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High Fidelity (German Edition)

High Fidelity (German Edition)

Titel: High Fidelity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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sind Karten und Präsente nicht zu erwarten, auch am Samstag habe ich nichts bekommen. Ich erwartete nichts von Barry oder Dick, obwohl ich es ihnen im Pub nach der Arbeit gesagt habe, und sie schuldbewußt aussahen, mir einen Drink spendierten und mir alles mögliche in Aussicht stellten (na ja, Kassetten aufnehmen, immerhin). Aber ich denke nie an ihre Geburtstage – tut man nicht, es sei denn, man gehört dem weiblichen Geschlecht an –, also wäre ein Koller in diesem Fall nicht unbedingt angezeigt. Aber Laura? Verwandte? Freunde? (Keiner, den ihr kennt, aber einige habe ich, und wir sehen uns manchmal, und ein oder zwei von ihnen wissen, wann ich Geburtstag habe.) Paten? Sonst irgendwer? Ich habe eine Karte von meiner Mum und mein-Dad-läßt-schön-grüßen bekommen, aber Eltern zählen nicht. Wer nicht mal eine Karte von seinen Leuten bekommt, ist wirklich arm dran.
    Am Morgen des Tages selbst verbringe ich viel zuviel Zeit damit, mir eine ungeheure Überraschungsparty auszumalen, organisiert von Laura vielleicht, mit Hilfe meiner Mum und meines Dads, die sie mit den Adressen und Telefonnummern von Leuten hätten versorgen können, von denen sie nichts wissen kann. Ich erlebe mich sogar gereizt darüber, daß sie mir nichts gesagt haben. Angenommen, ich hätte mich gerade zu einem einsamen Geburtstagsvergnügen ins Kino eingeladen, ohne sie davon wissen zu lassen? Sie würden sich alle irgendwo im Schrank verstecken, während ich mir im Scala die Paten-Dreifachvorstellung ansehe. Das geschähe ihnen recht. Ich beschließe, ihnen nicht zu sagen, wo ich hingehe, ich werde sie im Dunkeln zusammengequetscht sitzenlassen, eingepfercht und reizbar. (»Ich dachte, da wolltest ihn anrufen?« »Ich hab' dir gesagt, ich hätte nicht die Zeit dazu«, etc.) Nach ein paar Tassen Kaffee wird mir allerdings klar, daß diese Gedankenspiele nichts bringen, sondern mich viel eher ballaballa werden lassen, und ich beschließe, statt dessen etwas Positives in die Wege zu leiten.
    Was zum Beispiel?
    Fürs erste mal in die Videothek gehen und massenweise Zeug ausleihen, das ich mir für genau so einen unfreudigen Anlaß aufgespart habe: Die nackte Kanone 2 1/2, Terminator 2, Robocop 2 . Und dann ein paar Leute anrufen, um zu hören, ob sie heute abend Lust haben, einen trinken zu gehen. Nicht Dick und Barry. Marie vielleicht, oder Leute, die ich lange nicht gesehen habe. Und dann ein oder zwei von den Videos ansehen, ein paar Bier trinken und ein paar Knabbereien essen, vielleicht sogar eine Portion Biochips. Klingt gut. Klingt wie der einzig mögliche Geburtstag für einen frischgebackenen Sechsunddreißigjährigen.
    (Und es ist auch der einzig mögliche Geburtstag für einen frischgebackenen Sechsunddreißigjährigen – die Sorte Sechsunddreißigjährigen ohne Frau, Familie, Freundin oder Geld jedenfalls. Biochips! Fuck off!)

    Ihr habt gedacht, in der Videothek wäre nichts mehr dagewesen, oder? Ihr dachtet, ich traurige Figur würde mich gezwungen sehen, mir einen Whoopi-Goldberg-Comedythriller anzusehen, der nie ein Kino in diesem Land gesehen hat. Aber nein! Sie sind alle da, und ich gehe mit dem gesamten Schrott, den ich eigenhändig tragen kann, aus dem Laden. Es ist gerade zwölf geworden, also kann ich Bier kaufen. Ich gehe heim, knacke eine Dose, ziehe die Vorhänge vor, um die Märzsonne auszusperren, und sehe mir Nackte Kanone an, der sogar richtig lustig ist.
    Meine Mum ruft an, als ich gerade Robocop 2 in den Recorder schieben will, und wieder mal bin ich enttäuscht, daß es niemand anderes ist. Wer noch nicht mal von seiner Mum am Geburtstag angerufen wird, ist wirklich arm dran.
    Sie ist immerhin nett zu mir. Sie bemitleidet mich, daß ich den Tag alleine verbringe, obwohl es verletzend für sie sein muß, daß ich den Tag lieber alleine verbringe als mit ihr und Dad. (»Möchtest du heute abend mit deinem Dad und Yvonne und Brian mit ins Kino kommen?« fragt sie mich. »Nein«, sage ich ihr. Das ist alles. Nur »Nein«. Reserviert oder was?) Danach fällt ihr wirklich nichts mehr ein. Es muß für Eltern wohl schwer sein, wenn sie sehen, daß es bei ihren Kindern nicht läuft, diese Kinder aber über die alten elterlichen Kanäle nicht mehr zu erreichen sind, weil diese Kanäle nun viel zu lang sind. Sie fängt an, von anderen Geburtstagen zu reden, Geburtstagen, an denen mir schlecht war, weil ich zu viele Liebesperlen-Sandwiches gegessen oder zu viele Rainbow-Cocktails › Anmerkung getrunken hatte, aber das

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