Hier und jetzt
McGuire als Femme fatale hingestellt. Unterstützung war von Ken Lawrences Eltern ge kommen. Sie hatten Claire als skrupellose Verführerin beschrieben, die die Männer ruinierte.
Die Lawrences verkehrten in denselben Kreisen wie er selbst. Er hatte sie kennen gelernt, interessierte sich jedoch nicht für sie, weil sie Snobs waren. Außerdem waren sie langweilig, und was ihnen an Geist und Witz fehlte, ersetzten sie durch Besitz und Beziehungen.
Als es vor sechs Jahren zum Eklat kam, hatte er Mitleid mit den Eltern, Verachtung für den Sohn und wenig Interesse an der tragischen Geschichte aufgebracht.
Sobald er jedoch Claire sah, erinnerte er sich an das Gesicht und wusste, wer sie war. Kein Wunder, dachte er und öffnete das Adressbuch. Ein solches Gesicht konnte man nicht vergessen. Dazu kam ein Körper, der für die Sünde geschaffen war. Beides zusammen zwang jeden Mann in die Knie.
Fast jeden Mann, verbesserte er sich und griff zum Telefon. Während er eine Nummer eintippte, die er beruflich oft wählte, schweiften seine Gedanken ab. Er sah volle Lippen vor sich. Augen so blau wie der Sommerhimmel, weich gerundete Hüften und eine schmale Taille.
Claire war das genaue Gegenteil von Maggie. Bei Maggie konnte er sich entspannen, bei Claire ganz sicher nicht.
„North Investigations”, sagte eine angenehme Stimme. „Hier Jacob West. Ich möchte mit Adam North sprechen.” „Einen Moment, Sir. Er telefoniert gerade.” Jacob wartete und sah Claires lächelndes Gesicht vor sich. Und er erinnerte sich daran, was er in dem Moment gedacht hatte, in dem er sie sah - einen Sekundenbruchteil, bevor er sie erkannte, sogar noch ehe er sich ihrer Schönheit voll bewusst wurde: Diese Frau gehört mir!
Am fünften Morgen nach ihrer Ankunft bei Jacob West erwachte Claire aus heißen Träumen mit einem kaum erträglichen Ziehen tief in ihrem Inneren. Es waren erotische Träume gewesen. Das stand fest, auch wenn sie sich nicht an Einzelheiten erinnerte. Und sie wusste genau, wer darin vorgekommen war.
Du lieber Himmel! Unbefriedigt und voller Sehnsucht blickte sie zur Zimmerdecke. War das so ähnlich wie die Probleme, mit denen Männer morgens erwachten? Und musste sie sich während des Aufenthalts in diesem Haus jeden Morgen damit herumquä len?
Das eigentliche Problem war nicht ihr Chef. Jacob hatte sich gut benommen. Ab und zu hatte er sie beobachtet, und manchmal hatte sie aus diesen hellen Augen ein heißer Blick getroffen. Er hatte jedoch nichts gesagt oder getan, was sie stören konnte. Ab und zu zeigte er Humor, doch abgesehen davon hatte er sich als nüchterner Geschäftsmann gegeben fordernd, aber respektvoll und sehr zurückhaltend. In den letzten zwei Tagen hatte er sich allerdings etwas freundlicher verhalten.
Claire war sehr befriedigt, weil er offenbar verstand, dass sie nichts mit ihm zu tun haben wollte. Und sie war höchst verärgert, weil sie auf anderem Gebiet alles andere als befriedigt war.
Aufpassen musste sie eigentlich nur auf ihre Fantasie, aber das war keine Überraschung.
Ihre Fantasie hatte ihr stets nur Ärger eingebracht. Durch impulsives Verhalten und fehlende Menschenkenntnis hatte sie nicht bloß ihr eigenes Leben kompliziert. Bei Jacob West gab sie jedenfalls keinem Impuls nach und bemühte sich redlich, erst gar keinen zu bekommen.
Leider konnte sie im Schlaf ihr hinterhältiges und von Hormonen gesteuertes Unterbewusstsein nicht kontrollieren.
Seufzend blickte sie auf die Uhr. Zeit zum Aufstehen. Wenigstens war heute Freitag. Am Abend konnte sie Sheba ho len. Sie freute sich schon darauf, ihre Katze wieder bei sich zu haben. Summend trat sie unter die Dusche und stellte das Wasser kühler als sonst ein, um die Nachwirkungen ihrer Träume zu vertreiben.
Im Moment war ihre Katze bei ihrem Cousin Danny, der auf ihr Haus aufpasste. Sheba war höchst eigenwillig und noch viel impulsiver als sie selbst. Das hatte am Tag vor Claires Arbeitsbeginn bei Jacob zu einer ernsthaften Meinungsverschiedenheit mit dem Schäferhund des Nachbarn geführt. Danach war ein Besuch bei der Tierärztin fällig gewesen. Sie hatte Sheba wieder zusammengeflickt und sie einige Tage bei sich behalten, doch jetzt ging es der Katze wieder gut.
Frisch geduscht, frisiert und geschminkt stand Claire vor dem offenen Schrank und überlegte, was sie anziehen sollte. Die Ent scheidung sollte eigentlich nicht schwer sein. Sie mochte schöne Kleidung und hatte entsprechend viel mitgebracht. Aus unerfindlichen
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