, standen ein L-förmiger Schreibtisch mit Computer und den übrigen nötigen Geräten, ein hellgrüner Drehstuhl, ein Besucherstuhl, Aktenschränke, ein Bücherschrank und Regale - und annähernd hundert Pflanzen.
Auf den Regalen blühten Usambaraveilchen unter Speziallampen. Verschiedene Farne drängten sich in einer Ecke und verdeckten fast den Bücherschrank. Vor dem Fenster kämpften ein Ficus und eine kleine Palme mit anderen tropischen Pflanzen um den Platz.
Gewächse, die Claire gar nicht kannte, grünten und blühten an jeder freien Stelle. Ein Verwandter des Efeus in Wests Büro kletterte an der Sprossenwand hoch, die Büro und Wohnbereich trennte.
Claire schüttelte den Kopf. „Sonia hat mich gebeten, mich in ihrer Abwesenheit um die Pflanzen zu kümmern. Sie hat allerdings nicht erwähnt, dass sie in einem Dschungel lebt.”
„Sonia mag Pflanzen.”
„Offenbar. Vermutlich können Sie froh sein, dass sie Ihnen nur eine geschenkt hat.”
„Ich habe ihr angedroht, andernfalls ihr Zimmer mit Pflanzenvernichtungsmittel auszusprühen.”
„Das ist doch ein Scherz, nicht wahr?” In seinen Augen erkannte sie etwas, das sie als Anflug von Humor deutete. Es waren faszinierende Augen, in die eine Frau blickte und sich fragte, wie es wohl war, wenn …
„Darf ich Sie Claire nennen? Ich spreche meine Mitarbeiter am liebsten mit dem Vornamen an. Das gilt auch umgekehrt.”
Mehr Förmlichkeit wäre vermutlich besser gewesen, um Dis tanz zu wahren. „Natürlich, Jacob.”
Er nickte. „Ada gibt Ihnen einen Schlüssel für die Haustür und erklärt Ihnen die Alarmanlage. Während der Arbeitszeit lasse ich die Verbindungstür zwischen den Büros am liebsten offen.”
„Damit Sie nach mir schreien können, wenn Sie mich brauchen”, stellte sie lächelnd fest.
„Ich schreie nie. Wenn Sie sich mit diesen Akten vertraut gemacht haben, müssen einige Briefe erledigt werden.” „Ach … Briefe?”
„Sie kennen vermutlich diese Bezeichnung?” „Ich habe sie schon mal gehört”, erwiderte Claire spröde. „Allerdings bin ich Anlageberaterin und erstelle Berichte über Firmen. Ich tippe keine Briefe und putze keine Fenster. Und jetzt sollte ich anfangen.”
Ein Telefon klingelte. Auf Claires Schreibtisch standen zwei Apparate, ein gelber und ein grüner.
„Das gelbe Telefon gehört zum Büro. Melden Sie sich!” Sein Ton passte ihr zwar nicht, aber sie griff nach dem Hörer in Form einer Banane. „Büro Jacob West. Mr. West ist im Moment …” Sie warf ihm einen fragenden Blick zu. „Beschäftigt, wenn es nicht Michael oder Luke ist.” „… beschäftigt. Wenn ich ihm etwas ausrichten soll … Ja, einen Moment.” Claire machte eine Notiz, legte auf und drehte sich um. „Haben Sie jemals einen Kindergarten besucht?” „Nein”, entgegnete er verblüfft.
„Dachte ich es mir. Da lernt man nämlich schon, bitte und danke zu sagen.” Sie reichte ihm die Nachricht. „Das war Bill Prescott. Sie sollen so bald wie möglich zurückrufen.”
„Später. Ich möchte heute mit niemandem sprechen, meine Brüder ausgenommen.”
Claire kannte Bill Prescott - genau genommen William Prescott der Dritte. Er war unter anderem Vorstandsvorsitzender einer großen Elektronikfirma, ein Mann, der nicht daran gewöhnt war, dass man ihn warten ließ. „Ich soll also Anrufe für Sie entgegennehmen und mich um Ihre Korrespondenz kümmern?”
„Ja, bis mein Sekretär wieder gesund ist.”
„Sicher kann ich zwischendurch alle Berichte erstellen, die Sie wünschen. Soll ich vielleicht auch Diktate aufnehmen? Oder Sie mit Kaffee versorgen?”
„Nehmen Sie denn Diktate auf?” fragte Jacob höflich.
„Das war keine Voraussetzung für mein Diplom in Wirtschaftswissenschaft.”
„Schade.” Er betrachtete sie genauer. „Ich bezahle meine Angestellten gut. Als Gegenleistung erwarte ich allerdings viel, auch von Aushilfskräften wie Ihnen. Sollte sich eine Abweichung von Ihren exakt
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