High Fidelity (German Edition)
Steely-Dan-Song. Und sie haben ihn in The Committments gespielt.«
»Ja, aber hör mal, Barry. Du kannst nicht Barry heißen und in einer Band namens Barrytown singen. Es klingt einfach …«
»Scheiße, sie hießen schon so, ehe ich dazukam, okay? Es war nicht meine Idee.«
»Darum hast du den Job bekommen, oder?«
Barry von Barrytown sagt nichts.
»Oder nicht?«
»Das war einer der Gründe, warum sie mich ursprünglich gefragt haben, stimmt. Aber …«
»Göttlich! Obergöttlich! Sie haben dich nur wegen deinem Namen als Sänger engagiert! Natürlich kannst du ein Plakat aufhängen, Barry. Ich will, daß so viele Leute wie möglich davon erfahren. Nicht ins Fenster, okay? Du kannst es über die Grabbelkisten da drüben hängen.«
»Wie viele Karten kann ich für dich zurücklegen?«
Ich halte mir den Bauch und lache freudlos. »Hahaha. Hohoho. Hör auf, Barry, du bringst mich um.«
»Du kommst nicht mal?«
»Natürlich komme ich nicht. Sehe ich aus wie ein Mann, der sich irgendwelchen schauerlichen experimentellen Radau in irgendeinem gräßlichen Nordlondoner Pub anhören will? Wo ist es?« Ich schaue auf das Plakat. »Das beschissene Harry Lauder! Ha!«
»Das nennt man nun Freunde. Du bist ein bitterer Widerling, Rob, weißt du das?«
Giftig. Bitter. Alle scheinen sich einig zu sein, daß ich ungenießbar bin.
»Bitter? Weil ich nicht aus Barrytown bin? Ich hatte gehofft, es wäre nicht so offensichtlich. Und zu Dick warst du entzückend wegen Anna, oder? Hast du ihr wirklich das Gefühl gegeben, Teil der Championship-Vinyl-Familie zu sein?«
Ich hatte vergessen, daß ich Dick und Anna eitel Glück und Sonnenschein gewünscht hatte. Wie läßt sich das mit meiner Bitterkeit vereinbaren, ha? Was ist daran bitter?
»Diese Anna-Sache war ein harmloser Spaß. Sie ist in Ordnung. Es ist einfach … es ist nicht meine Schuld, daß du von vorne bis hinten abkackst.«
»Oh, du wärst natürlich in vorderster Reihe, um mich zu sehen, was?«
»Nicht in der ersten, vielleicht. Aber ich wäre da.«
»Geht Dick hin?«
»Klar. Und Anna. Und Marie und T-Bone.«
Sollte die Welt wirklich von solcher Großmut beseelt sein? Ich hatte ja keine Ahnung.
Ich vermute, man könnte es als Bitterkeit ansehen, wenn man will. Ich halte mich selbst nicht für bitter, aber ich bin von mir enttäuscht. Ich dachte, ich würde es etwas besser treffen als es ist, und vielleicht lasse ich diese Enttäuschung an der falschen Stelle aus. Es ist nicht nur die Arbeit, es ist nicht nur das Fünfunddreißig-und-Single-Ding, obwohl beides die Sache nicht besser macht. Es ist … ach, ich weiß nicht. Habt ihr euch je eure Kinderfotos angesehen? Oder Kinderfotos von berühmten Leuten? Mir scheint es, als würden sie einen entweder fröhlich oder traurig stimmen. Es gibt ein entzückendes Foto von Paul McCartney als kleiner Junge, und als ich es zum erstenmal sah, stimmte es mich fröhlich: das ganze Talent, das ganze Geld, diese ganzen langen Jahre häuslichen Glücks, eine bombenfeste Ehe und reizende Kinder, und er weiß noch gar nichts davon. Aber dann sind da andere – JFK und die ganzen Rocktoten und Blindgänger, Leute, die verrückt wurden, Leute, die unter die Räder kamen, Leute, die mordeten, die sich selbst oder andere auf Wegen, die zu zahlreich sind, sie aufzuzählen, unglücklich machten – und man denkt, halt, nicht weiter! Besser wird's nicht!
In den letzten paar Jahren haben die Kinderfotos von mir, die, von denen ich nicht wollte, daß alte Freundinnen sie sehen … tja, mir immer öfter einen kleinen Stich von irgendwas versetzt – nicht direkt Unglücklichsein, sondern einer Art stillem, tiefem Bedauern. Es gibt da eins von mir mit einem Cowboyhut, mit dem Revolver auf die Kamera zielend, vergeblich versuchend, wie ein Cowboy zu gucken, und ich bringe es heute kaum über mich, es anzusehen. Laura fand es süß (dieses Wort benutzte sie! Süß, das Gegenteil von bitter!) und heftete es in der Küche an, aber ich habe es wieder in einer Schublade verschwinden lassen. Ich will mich bei dem kleinen Kerl ständig entschuldigen: »Tut mir leid, ich hab' dich hängen lassen. Ich war der Mensch, der sich um dich kümmern sollte, aber ich hab's vergeigt: Ich habe zu ungünstigen Zeiten falsche Entscheidungen getroffen, und ich habe aus dir mich gemacht.«
Versteht ihr, er hätte sich Barrys Band ansehen wollen. Er hätte sich nicht besonders aufgeregt über Ians Latzhose oder Pennys Leuchtstift (Pennys Leuchtstift
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