High Fidelity (German Edition)
Lachen.
»Du hast mir geglaubt! Du hast mir geglaubt! Du traust mir wohl alles zu!« Sie lacht wieder, ertappt sich dabei, ihren Spaß zu haben und hört auf.
Ich gebe ihr das Stichwort. »Hier müßtest du jetzt sagen, daß du seit Ewigkeiten nicht mehr so gelacht hast, und dann siehst du deinen Irrweg ein.«
Sie macht ein »Sei's-drum«-Gesicht. »Du bringst mich viel mehr zum Lachen als Ray, wenn du darauf hinauswillst.«
Ich setze ein gespielt blasiertes Lächeln auf, aber ich fühle mich nicht gespielt blasiert. Ich fühle mich eins a.
»Aber das macht nicht den geringsten Unterschied, Rob. Wirklich. Wir könnten lachen, bis ich im Krankenwagen abtransportiert werden muß, aber das heißt nicht, ich würde den Wagen ausladen und meinen ganzen Krempel wieder reinbringen. Ich wußte schon, daß du mich zum Lachen bringen kannst. Es ist alles andere, worüber ich nicht Bescheid weiß.«
»Warum gibst du nicht einfach zu, daß Ian ein Arschloch ist und bringst es hinter dich? Dann würde es dir bessergehen.«
»Hast du mit Liz geredet?«
»Warum? Findet sie auch, daß er ein Arschloch ist? Das ist interessant.«
»Versau es nicht, Rob. Wir haben uns heute gut vertragen. Lassen wir es dabei.«
Ich zerre den Stapel Platten und CDs heraus, den ich für sie aussortiert habe. Da ist The Nightfly von Donald Fagen, weil sie die nie gehört hat, und ein paar Blues-Sampler, von denen ich meine, sie müsse sie haben, und ein paar Jazz-Dance-Sachen, die ich ihr gekauft habe, als sie einen Jazz-Dance-Kurs anfing, obwohl der sich als eine andere und offen gestanden viel schrottigere Form von Jazz-Dance erwies, und ein paar Country-Sachen, in meinem fruchtlosen Versuch, ihre Meinung über Country zu ändern, und …
Sie will nichts davon.
»Aber das sind deine.«
»Aber nicht wirklich, oder? Ich weiß, du hast sie für mich gekauft, und das war wirklich süß von dir, aber das war, als du versucht hast, mich in dich zu verwandeln. Ich kann sie nicht nehmen. Ich weiß, daß sie nur rumstehen und mich stumm ansehen würden, und sie würden mich verunsichern, und … sie passen nicht zum Rest, der mir gehört, verstehst du? Diese Sting-Platte, die du mir gekauft hast … das war ein Geschenk für mich. Ich liebe Sting, und du haßt ihn. Aber der Rest von dem Zeug …« Sie hebt den Blues-Sampler auf. »Wer zum Teufel ist Little Walker? Oder Junior Wells? Ich kenne diese Menschen nicht. Ich …«
»Okay, okay, ich hab' verstanden.«
»Es tut mir leid, so darauf rumzureiten. Aber ich weiß nicht, irgendwo steckt hier eine Lektion drin, und ich will sicher sein, daß du sie mitbekommst.«
»Ich hab' sie mitbekommen. Du magst Sting, und Junior Wells magst du nicht, weil du nie von ihm gehört hast.«
»Du stellst dich absichtlich dumm.«
»In der Tat, das tue ich.«
Sie steht auf, um zu gehen.
»Tja, denk drüber nach.«
Und später denke ich: wozu? Was hat es für einen Zweck, darüber nachzudenken? Sollte ich je eine neue Beziehung eingehen, werde ich ihr, wer immer sie ist, Platten kaufen, die sie mögen sollte, aber nicht kennt; dazu sind neue Freunde da. Und so Gott will, werde ich mir nicht Geld von ihr leihen oder eine Affäre haben, und sie wird nicht abtreiben müssen oder mit dem Nachbarn durchbrennen, und dann wird es darüber nichts nachzudenken geben. Laura ist nicht mit Ray durchgebrannt, weil ich ihr CDs gekauft habe, auf die sie nicht scharf war, und sich was anderes vorzumachen, ist einfach … einfach … Psychowichserei . Wenn sie das denkt, sieht sie den brasilianischen Regenwald vor lauter Lianen nicht. Wenn ich keine einmalig preisgünstigen Compilation-LPs für neue Freundinnen mehr kaufen kann, kann ich gleich einpacken, weil ich nicht sicher bin, ob ich irgendwas anderes draufhabe.
N ormalerweise genieße ich meinen Geburtstag, aber heute habe ich kein gutes Gefühl dabei. Geburtstage sollte man in Jahren wie diesen ausfallen lassen. Es sollte ein Gesetz geben, wenn schon kein Natur-dann wenigstens ein Menschengesetz, das einem das Altern nur dann erlaubt, wenn alles läuft wie geschmiert. Wozu sollte ich jetzt sechsunddreißig werden wollen? Tue ich nicht. Kommt ungelegen. Rob Flemings Leben ist im Moment eingefroren, und er weigert sich, älter zu werden. Bitte heben Sie alle Karten, Kuchen und Geschenke zur Verwendung bei passenderer Gelegenheit auf.
Übrigens scheinen die Leute genau das getan zu haben. Wie der Teufel es will, fällt mein Geburtstag dieses Jahr auf einen Sonntag, also
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