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High Fidelity (German Edition)

High Fidelity (German Edition)

Titel: High Fidelity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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Anonymität noch nicht. Man mußte alles standhaft über sich ergehen lassen.
    Was mich am meisten verblüffte, war das schale Gefühl der Enttäuschung, das mich überkam, als Jackie mich an diesem Sonntagmorgen anrief. Ich konnte es nicht begreifen. Ich hatte diese Eroberung monatelang geplant, und als die Festung fiel, spürte ich nichts, weniger als nichts sogar. Das konnte ich Jackie natürlich nicht erzählen, aber andererseits war ich auch nicht in der Lage, den Enthusiasmus an den Tag zu legen, den sie meiner Einschätzung nach brauchte. Also beschloß ich, mir ihren Namen auf den rechten Arm tätowieren zu lassen.
    Ich weiß auch nicht. Für mein Leben gezeichnet zu sein, erschien mir wesentlich einfacher, als Jackie zu erklären, daß alles ein grotesker Fehler gewesen sei, daß ich nur Spaß gemacht habe. Könnte ich ihr die Tätowierung zeigen, so meine verquere Logik, bräuchte ich nicht nach Worten zu suchen, die mir sowieso nicht einfallen würden. Ich sollte erwähnen, daß ich nicht unbedingt der Typ für Tätowierungen bin: Ich bin und war weder der Rock 'n' Roll-Decadent auf der Straße zur Hölle noch einer aus der Bier-formte-diesen-wunderschönen-Körper-Fraktion. Aber damals herrschte an unserer Schule eine fatale Vorliebe für dergleichen, und ich weiß mit Sicherheit, daß noch heute etliche Männer Mitte Dreißig, Buchhalter und Lehrer, Personalchefs und Programmierer, lächerliche Botschaften (»MUFC KICK TO KILL« › Anmerkung , »LYNYRD SKYNYRD«) aus jener Zeit in ihre Haut gebrannt haben.
    Ich wollte nur ein dezentes »J ♥ R« auf meinem rechten Oberarm angebracht sehen, aber Victor, der Tätowierer, hatte so was nicht.
    »Wer davon ist sie? ›J‹ oder ›R‹?«
    »›J‹.«
    »Und seit wann gehst du mit der ›J‹-Mieze?«
    Ich war durch die aggressive Männlichkeit des Studios eingeschüchtert – die anderen Kunden (die alle entschieden zur Bier-formte-diesen-wunderschönen-Körper-Fraktion gehörten und durch mein Auftauchen unerklärlich amüsiert wirkten), die nackten Frauen an den Wänden, die reißerischen Beispiele der angebotenen Leistungen, die sich zum größten Teil praktischerweise auf Victors Unterarmen befanden, sogar Victors unverblümte Sprache.
    »Lang genug.«
    »Das entscheide ich, nicht du, klar?«
    Ich hielt das für eine merkwürdige Art, Geschäfte zu machen, aber ich beschloß, mir diese Feststellung für eine spätere Gelegenheit aufzuheben.
    »Ein paar Monate.«
    »Aber du willst sie heiraten, oder was? Oder hast du ihr ein Kind angedreht?«
    »Nein. Weder noch.«
    »Ihr geht also nur zusammen. Du hast sie nicht am Hals?«
    »Genau.«
    »Und wie hast du sie kennengelernt?«
    »Sie ging mit einem Freund von mir.«
    »Tatsächlich? Und wann haben sie sich getrennt?«
    »Samstag.«
    »Samstag.« Er lachte schallend. »Ich will nicht, daß deine Mum hier aufläuft und mich zur Minna macht. Sieh zu, daß du Land gewinnst.«
    Ich sah zu, daß ich Land gewann.
    Victor hatte natürlich ins Schwarze getroffen. Oft war ich versucht, ihn aufzusuchen, wenn ich mich mit Herzensangelegenheiten plagte. Er hätte mir in zehn Sekunden sagen können, ob jemand eine Tätowierung wert war oder nicht. Aber selbst als Phil und Jackie verzückt und tränenreich wieder zusammenfanden, war es nicht wieder wie vorher. Einige Mädchen an ihrer Schule und einige Jungs an meiner argwöhnten, Jackie habe mich benutzt, um die Bedingungen ihrer Beziehung zu Phil neu auszuhandeln, und die samstäglichen Einkaufsnachmittage waren nie wieder so wie früher. Und wir bewunderten nie wieder die Leute, die über lange Zeit miteinander gingen. Wir spotteten über sie, und sie spotteten sogar selbst über sich. Innerhalb weniger Wochen hatte der eheähnliche Status aufgehört, Gegenstand der Bewunderung zu sein und war zu einem Anlaß für Hohn und Spott geworden. Mit siebzehn wurden wir so verbittert und unromantisch wie unsere Eltern.
    Kapiert? Du wirst nicht alles so auf den Kopf stellen, wie es Jackie gelungen ist. Es ist uns beiden schon zu oft passiert; wir kehren einfach zu den alten Freunden und Pubs und dem Leben, das wir hatten, zurück und belassen es dabei, und wahrscheinlich wird niemandem ein Unterschied auffallen.
    4. CHARLIE NICHOLSON (1977–1979)
    Ich lernte Charlie auf der Fachhochschule kennen: Ich hatte Medienkunde belegt, sie studierte Design, und als ich sie zum erstenmal sah, war mir klar, daß sie die Art von Mädchen war, die ich hatte kennenlernen wollen, seit ich

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